Die Mutanten kommen
sein. General Markstein kam uns in den Sinn.
Warum dachten wir jetzt erst an ihn?
28.
Sußmanns Villa war von einer hohen Steinmauer umgeben. Jemand hatte vergessen, die Scherben der Bierflaschen vom oberen Rand zu kehren. Also verschaffte ich mir auf meine ganz spezielle Weise Einlaß. Es dauerte nicht lange, bis ich vorsichtig eine gewundene Kellertreppe hinabstieg. Dieser Bereich hatte sich als ideale Fundstätte für Hinweise aller Art erwiesen. Plötzlich kam mir zu Bewußtsein, daß ich im Besitz einer Toten herumstöberte. Ich fragte mich, was ich wohl tun würde, wenn sie als Gespenst vor mir auftauchte.
Ich sollte es erfahren.
Ich tat nichts.
Sie war vier Meter groß und schien den gesamten Kellerraum auszufüllen. Drückende Stille herrschte, nur unterbrochen vom leisen Klappern meiner Zähne.
»Wenn Sie bis hierher gekommen sind«, ertönte ihre Stimme, »muß ein ernsthafter Notfall vorliegen.«
Wie recht sie damit hat, dachte ich.
»Leider bin ich zur Zeit etwas indisponiert!«
Die Untertreibung des Jahres, dachte ich.
»Eine furchtbare Gefahr bedroht uns«, verkündete Sußmanns Abbild. »Das System steht kurz vor dem Zusammenbruch. Es sind Kräfte am Werk, die der Zivilisation, wie wir sie kennen, ein Ende machen wollen. Eine Mediendiktatur wird angestrebt. Überprüfen Sie die Radiostationen. Aber hüten Sie sich vor übereiltem Handeln!«
Das Abbild verschwand.
Jetzt erst wurde mir klar, daß ich es mit einer Aufzeichnung zu tun gehabt hatte, einem etwas protzigen dreidimensionalen Simulakrum. Mein Herz wanderte an seine vertraute Stelle zurück, und ich dachte nach.
Hüten Sie sich!
Das war ganz in meinem Sinn. Schließlich wollte ich nicht das Schicksal der Wissenschaftlerin teilen.
Ich zog mich aus den Kellerräumen zurück und durchquerte gemessenen Schrittes den Park. Jenseits der Mauer jedoch lief ich, was das Zeug hielt.
Stokes und ich hatten uns in seinem Privathaus am Rand der Stadt verabredet. Zu meinem großen Verdruß hatte ich die Adresse vergessen, so daß es Stunden dauerte, bis ich es fand. Als ich dort eintraf, dämmerte es bereits. Zögernd klingelte ich, und vorsichtig öffnete er die Tür.
»Wie geht's?« fragte ich.
»Hast du schon gegessen?« entgegnete er. »Du erinnerst mich an etwas.«
»Folge mir unauffällig.«
Er führte mich in seine Küche und drückte mir ein
kühles Bier in die Hand. Dann brutzelte er eine warme Mahlzeit. Als ich mich mit Heißhunger darüber hermachte, weihte er mich in die neuesten Ereignisse ein. Markstein hatte nicht lange gezögert, sich auf unsere Seite zu schlagen. Gemeinsam mit ihm bildeten Fulton, die Freizeitgilde und die Mondbasis jetzt die Großen Vier. Er hatte es als gutes Geschäft angesehen und gleich ein paar Kollegen aus dem Generalstab mitgebracht. Inzwischen war es ihnen unter Mithilfe der von mir aufgewiegelten Massen gelungen, die Mutis aus der Stadt zu vertreiben. Sie waren nach Mutant Village zurückgekehrt. Jedenfalls vorerst.
»Ist ja prächtig«, sagte ich.
»Ich weiß nicht recht«, erwiderte Stokes. »Hess und seine Jungs haben Markstein den Krieg erklärt. Und Hess hat eine Menge Jungs. Im Moment sind sie noch Verbündete. Aber schon morgen können die Fetzen fliegen.«
»Was meint West dazu?«
»Er formiert seine Treppe neu.«
»Und die Lanes?«
»Konnte ich nichts drüber erfahren. Aber er wird uns zu schaffen machen.«
»Hess ist anderer Ansicht.«
»Er glaubt, mit ihm fertig zu werden. Schließlich ist er noch weit vor der Stadt.«
»Nicht er, sondern sie «, entgegnete ich. »Wie auch immer, die. Großen Vier werden nichts zu lachen haben, sobald Hess erst ins Spiel kommt. Ich habe herausgefunden, daß er die Medien hinter sich bringen will. Wenn es ihm gelingt, wäre das fast so schlimm wie eine Hess-West-Allianz. Wer weiß, vielleicht macht er die Schmutzarbeit für jemanden, der sich bisher im Hintergrund hält? Dann säßen wir ganz schön in der Patsche. Wir müssen also ein Auge auf die Relaisstationen des städtischen Senders haben. Die Frage ist bloß: Wie kommen wir an eine Liste heran, die ihre Standorte enthält?«
»Sieh mich nicht so an«, sagte Stokes. »Das ist dermaßen geheim, daß nicht einmal ich sie kenne.«
»Und weiter?«
»Es gibt einen Ausschuß, der sich darum kümmert. Sein Vorsitzender ist Staatssekretär Parsons. Vielleicht wissen auch ein paar Techniker Bescheid.«
»Kommen wir an einen heran?«
»Parsons wird nicht sehr kooperativ sein. Er ist mit Hess befreundet. Der restliche
Weitere Kostenlose Bücher