Die Mutter aller Stürme
Marktwirtschaft – sie feinden die Unternehmen
an, nur weil in der Privatwirtschaft Geld und Prestige eine gewisse
Rolle spielen und Unternehmer in der Regel eher konservativ
eingestellt sind. Und was noch wichtiger ist, wir wissen ziemlich
genau, weshalb die Bundesbehörden und die UN das tun.
Nämlich aus dem Grund, weil die meisten Staaten der Welt
übersehen haben, daß Bedarf an Raumfahrtzentren besteht,
die auch bei schlechten Wetterbedingungen noch einsatzbereit sind.
Unser Land ist dafür ein perfektes Beispiel; zuerst haben wir
Canaveral an einer sturmgefährdeten Küste errichtet und
sind dann nach Kingman Reef ausgewichen, das in seiner Eigenschaft
als Insel noch sturmgefährdeter war. Aber die anderen
Länder haben sich auch nicht viel geschickter angestellt.
Was geschieht also, wenn die eigentlich vorhersehbare Katastrophe
eintritt? Es gibt zwei Möglichkeiten – man könnte
entweder die Starteinrichtungen nutzen, die Privatunternehmen in
weiser Voraussicht eingerichtet haben, oder man könnte das tun,
was auch gerade getan wird – Privatbesitz entschädigungslos
enteignen, sich am Eigentum anderer Nationen vergreifen und sich auch
sonst alles erlauben, das, wenn wir es täten, zu Recht als
Diebstahl, Piraterie oder Sabotage bezeichnet würde; und das
alles nur, um zu verhindern, daß ein Privatunternehmen das
Problem löst. Diese Regierung ist in hohem Maße gegen die
Privatwirtschaft eingenommen, Ms. Jameson, und das Resultat sehen Sie
hier. Offen gesagt, es reicht uns jetzt; alles, was wir wollen, sind
faire Wettbewerbsbedingungen, aber wir befinden uns in einer
Situation, in der wir nach den Regeln spielen müssen und die
anderen nicht.«
Berlina tröstet sich damit, daß es sich um eine wahre
Zitatensammlung handelt, und dem komischen Gefühl, das sie dabei
hat, kann sie später immer noch nachgehen. Das Material ist so
umfangreich, daß sie sich wünschte, sie hätte in eine
Kopfbuchse investiert, um eine Zwei-Wege-Verbindung zu Datenbanken
schalten zu können; aber sie hätte jede Menge Fragen
beantworten müssen, und außerdem ist die Installation
extrem teuer.
Sie spricht noch einige Minuten mit Glinda Gray, ohne jedoch
weitere Fakten in Erfahrung zu bringen.
Schließlich verabschieden sie sich mit den üblichen
Floskeln; wenn sie noch etwas Interessantes erfährt, dann das,
daß John Klieg auch ein Fan von Sniffings ist. Irgendwie
klingt Glinda dabei verlegen, als ob sie das eigentlich gar nicht von
ihrem Chef wissen dürfe.
Nun, dann stimmen vielleicht die Gerüchte, wonach sie sich
außerordentlich ›bewährt‹ hat… aber
Privatangelegenheiten sind wirklich eine andere Sache. Wo ein
Senator, der seine Referentin vögelt, auf dem Schleudersitz
sitzt, dürfen die Privatunternehmer es mit jedem treiben, und
sie tun es auch; niemand scheint sich daran zu stören. Berlina
weiß nicht, ob sie in einer Welt, in der solch unterschiedliche
Maßstäbe angelegt werden, klarkommen wird.
Nun, an eine Regel hält sie sich indes doch: Wenn man nicht
versteht, was man hat, muß man sich mehr beschaffen. Mit wem
könnte sie noch sprechen? In den letzten Wochen hatte sie einige
kurze Unterredungen mit Harris Diem, aber nur eines kurzen
Gesprächs wegen wird sie ihn nicht anrufen.
Di Callare vermittelt auch nicht den Eindruck eines
nüchternen Geschäftsmanns, aber zumindest hat er etwas zu
sagen und ist immer gesprächsbereit.
Er geht sofort in die Luft. Deshalb dauert es eine Weile, bis sie
die grundlegende Tatsache dargelegt hat – daß Klieg nur
Kapital aus der Situation schlagen will. »Wenn Sie sich
anschauen, wann die Genehmigung erteilt wurde, wann mit dem Bau
begonnen wurde und wann er mit seinen Leuten nach Sibirien gegangen
ist, wird ersichtlich, daß er mit dieser Katastrophe gerechnet
und dann günstig ein geeignetes Stück Land erworben
hat…«
Nach welchem Zeitplan geht Klieg vor, fragt sie sich. Woher hätte er wissen oder ahnen sollen, daß ein Sturm
wie ›Clem‹ entstehen würde? Ein weitsichtiger
Straßenbauer zu sein, ist eine Sache, sagt sie sich. Eine
Mautstation für Flüchtlinge zu eröffnen, eine
andere… und sicherlich sollte sie auch einmal Kliegs
Verbindungen zur kriminellen sibirischen Regierung recherchieren.
Sie entschuldigt sich bei Di für die Störung, wobei sie
sich davon überzeugt, daß er sie noch als Freundin
betrachtet, und legt auf. Di hat nichts gesagt, was sie zitieren
möchte, aber wenigstens hat sie durch dieses Gespräch eine
Vorstellung davon
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