Die Muse des Mörders (German Edition)
Dafür hatte er beinahe ein ganzes Monatsgehalt hinblättern müssen. Zu viel für Schmuck, wie er fand. Er fragte sich, wer so viel Geld für ein Geschenk ausgab. Andererseits hatte er sich Hannahs Geschenke früher auch so einiges kosten lassen. Wobei früher noch nicht wirklich lange her war.
Er schob den schmerzhaften Gedanken an seine glückliche Vergangenheit fort und beschloss, die Schmuckschatulle in der Nachttischschublade zu verstecken, zwischen Kondomen und einem Aftershave von Weihnachten, dessen Geruch er nicht mochte. In diese Schublade würde Hannah keinen Blick werfen und auch er öffnete sie nicht mehr in ihrem Beisein. Das ideale Versteck also. So unauffällig, dass selbst eine Spürnase wie seine Frau es niemals entdecken würde.
»Dominik?« Als hätte sie es geahnt. Eilig verstaute Dominik das Kästchen mit den Ohrringen und schloss die Schublade mit einem Ruck. Er hörte, wie Hannah die Stimme senkte und zu einem der Kinder sprach. »Sieh mal im Schlafzimmer nach. Vielleicht ist der Papa da.«
Kurz darauf hörte er Trippelschritte auf der Treppe, dann kam Lea ins Schlafzimmer gesaust und warf sich auf seinen Schoß.
»Hab ihn, hab ihn!«
Dominik hob seine Tochter hoch und zwinkerte ihr zu.
»Na, wie war’s in der Schule?«
»Daddy!« Lea lachte und schlug ihm mit ihrer winzigen Faust vor die Brust. »Ich geh doch noch nicht in die Schule.«
»Wie konnte ich das nur vergessen?« Er trug Lea zur Schlafzimmertür und in den Flur, wo Hannah bereits wartete. Ihre Hände steckten in dreckigen Gartenhandschuhen und ihre Haare waren zu einem praktischen Zopf gebunden.
»Da hab ich ja doch richtig gehört.« Hannah beugte sich zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Wange.
»Ja, ich war im Schlafzimmer.«
»Ich war im Garten«, sagte sie und demonstrierte ihm mit einer galanten Bewegung ihre mit Erde verschmutzten Knie. »Ein bisschen Unkraut jäten, das Übliche, um mich abzulenken.« Sie lächelte zaghaft und wandte den Blick ab.
Dominik wusste, dass sie nicht gerne Schwäche zeigte, zumindest nicht, was dieses Ereignis betraf, und ahnte, dass sie das Gespräch durch diese Bemerkung in eine bestimmte Richtung lenken wollte. Er setzte Lea ab, die dabei war, die Streifen seines Hemdes mit dem Finger nachzumalen.
»Malst du mir ein Bild, Lea?«
Lea maß ihn mit einem nachdenklichen Blick, dann nickte sie eifrig und lief in ihr Zimmer. Als sich die Tür mit dem Barbieposter geschlossen hatte, wandte sich Dominik wieder seiner Frau zu.
»Du solltest nicht jeden Tag darüber nachdenken.«
»Oh, das tue ich doch gar nicht. Nicht mehr.« In Hannahs Augen standen Tränen, auch wenn sie sich bemühte, sie wegzublinzeln. »Nur manchmal, da kommt es eben über mich, aber mach dir keine Sorgen.«
Dominik schluckte und ein schlechtes Gewissen machte sich in ihm breit, denn ihm fiel auf, dass er das nie getan hatte. Sich Sorgen um Hannah machen. Immer, wenn sich etwas Persönliches in seinen Kopf geschlichen hatte, hatte er es durch Indizien seiner Kriminalfälle ersetzt, und als schließlich gar nichts mehr geholfen hatte, hatte er Ablenkung bei seiner Arbeitskollegin Rebecca gesucht. Die Gerichtsmedizinerin hatte ihn nicht nach seinen Problemen gefragt, hatte niemals etwas aus seinem Privatleben wissen wollen. Im Gegensatz zu Hannah stand Rebecca mit beiden Beinen fest im Leben. Von einem ihrer Medizinerkollegen wusste er, dass sie es nie leicht gehabt hatte und sich immer irgendwie durchbeißen hatte müssen. Seine Treffen mit Rebecca waren ein unkomplizierter Zeitvertreib, sie brauchte ihn nicht und genau das machte die Affäre zwischen ihnen so besonders. Jetzt, im Flur seiner eigenen Wohnung, zwischen Kinderzimmer und Schlafzimmer, holte ihn ein Gefühl der Reue ein und brach über ihm zusammen.
»Ist alles in Ordnung? Du bist so blass.« Hannah trat näher, zog den Gartenhandschuh aus und betastete besorgt seine Stirn. Ihre kalte Hand in seinem glühenden Gesicht jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Trotzdem ließ er ihre Berührung zu.
»Es ist nichts.« Seine Stimme war ein kraftloses Flüstern und seine Kehle fühlte sich wie zugeschnürt an. Wie konnte er nur so ein Arschloch sein? Er war es doch gewesen, der die Familie erst in diese Situation gebracht hatte. Vor lauter Selbstvorwürfen und Selbstmitleid hatte er die Person völlig außer Acht gelassen, die ihm am meisten bedeutete und die unter den Geschehnissen wahrscheinlich mehr litt als er selbst.
»Bist du
Weitere Kostenlose Bücher