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Die Muschelsucher

Die Muschelsucher

Titel: Die Muschelsucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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in Amerika. Ich habe auf einer Rinderranch in Arkansas gearbeitet.«
    »Ich bin noch nie in Amerika gewesen.«
    »Es ist ein großartiges Land.«
    »Haben Sie nie daran gedacht, dort zu bleiben. Ich meine, für immer?«
    »Doch, ich habe daran gedacht, aber dann bin ich trotzdem zurückgekommen. «
    »Waren Sie die ganze Zeit in Arkansas?«
    »Nein. Ich habe mich vorher noch ein bißchen umgesehen. Ich habe viel von den Staaten gesehen, ein halbes Jahr war ich noch auf den Virgin Islands.«
    »Es muß ein großartiges Erlebnis gewesen sein.« Er hatte seine Suppe aufgegessen. Sie fragte, ob er noch etwas haben wolle, und als er bejahte, füllte sie seinen Teller noch einmal. Während er zu seinem Löffel griff, sagte er: »Sie sagten, Sie hätten noch nie einen Gärtner gehabt. Haben Sie denn den ganzen Garten selbst angelegt?«
    »Ja«, antwortete sie, nicht ohne Stolz. »Als ich hierherkam, war alles ein einziger Dschungel.«
    »Sie verstehen offenbar sehr viel davon.«
    »Ach, ich weiß nicht.«
    »Haben Sie schon immer hier in der Gegend gelebt?«
    »Nein, ich habe meist in London gelebt. Aber wir hatten dort auch einen großen Garten, und als ich klein war, lebte ich in Cornwall, und dort gab es auch einen Garten. Ich hatte Glück. Ich habe immer einen Garten gehabt. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es wäre, wenn ich keinen hätte.«
    »Haben Sie Kinder?«
    »Ja, drei. Alle erwachsen. Eine Tochter ist verheiratet. Ich habe auch zwei Enkelkinder.«
    Er sagte: »Meine Schwester hat zwei Kinder. Sie ist mit einem Farmer in Perthshire verheiratet.«
    »Fahren Sie noch manchmal nach Schottland?«
    »O ja. Zwei- oder dreimal im Jahr.«
    »Es muß wunderschön sein.«
    »Ja«, sagte er. »Das ist es.«
    Nach der Suppe aß er fast alles von dem halben Huhn und das ganze Apfelkompott. Das Bier wollte er nicht trinken, aber die angebotene Tasse Tee nahm er dankbar an. Als er sie ausgetrunken hatte, blickte er auf die Uhr und stand auf. Es war fünf Minuten vor eins. Er sagte:
    »Ich bin mit der Hecke fertig. Das Kaminholz bringe ich gleich zum Haus, wenn Sie mir zeigen, wo ich es stapeln soll. Und wenn Sie mir vielleicht sagen würden, was ich als nächstes machen soll. Und auch, wie viele Tage in der Woche Sie mich brauchen.«
    »Ich habe bei Autogarden drei Tage gesagt, aber wenn Sie in diesem Tempo arbeiten, brauchen Sie vielleicht nur zwei.«
    »Wie Sie möchten. Es liegt ganz bei Ihnen.«
    »Wie soll ich Sie bezahlen?«
    »Autogarden schickt Ihnen eine Rechnung, ich bekomme mein Geld von der Firma.«
    »Hoffentlich bezahlen sie Sie anständig.«
    »Es ist in Ordnung.«
    Er nahm seine Jacke und zog sie an. Sie sagte: »Warum haben sie Ihnen keinen Wagen gegeben, um zur Arbeit zu fahren?«
    »Ich fahre nicht.«
    »Aber heutzutage fahren alle jungen Leute. Sie könnten es leicht lernen.«
    »Ich habe nicht gesagt, daß ich nicht fahren kann«, sagte Danus Muirfield. »Ich habe gesagt, ich fahre nicht.« Als sie ihm gezeigt hatte, wo er das Holz hintun und was er als nächstes machen solle - das Gemüsebeet mit Pflanzfurchen versehen - , kehrte sie in die Küche zurück und wusch das Geschirr ab. »Ich habe nicht gesagt, daß ich nicht fahren kann. Ich habe gesagt, ich fahre nicht.« Er hatte das Bier abgelehnt. Sie fragte sich, ob man ihm wegen Trunkenheit am Steuer den Führerschein abgenommen hatte. Vielleicht war er in einen Unfall verwickelt gewesen, bei dem jemand ums Leben gekommen war, vielleicht hatte er sich vorgenommen, nie wieder einen Tropfen Alkohol anzurühren. Der bloße Gedanke an etwas so Furchtbares ließ sie erschauern. Aber es wäre gut möglich. Und es würde eine Menge erklären. Die Spannung in seinem Gesicht, den ernsten Mund, den unverwandten, beinahe harten Blick. Er hatte etwas Wachsames an sich, hinter dem sich irgend etwas verbergen mußte. Aber sie mochte ihn. O ja, sie mochte ihn sehr.
    Am nächsten Abend, es war Dienstag, bog Noel um neun Uhr mit seinem Jaguar in die Ranfurly Road ein, fuhr die dunkle, verregnete Straße hinunter und hielt vor Olivias Haus. Er wurde nicht erwartet und war darauf gefaßt, daß sie ausgegangen sei, fast jeden Abend schien sie auszugehen. Sie war der geselligste Mensch, den er kannte. Doch hinter den geschlossenen Vorhängen ihres Wohnzimmers brannte überraschenderweise Licht, und so stieg er aus, schloß die Wagentür ab und ging den Plattenweg durch den Vorgarten hoch, um zu klingeln. Einen Augenblick später wurde die Tür geöffnet, und Olivia stand

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