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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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eingeleitet haben.
    Also werden die Menschen selbst um ihr Überleben kämpfen
müssen, und daher werden wir sie wenigstens mit allen
verfügbaren Informationen versorgen.«
    »Und wenn sie diese Informationen
mißbrauchen?«
    »Dann werden wir sie zur Rechenschaft ziehen – falls wir
sie erwischen. Und wenn wir sie nicht erwischen, stellen sie auch
kein Problem mehr für uns dar. Aber diesen Punkt müssen wir
klären, Harris, wie nämlich die Amerikaner und darüber
hinaus die gesamte Weltbevölkerung überleben soll, falls
wir hier auf der Strecke bleiben. Und ich glaube nicht, daß
ihre Chancen sich verbessern, wenn wir ihnen nur Teilinformationen
oder gar keine hinterlassen.
    Also liegt hier das Problem, Harris. Was auch immer Sie mir jetzt
berichten werden, wie schlimm die Nachrichten von Carla auch sein
mögen, wir werden sie jedem zugänglich machen. Den
UN, den anderen Nationen, dem Kongreß, allen Parteien, allen
Präsidentschaftskandidaten, allen Unternehmensvorständen
– selbst dem Volk. Und daher gilt mit sofortiger Wirkung die
Anweisung, alle Informationen, sofern sie nicht der
militärischen Geheimhaltung unterliegen, frei zugänglich zu
machen – und dann, ob es uns gefällt oder nicht, werden die
Menschen zu entscheiden haben. Der Souverän hat das letzte Wort,
zum Guten oder zum Schlechten. Und wenn er sich dieser Aufgabe nicht
gewachsen zeigt, dann war es eben ein schönes Experiment mit
einer Laufzeit von zweihundertfünfzig Jahren. Aber das Chaos,
das wir auf Hawaii erleben, ist erst der Anfang – die
Wirbelsturmsaison dauert noch einige Monate –, und daher ist es
in Anbetracht unserer Hilflosigkeit an der Zeit, den Leuten alle
notwendigen Informationen zum Überleben zu geben.«
    Harris Diem kann ein Lachen nicht unterdrücken. »Gut,
Chefin, ich nehme nicht an, daß Sie scherzen. Aber ich
würde mich viel besser fühlen, wenn Sie Ihre Meinung doch
noch ändern, nachdem Sie das gehört haben. Abgesehen davon,
daß ›Clem‹ wiederkommt, wird es in den kommenden
Wochen noch viele weitere ›Clems‹ geben.«
    Präsidentin Hardshaw ringt um ihre Fassung – wobei dies
sogar ihrem langjährigen Freund und Mitarbeiter verborgen bleibt
–, und daher zeigt sich keine Regung in ihrem Gesicht, und die
Hände sind ganz ruhig. Ansatzlos sagt sie: »Ich möchte
eine detaillierte Erklärung, und dann leiten wir es an die
Medien weiter.«
    Harris quittiert ihre souveräne Haltung mit einem dünnen
Lächeln und einem knappen Nicken. Sie kennt ihn gut genug, um
sofort zu spüren, daß er in Gedanken eine Antwort auf die
Frage formuliert, warum er ihr neunundzwanzig Jahre lang gedient hat,
und daß er irgendwann in seinen Memoiren schreiben wird, sie
hätte binnen drei Minuten eine seit Jahren betriebene Politik
umgestürzt, ohne mit der Wimper zu zucken. Und als er sie nun
über die neueste Entwicklung unterrichtet, hat er sich bereits
auf diese neue Politik eingestellt und wird sie mit Verve und
Leidenschaft vertreten, obwohl er müde ist, sie mißbilligt
und vielleicht nicht einmal versteht.
    Eine solche Loyalität beunruhigt sie; es ist ein schier
aussichtsloses Unterfangen, die stärkste militärische Macht
der Erde regieren und das Schicksal einer Viertelmilliarde Menschen
lenken zu wollen, aber sie ist schon lange nicht mehr dieselbe wie
damals in Idaho.
    Sie konzentriert sich auf seine Ausführungen, und nach zehn
Minuten konferiert sie bereits mit Generalsekretär Rivera, mit
dem mexikanischen Präsidenten Questora und mit einer Reihe
anderer lateinamerikanischer Präsidenten, Diktatoren und
Generälen – ohne den kleinen Teleprompter direkt vor dem
Gesicht wäre sie nicht in der Lage, ihre Titel richtig
zuzuordnen. Gleich nachdem sie aufgelegt hat, erreicht sie eine
Meldung aus Hawaii, daß die Einsatzgruppe der Armee gelandet
sei, wobei ein Staticopter mit sechs Mann Besatzung
verlorenging. Der Sturm ist noch immer zu heftig, als daß sie
das Basislager verlassen könnten.
     
    Randy Householder ist ein Routinier. Die Jagd dauert nun schon
über zehn Jahre. Er findet immer die richtigen Worte,
weiß, wo er suchen muß, setzt seine Finanzmittel gezielt
ein, und ruckzuck hat er sich einen Lügendetektor beschafft.
    Schaudernd betrachtet er das Teil. Die bräunlichen Punkte
sagen ihm, daß es schon einmal zum Einsatz gekommen ist.
    Nach weiteren vier Tagen hat er ermittelt, daß Jerren Anders
nicht als gefährlich gilt und daher auch nicht im
Hochsicherheitstrakt einsitzt; bei seiner Festnahme

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