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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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klären, bevor ich mich
mit der Generalversammlung in New York anlege.«
    Hassan nickt. »Mein Freund, ich sehe, worauf Sie
hinauswollen, aber glauben Sie denn, Sie hätten damit
Erfolg?«
    Klieg spricht aus Erfahrung, als er entgegnet: »Ich
wüßte nicht, warum es nicht funktionieren sollte,
Hassan.«
    Der nickt bedächtig; der Effekt ist am Bildtelefon noch
wirkungsvoller, als wenn sie sich direkt gegenübersitzen
würden. »Angesichts Ihrer aktuellen Prognosen, die bis zu
einer Milliarde Toten verzeichnen – und die anderen Prognosen
dürften wohl das gleiche melden –, in Anbetracht der
buchstäblichen Auslöschung von Ländern wie den
Niederlanden und Bangladesh, den katastrophalen Schäden und der
Zerstörung ganzer Städte… und mit dem Schicksal von
Honolulu vor Augen… nun, mein Freund. Glauben Sie denn, sie
würden keine Gegenmaßnahmen ergreifen?«
    »Ja, vielleicht am Anfang. Aber dann kommt es auch nicht mehr
darauf an. Als ob man jemandem die Schnürsenkel zusammenbindet.
Deswegen ist der Betreffende noch lange nicht gelähmt, sondern
man hält ihn nur solange auf, bis er den Knoten gelöst hat.
Sie müßten all meine kleinen Hindernisse beseitigen –
und vielleicht auch noch die von Ihnen?«
    »Darüber habe ich gerade nachgedacht.«
    »Nun, alles, was wir brauchen, ist Zeit. Wenn es erst einmal
losgeht, wird die Bevölkerung die Regierung zur schnellsten
Lösung drängen. Und diese Maßnahmen werden uns
phänomenale PR-Erfolge bescheren – für die
nächsten zehn Jahre hätten wir dann praktisch
Narrenfreiheit.«
    Hassan nickt. »Es scheint einen Versuch wert. Ich habe ein
paar Freunde in den Regierungen einiger kleinerer Länder; bei
der Auseinandersetzung mit der Generalversammlung werde ich Ihnen
sicher helfen können, zumal manche dieser kleinen Länder
sich von den Modalitäten des Zweiten Bundes benachteiligt
fühlen. Wie steht es mit den Medien?«
    »Ich habe meine beste Mitarbeiterin damit
beauftragt.«
    »Miss Gray?«
    »Woher wissen Sie das?«
    Hassan grinst ihn zähnebleckend und ohne jeden Humor an.
»Wer ist denn mein bester Mitarbeiter?«
    »Pericles Japhatma; ich kenne ihn aber nicht persönlich.
Schon gut. Ich habe verstanden.« Nie wieder wird einer den
anderen nach seinen Informationsquellen aushorchen. Nach einer
angemessenen Pause sagt Klieg schließlich: »Nun, dann sind
wir uns wohl einig. Es wird auf jeden Fall problematisch werden, die
Regierung davon abzubringen. Im Grunde ist es nämlich eine Frage
des Prinzips – wenn unsere Regierung oder irgendeine Regierung
so etwas selbst erledigt, dann wird es Jahrzehnte dauern, bis solche
Aufgaben wieder an die Privatwirtschaft übertragen werden. Wenn
dem Sozialismus erst einmal Tür und Tor geöffnet
sind…« Seufzend breitet Klieg die Hände aus.
    »Genau«, bestätigt Hassan. »Diese Nation
trägt nach all den Jahren noch immer am Erbe der Sowjetunion.
Dann werden wir der Welt eben einen Gefallen erweisen – und uns
obendrein, was?«
    »Nur so läuft’s, Genosse«, erwidert Klieg, und
diesmal kommt das Lächeln auf beiden Seiten von Herzen. Nachdem
Hassan aufgelegt hat, führt er den ganzen Vormittag weitere
Telefonate, und als Glinda schließlich Vollzug meldet, hat sein
Terminkalender schon Eselsohren.
     
    Diogenes Callare ist sich der Verantwortungslosigkeit seiner
Handlung durchaus bewußt – um es vorwegzuschicken, er
hatte vom Zipline aus schon zwei Telefonate geführt
–, aber er mußte Lori und die Kinder einfach wiedersehen
und hatte auch eine Erholungspause nötig, so daß er im Zipline schlief, anstatt zu arbeiten. Außerdem hat Lori
den Schlächter in Gelb soeben fertiggestellt, so
daß sie in einem feinen Restaurant – mit Kinderbetreuung
– ausgiebig tafeln werden. Das geht zwar ordentlich ins Geld,
aber »allein durch den Umsatz in der ersten halben Stunde nach
Erscheinen des Buches wird das mehr als ausgeglichen«, zerstreut
Lori seine Bedenken.
    »Na gut.« Er schwenkt den temperierten Rotwein und
schaut sie über das Glas hinweg an. »Es ist wirklich
komisch; von Polizisten, Feuerwehrleuten und Soldaten wird ganz
selbstverständlich erwartet, daß sie ihre Familien und
fremde Menschen schützen. Aber ein Meteorologe soll das nicht
tun dürfen.«
    »Iß deine Lasagne«, sagt sie, »anstatt
morbide zu werden.«
    »Ja, richtig, ich werde morbide«, bestätigt er,
»aber ich habe schließlich recht.«
    »Aah. Und die Lasagne ist noch heiß.«
    Es stimmt, sie ist sehr gut. Nach einer Weile ergreift er

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