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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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verhindern,
daß ihnen das auch widerfährt. Ist es nicht so?«
    Klieg war mit dem Vorsatz in diese Besprechung gegangen, sich
nicht von Emotionen mitreißen zu lassen – wenn man Hassan
nämlich eine Kompetenz zusprechen muß, dann die, sich
Sympathien zu verschaffen. Aber er kommt nicht an dem Umstand vorbei,
daß der Mann wirklich sympathisch ist. »Ja«, sagt
Klieg, »genauso ist es. Man zieht in Erwägung, eine Bastion
zu errichten in dieser bösen Welt.«
    Hassan nickt lächelnd, und ohne die geringste Änderung
der Gestik oder Mimik sagt er: »Und doch, Mr. Klieg, befinden
Sie sich hier in einem Land, wo viele Morde verübt werden, in
einer schmutzigen Stadt mit üblen Straßen und noch
übleren Verrichtungen, in der die einzige Sache produziert wird,
die es in dieser ganzen elenden Nation wert wäre, gestohlen zu
werden. Und das unter dem Schutz der räuberischen Regierung, die
gerade an der Spitze dieser heruntergekommenen Nation steht. Zu
solchen Spekulationen könnte sich ein Mann mit nur einer Chance
hinreißen lassen. Die Frage ist, welche weiterreichenden
Pläne ein Mann, der bereits reich ist und die Welt schon im
Griff hat, verfolgt. Das interessiert mich besonders, in meiner
Eigenschaft als Beobachter der menschlichen Natur – und welcher
Geschäftsmann wäre kein solcher Beobachter? Ich frage mich,
was Sie wohl dazu veranlaßt, solche Risiken
einzugehen.«
    Klieg nickt, nimmt einen Schluck Tee und erkennt, daß das
alte Klischee bezüglich asiatischer Unverbindlichkeit und
amerikanischer Direktheit nicht mehr ganz aktuell ist; Hassan ist mit
seiner Frage gleich zum Kern der Sache gekommen. Tatsächlich ist
Klieg sich nicht einmal sicher, wie er sie beantworten soll. Er
schluckt den Tee und sagt: »Wie Sie bereits vermutet haben, gibt
es Gründe. Sie wissen, in welchen Geschäftsbereichen GateTech sich engagiert?«
    »Ja – das Geschäft mit Sperrpatenten.«
    »Ich würde eine andere Bezeichnung als Sperrpatente
bevorzugen, denn ich habe nicht den Eindruck, etwas zu blockieren
– ich errichte nur Mautstationen und Straßen zwischen der
Grenze und denen, die dorthin gelangen wollen, und erhebe eine
Gebühr für die Benutzung dieser Straßen. Aber es
trifft zu, daß mein Vermögen aus diesem Geschäft
stammt. Hierbei ist es wichtig, immer am Puls des Geschehens zu sein
und gegen viele andere Teams mit erstklassigen Leuten anzutreten.
Aber dieses Rennen ist nicht mehr so leicht, wie es einmal
war…«
    »Als Sie anfingen, waren Sie der einzige, der wußte,
daß es sich überhaupt um ein Rennen handelte; jetzt
stellen die Unternehmen sich von vornherein auf Ihre Operationen
ein.«
    »Exakt.«
    »Also müssen Sie Ihre Strategie ändern. Soviel habe
ich bereits deduziert, Mr. Klieg, und es ergibt durchaus einen Sinn,
wenn Sie mir dieses Kompliment gestatten.
    Aber jetzt bin ich ratlos; eigentlich hätte die neue
Strategie darin bestehen müssen, Ihre Operationen näher an
die technische und wissenschaftliche Grenze zu verlegen und den
Verkehr nach Ihren Vorstellungen zu dirigieren, anstatt Ihre
›Mautstationen‹ und ›Straßen‹ nur dort zu
errichten, wo der Verkehr ohnehin schon fließt.
    Aber eine solche Entwicklung erkenne ich nicht. Nein, statt dessen
sehe ich bloß, daß Sie in dieser gefährlichen
Umgebung arbeiten, mit sehr schwierigen Leuten verhandeln, und das
alles nur für eine etablierte und einfache. Technologie wie
Raketenstarts, die bereits seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts
existiert.
    Daraus leite ich drei Schlußfolgerungen ab:
    Entweder sind Sie verrückt – wofür es indessen
keine Anzeichen gibt; oder Sie langweilen sich und suchen die Gefahr
und das Abenteuer – wobei dies angesichts der neuen Familie, die
Sie gründen möchten, jedoch sehr unwahrscheinlich ist, denn
für einen Familienvater ist die Welt auch so schon
gefährlich genug; oder Sie verfügen über ein Wissen,
das der Welt noch nicht bekannt ist, und errichten neue
Mauthäuschen und Straßen zu einem Ort, den die Welt bald
aufsuchen wird. Natürlich halte ich den letzten Punkt für
den wahrscheinlichsten, weil ich Sie nämlich respektiere.
    Also, Mr. Klieg… wie Sie wissen, könnte ich Ihnen von
großem Nutzen sein. Ich habe meinen Preis, und der wird gerade
ausgehandelt – Ihre und meine Leute stehen in diesem Augenblick
in Verhandlungen, und ich bin sicher, daß wir in dieser Sache
zu einer fairen Einigung kommen. Aber es gibt etwas, das ich
unbedingt wissen will, und Sie werden verstehen, daß ich

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