Die Mutter aller Stürme
den Händen über Oberkörper und Genitalien und
küssen sich die Brustwarzen, als sie plötzlich von einem
Geräusch aufgeschreckt werden…
Zunächst hört Jesse nur den gegen die Mauern
platschenden Regen und den heulenden Wind, aber das dürfte
für einen Hurrikan wohl normal sein.
Dann merkt er es jedoch. »Der Sturm wird
schwächer«, sagt er, »wahrscheinlich nur noch
Gewitterstärke. Vielleicht sehen wir morgen schon
etwas.«
Sie stößt einen leisen Jubelschrei aus, rollt sich auf
ihn und küßt ihn innig; er spürt eine aufkommende
Erektion, und sofort hat sie seinen Perus in der Hand, streichelt ihn
mit schnellen Bewegungen und sorgt so für die erforderliche
Härte, bevor sie sich auf Jesse schwingt und sich ihn
einführt. Während der Hurrikan sich zu einem normalen Sturm
abschwächt, reitet sie ihn genußvoll und kommt dabei
selbst.
Der Vorgang hat Ähnlichkeit mit einem XV-Porno, überlegt
Jesse und erkennt gleichzeitig, daß sie ihm genau das geben
will: nicht, wie sie wirklich ist, sondern wie er sie sich in seiner
Phantasie vorstellt; das Krachen des Donners, das Tosen des Windes
und das Flackern der Blitze über ihrem vom Kerzenlicht
beschienenen Körper stimuliert ihn noch mehr, und er bäumt
sich auf, als sie immer wieder kommt, in einer triumphalen,
ekstatischen Woge.
»Das werden wir immer machen«, sagt sie und gibt seinen
noch immer zuckenden, erschlaffenden Penis frei, »wenn wir eine
große Sache überstanden haben. Ich wollte dir nur einen
Anreiz zum Überleben bieten.«
Bald darauf ist sie in seinem Arm eingeschlafen. Sie hat sich mit
dem Rücken an ihn geschmiegt, und seine Hand ruht auf ihrem
merkwürdig festen, straffen Bauch, wobei die Finger auf den
Narben des Innengürtels herumspielen. Sie haben die Kerzen
ausgeblasen, und jetzt gibt es nur noch den heulenden Wind und den
strömenden Regen. Nach dem großartigen Sex ist er wohlig
müde, aber ein Gedanke läßt ihn nicht zur Ruhe kommen
– während er sich gerade ›bewährt‹ und die
Angst unterdrückt hat, die er in Anwesenheit der Herrera-Kinder
verspürt hatte, war es nämlich Mary Ann, die die Situation
voll im Griff hatte.
Jesse versucht, sich seinen eigenen Tod vorzustellen, aber es
gelingt ihm nicht; er weiß jedoch, daß die Frau, die er
in den Armen hält, sich ihren Tod schon vorgestellt, es
ausgehalten und ihre Angst vor ihm verborgen hat. Er kommt zu dem
Schluß, daß sie nicht nur älter und reifer ist als
er. Sie ist einfach zu groß und wundervoll für ihn.
In ihm keimt der Vorsatz, sich ihr als ebenbürtig zu
erweisen, und er überlegt noch eine Weile, ob er dazu
überhaupt in der Lage ist. Schließlich wird er von einem
tiefen und traumintensiven Schlaf übermannt, aber er erinnert
sich an keinen davon. Am frühen Vormittag wachen sie durch die
lautstarke Unterhaltung der Herreras auf – sie sind auch erst
spät zu Bett gegangen und haben die erste richtige
Morgendämmerung seit Tagen verschlafen. Es ist zwar noch immer
stürmisch, aber das Tageslicht ist unverkennbar.
Im Vergleich zum ersten Durchgang von ›Clem Zwei‹ mutet
Naomi dieser Sturm wie eine milde Brise an. Die Batterien machen bald
schlapp, aber wenigstens gibt es in diesem tiefen Keller
Lebensmittel, menschliche Gesellschaft, Trinkwasser und sogar eine
Toilette… und, was das Wichtigste ist, sie hat keine Angst. Sie
findet sogar etwas Schlaf.
Die Leute singen oder machen Wortspiele in der Dunkelheit. Naomi
spricht nicht besonders gut Spanisch, aber für diese Art der
Unterhaltung reicht es, und immer, wenn sie erfolgreich an einer
Runde teilgenommen hat, gibt es großen Applaus. Und die
gemeinsamen Sangesübungen machen auch Spaß.
Als der Sturm sich zu Windböen und der Regen zu einem Nieseln
reduziert haben, ist es schon dunkel, und ihre Gastgeber laden sie
ein, die Nacht auch noch im Keller zu verbringen, bevor sie sich ins
Freie wagen; draußen ist alles totenstill.
Also rollen sie sich wieder zusammen, wobei sie die Wärme und
die Nähe der anderen suchen. Es ist sehr ruhig und angenehm, und
Naomi verdrängt den Schlaf noch eine Weile, um dieses
Gefühl bewußt zu genießen.
Dabei weiß sie sehr wohl, daß sie mit ihrem Hang zur
Reinlichkeit den Gestank hier unten eigentlich unerträglich
finden müßte, der weniger von dem Gemisch aus Kot und
Bleichlauge in der unzureichend abgedichteten Toilette ausgeht als
vielmehr von den vielen Leibern, die eine Wäsche dringend
nötig hätten. Aber im Moment stinkt sie wie alle
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