Die Muse des Mörders (German Edition)
aus. Sofort wurden Kameras und Mikrofone in seine Richtung gehalten und eine Flut von Fragen brach über ihn herein. Dominik positionierte sich vor dem Wappen der Bundespolizeidirektion und blickte in die erstbeste Kamera, die ihm unterkam. Erst danach registrierte er die drei Buchstaben des marktführenden österreichischen Senders.
»Ist es wahr, dass sich die Schriftstellerin Madeleine Scuderi offiziell gegen die Polizei stellt? Dass sie stärkere Sicherheitsmaßnahmen für unsinnig hält?«
Dominik räusperte sich, um Zeit zu schinden, bevor er antwortete.
»Ich wüsste nicht, dass sie sich zu irgendeinem Zeitpunkt so ausgedrückt hätte. Die Polizei tut ihr Bestes und es wäre einfältig, gegen mehr Sicherheit zu plädieren.«
»Wollen Sie damit sagen, dass Frau Scuderi einfältig ist?« Ein stämmiger Reporter in einem gemusterten Poloshirt zwängte sich an den anderen vorbei nach vorne und hielt Dominik ein Mikrofon so nah ans Gesicht, dass ein muffiger Geruch in seine Nase drang, der ihn an einen zu oft nass gewordenen Schulschwamm erinnerte.
»Das habe ich weder gesagt noch gemeint. Vielmehr denke ich, dass der Satz, den zahlreiche Zeitungen zitierten, aus dem Zusammenhang gerissen war.«
»Chefinspektor Greve, wie stehen Sie dazu, dass Ihnen nach der Giftaffäre sofort eine neue Stelle als Gruppenleiter zuteilwurde? Kommt Ihnen diese neue Mordserie vielleicht gerade recht?« Eine Frau mit penetrant violettem Lippenstift sah ihn aus dunkel geschminkten Augen an. Sie erinnerte Dominik an Wednesday Addams und es wunderte ihn nicht, dass diese Frage ausgerechnet von ihr kam.
»Kommt Ihnen eine Mordserie recht? Weil Sie dann mehr zu berichten haben?« Dominik wartete einen Moment, bevor er fortfuhr. »Die Ereignisse der letzten Monate strapazieren die Nerven aller und wir sollten unsere Karrieren nicht in den Vordergrund stellen, denken Sie nicht? Mir geht es da ähnlich wie Ihnen.« Er hoffte, ihr so den Wind aus den Segeln genommen zu haben.
»Wie stehen Sie zu den Gerüchten, dass Sie von den Babymorden gewusst haben?« Der kräftige Mann im bunten Shirt war jetzt wieder der Wortführer. Die anderen Reporter hatten keine Chance, seine laute Stimme zu übertönen.
Dominik erstarrte. Er hatte nicht geahnt, dass solche Gerüchte kursierten und dass seine Treffen mit Margaretha immer noch für Aufruhr sorgten. Vielleicht hatte er zu oft versäumt, sich mit den News der Klatschpresse zu beschäftigen.
»Ich wusste nicht, dass etwas Derartiges behauptet wird. Das ist natürlich Unsinn.« Er spürte, dass ihn seine Konzentration verließ, seine Gedanken abschweiften. Hoffentlich hatte Hannah nicht davon gelesen. Natürlich war die Behauptung kompletter Schwachsinn. Er hatte nicht gewusst, was in Vecinas grausigen Gemäuern genau vor sich ging. So nah war er Margaretha nicht gewesen. Trotzdem fühlte er sich schuldig.
»Bedeutet Ihr Schweigen, dass Sie sich nicht weiter äußern wollen?« Es war die geschminkte Reporterin, die nachhakte. Scheinbar hatte sie eine weitere Frage gestellt, die Dominik nicht gehört hatte. Sie spielte sich mit dem Mann mit der Bassstimme gekonnt die Bälle zu. »Vielleicht erzählen Sie uns stattdessen lieber, wie Sie und Margaretha Brenier …«
»Verzeihung, ich muss wieder an die Arbeit.« Dominik wandte sich ab und ließ die Reporter zurück. Ein paar von ihnen drängten hinter ihm her und brüllten ihm ihre Fragen nach. Er ignorierte sie allesamt und begab sich in den kühlen Vorraum des Polizeigebäudes.
34.
Dominik öffnete den obersten Knopf seines Hemdes und sah sich im Zimmer um. Über den Bildschirm des Flachbildfernsehers flimmerten drei Frauen in Dessous, die Sonnenbrillen trugen und überdreht tanzten. Der Ton war ausgeschaltet. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, wofür dieser Spot werben sollte, doch dann erschien ein Markenname auf dem Bildschirm und Dominik musste grinsen. Schuhe. Was auch sonst. Gab es für Frauen kein anderes Thema? Er selbst kannte nur drei Paar Schuhe. Solche mit hohem Absatz, Stiefel und unerotische flache Treter.
»Ich hoffe, du musstest dich nicht allzu lange langweilen.«
Dominik drehte sich um und betrachtete Rebecca. Sie trug ein Negligé, das vorne verschnürt war und das Hannah vermutlich als anthrazit- oder graphitfarben bezeichnet hätte. Für ihn hingegen war das dünne Kleid einfach hellschwarz. Darüber trug sie einen glatten Morgenmantel, der so dunkelrot war wie ihre Lippen.
Rebecca
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