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Die Muse des Mörders (German Edition)

Die Muse des Mörders (German Edition)

Titel: Die Muse des Mörders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Wedler , Nadine d'Arachart
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diese Frau aufgetaucht. Er erinnerte sich noch genau an den Moment. Sie war so schön gewesen, dass er sie in seinem fiebrigen Kopf zuerst für einen Engel gehalten hatte. Die Frau hatte sich ihm als Margaretha Brenier vorgestellt. Sofort hatten sie gespürt, dass sie einander ähnelten, auch wenn das Einzige, das sie verband, die Tatsache sein mochte, dass sie anders waren. Zwar waren es verschiedene Dinge, die sie antrieben, doch in beiden Fällen ging es um Begierden, die sich nicht mit den allgemein anerkannten, wenn auch ziemlich willkürlichen Vorstellungen von Anstand und Moral vereinbaren ließen. Was Margaretha zu den Taten veranlasste, die sie beging, wusste er bis heute nicht. Bei ihm war es die erbarmungslose Stimme, die ihrer ganz eigenen Logik folgte. 
    Nimm es dir doch, was sollen die Toten denn damit?
    Margaretha hatte gemerkt, wie schlecht es ihm ging, und gewusst, wie sie ihm helfen konnte. Am nächsten Tag hatten sie sich im Prater getroffen. Sie hatte ihm ein unauffälliges Fläschchen in die Hand gedrückt, das sie angeblich bei einer echten Hexe besorgt hatte. Eine Nummer und ein Datum hatten darauf gestanden. 
    Das kann dir helfen. 
    Er erinnerte sich noch genau an Margarethas feste, klare Stimme. 
    Nichts auf der Welt ist so rein wie die Seele eines Kindes. Es kann deine eigene Seele reinigen. 
    Er hatte zuvor noch nie darüber nachgedacht, ob sich die Seele eines Menschen in seinem Blut wiederfand, und er hatte nicht darüber nachdenken wollen, was mit dem Kind war, zu dem das Blut gehörte, das er trank. Das Einzige, das ihn interessiert hatte, war, dass es geholfen hatte. 
    Jeden Tag ein paar Tropfen davon und du hast deine Ruhe. 
    Sie hatte recht behalten. Das Blutgemisch hatte seine Dämonen gezähmt, sodass sie aufhörten, in seiner Brust zu toben. Monatelang hatte er gut mit dem Zeug gelebt. Hatte geglaubt, dass er die Bestie in sich damit für immer im Zaum halten konnte. Doch dann war Margaretha als Miturheberin der Giftaffäre verhaftet worden. Sein einziger Kontakt zu der Hexe, von der sie das Blut für ihn besorgt hatte, war so von einem auf den anderen Tag abgebrochen. Er hatte nicht einmal ihren Namen gekannt. Erst als vor wenigen Tagen eine Frau namens Catharina Vecina verhaftet worden war, in deren Keller die Polizei hunderte Flaschen mit dem Blut von Kindern gefunden hatte, hatte er erfahren, wer sie war. Durch ihre Verhaftung hatte die Polizei ihm endgültig die Chance auf inneren Frieden genommen. Sein Verlangen hatte die Oberhand gewonnen. Sein dunkler Stern hatte die Kontrolle übernommen, unbestreitbar und unumkehrbar. 
    Er erwachte aus seinem Tagtraum, weil einer der twitternden Idioten, zwischen denen er stand, ihn versehentlich anrempelte. Dieser versuchte angestrengt, mit seinem Handy ein brauchbares Foto von Madeleine Scuderi zu machen. Vermutlich, um es im Internet zu posten. 
    Auch er blickte jetzt nach vorn. Sie konnte ihn nicht sehen. Selbst, wenn sie aufgeblickt hätte, hätte sie ihn hier hinten nicht entdeckt. Ihre Stimme gefiel ihm, ihre Worte, die Art wie sie sprach. Die durchschlagende Wirkung, die er sich von ihr erhofft hatte, blieb aber aus. Anders als bei dem Zeitungsartikel, der ihm klargemacht hatte, dass sie auf seiner Seite stand, blieb sie ihm heute sonderbar fern. Vielleicht lag das daran, dass sie sein Geschenk nicht zu schätzen wusste. Sie hätte den Schmuck heute tragen sollen. Ihre Worte verzerrten sich in seinem Kopf zu einem hämischen Gemurmel. Er schaute auf, doch an ihrer Gestalt hatte sich nichts verändert. Ihm wurde übel. Sein dunkler Stern wollte nicht, dass sie ihm aus dem Wahnsinn half.
    Ich zeige dir nur ihr wahres Gesicht, Kumpel. Sieh genau hin.
    Er tat, was er tun sollte, und sah, wie sich die Züge der alten Frau verzogen und verzerrten. Ihr schmales Gesicht wurde zu einer langgezogenen Maske, die Wangen öffneten sich und ihr Mund, der immer noch sprach, verzerrte sich zu einem verschlagenen Grinsen voller Reißzähne. Schnell sah er sich im Zuschauerraum um. 
    Alle saßen gebannt da, als könne ihr Verstand die Verwandlung Madeleine Scuderis nicht verarbeiten. Die alte Frau blickte auf und rückte ihre Brille zurecht, mit Fingern, die viel zu viele Glieder hatten und in spitzen blutigen Krallen endeten. Er wich zurück und taumelte nun selbst gegen einen der jungen Zuhörer. Sein Herz schlug eine kranke, unrhythmische Melodie. 
    Du darfst niemandem vertrauen, nicht einmal dir selbst, nur mir.
    Es gelang ihm

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