Die Muschelsucher
Schluck, aber er war bereits kalt, und sie schüttete ihn ins Spülbecken. Als Mrs. Plackett kam, heulte die Kettensäge schon seit einer halben Stunde, auf der Obstwiese stieg Rauch in die unbewegte Luft und erfüllte den ganzen Garten mit dem köstlichen Geruch von brennendem Holz.
»Er ist also gekommen«, sagte Mrs. Plackett, als sie wie ein Schlachtschiff durch die Tür gesegelt kam. Da es noch kalt war, hatte sie ihre große Pelzmütze auf, und sie hatte einen Plastikbeutel mit ihren Arbeitsschuhen und ihrer Kittelschürze in der Hand. Sie wußte, daß Penelope beschlossen hatte, einen Gärtner zu engagieren, so wie sie fast alles über das Leben ihrer Arbeitgeberin wußte. Sie waren gute Freundinnen geworden und verbargen nichts voreinander. Als Mrs. Placketts Tochter Linda von dem Jungen aus der Autowerkstatt in Pudley »hereingelegt« worden war, war Mrs. Keeling die erste, die Mrs. Plackett eingeweiht hatte. Mrs. Keeling war wie ein Fels in der Brandung gewesen und hatte sich nachdrücklich dagegen ausgesprochen, daß Linda den nichtsnutzigen Kerl heirate, und sie hatte ein wunderhübsches weißes Jäckchen für das Baby gestrickt. Wie sich am Ende herausstellte, hatte sie recht gehabt, denn kurz nach der Geburt des Kindes lernte Linda einen Jungen namens Charlie Wheelwright kennen, den nettesten Freund, den sie je gehabt hatte, wie Mrs. Plackett fand, und er heiratete sie und liebte das Kind wie seinen eigenen Sohn, und inzwischen war wieder ein Baby unterwegs. Alles hatte sich zum besten gewandt. Das konnte man nicht bestreiten. Mrs. Plackett jedenfalls war Mrs. Keeling immer noch dankbar für den klugen und freundlichen Rat, den sie ihr in jenen schweren Wochen gegeben hatte. »Ach, der Gärtner? Ja, er ist da.«
»Ich habe den Rauch gesehen, als ich durchs Dorf gefahren bin.« Sie nahm die Pelzmütze ab und knöpfte ihren Mantel auf. »Aber wo ist der Wagen?«
»Er ist mit dem Fahrrad gekommen.«
»Wie heißt er?«
»Ich habe ihn nicht gefragt.«
»Wie ist er?«
»Oh, er ist jung und höflich, und er sieht sehr gut aus.«
»Hoffentlich haben sie Ihnen nicht einen von diesen Taugenichtsen geschickt.«
»Er sieht mir nicht aus wie ein Taugenichts.«
»Hm, na ja.« Mrs. Plackett zog ihre Kittelschürze an. »Wir werden sehen.« Sie rieb ihre roten geschwollenen Hände. »Kein schöner Morgen, nicht wahr? Die Feuchtigkeit ist schlimmer als die Kälte.«
»Trinken Sie eine Tasse Tee«, schlug Penelope wie üblich vor. »Na ja, ich hätte nichts dagegen«, antwortete Mrs. Plackett wie üblich.
Der Morgen hatte angefangen.
Als Mrs. Plackett im ganzen Haus Staub gesaugt hatte, polierte sie die Läuferstangen aus Messing, schrubbte den Küchenboden, bügelte einen Riesenstapel Wäsche und verbrauchte wenigstens eine halbe Tube Möbelpolitur, ehe sie sich um Viertel vor zwölf verabschiedete, damit sie rechtzeitig nach Pudley zurückkam, um ihrem Mann Essen zu machen. Sie hinterließ alles blitzsauber und angenehm duftend.
Penelope warf einen Blick auf die Uhr und fing an, ein Mittagessen für zwei Personen vorzubereiten. Sie stellte einen Topf mit selbstgemachter Gemüsesuppe zum Aufwärmen auf den Herd, holte ein halbes gekochtes Huhn und einen Laib braunes Brot aus der Speisekammer. Sie hatte noch Apfelkompott und einen Becher Sahne da. Sie deckte den Küchentisch mit einem karierten Tuch. Wenn die Sonne geschienen hätte, hätte sie im Wintergarten gedeckt, aber die dunklen Wolken hingen noch tiefer als am Morgen, und es bestand so gut wie keine Hoffnung mehr, daß das Wetter schön werden würde. Sie stellte ein Glas und eine Dose Bier neben sein Gedeck. Vielleicht würde er anschließend gern eine Tasse Tee trinken. Die Suppe begann zu brodeln. Er würde bald kommen. Sie wartete.
Als er um zehn nach zwölf immer noch nicht da war, ging sie hinaus und suchte ihn. Sie fand eine sauber geschnittene Hecke, ein glimmendes Feuer und einen Stapel auf Kaminlänge zurechtgesägter Äste, aber keine Spur des Gärtners. Sie ging zum Haus zurück und fragte sich, ob er schon nach einem einzigen Morgen beschlossen hatte, zu gehen und nie wiederzukommen. Aber sein Fahrrad stand noch an der Rückseite des Hauses, und da wußte sie, daß er noch da sein mußte. Sie ging den Kiesweg zur Garage hinunter, und da saß er gleich hinter der Tür auf einem umgedrehten Eimer, aß ein nicht sehr verlockend aussehendes Weißbrotsandwich und beugte sich über ein Kreuzworträtsel, anscheinend das von der Times. Sie war
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