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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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und Partnerin,
die mit ihm durch dick und dünn gegangen ist…
    Grinsend zuckt er die Achseln. »Es ist deine Pflicht? Für wen hältst du dich denn, für Berlina Jameson?
Ich dachte, bei Passionet ginge es nur um
Unterhaltung.«
    »Das hatte ich auch gedacht, und Passionet wohl auch.
Unter anderem war ich deshalb so lange weg, weil ich seit dem Anruf
von Doug Llewellyn – dem Präsidenten von Passionet
– wußte, daß etwas Merkwürdiges im Gange
ist. Normalerweise sprechen Leute mit meiner Tätigkeit
höchstens einmal im Jahr mit einem Vizepräsidenten. Wir
sind vielleicht das Aushängeschild für Passionet, aber unsere tatsächliche Bedeutung für das Unternehmen
ist sicher geringer – ich glaube, wir sind einfach zu leicht zu
ersetzen.« Sie nimmt seine Hand in ihre beiden kleinen
Hände und küßt seine Finger. »Einer der
Gründe, weshalb ich es so genieße, wie ein menschliches
Wesen behandelt zu werden, besteht darin, daß die
Zusammenarbeit mit den Leuten von Passionet einem zeigt,
daß das nicht immer die Regel ist. Wie dem auch sei, als der
Anruf von Llewellyn kam, wußte ich, daß eine große
Sache im Gange war, die sie mir verheimlichten, und ich wollte es
wissen, bevor ich irgendwelche Zusagen machte. Schließlich
mußten sie David Ali holen – den du unter dem Namen
›Rock‹ kennst, mein bester Freund im Geschäft –
und ihn einige Erklärungen abgeben lassen.
    Wie du weißt, heißt es heute immer, eine Zensur
wäre nicht mehr möglich, weil es so viele
Ausweichmöglichkeiten gibt und weil komprimierte Daten auf
mannigfache Art durchsickern und ausgewertet werden
können.«
    »Ja; oder hast du vergessen, daß ich Ingenieur
bin?«
    Sie schneidet eine Grimasse. »Wenn du eine Erklärung
willst, dann laß es mich auf meine Art tun. Okay?«
    »Klar.« Er nimmt ihre Hand und schlurft ein Stück
die Straße entlang.
    Erneut hebt sie seine Hand an, spielt daran herum und sagt dann
mit einem Lächeln: »Nun, auch heute kann man noch ziemlich
effektiv zensieren, wenn man nicht vor rüden Maßnahmen
zurückschreckt. Hast du in den Nachrichten etwas vom Zweiten
Globalen Aufstand mitbekommen?«
    »Ich weiß nur, daß er stattfindet und daß
niemand sicher ist, wie lange er noch dauern wird. Es wird wohl schon
viele Tote gegeben haben.«
    »Ähem. Heute morgen waren es schon neunzehn Millionen
Tote, wobei diejenigen noch nicht mitgerechnet sind, die sich nicht
mehr vor den Wirbelstürmen in Sicherheit bringen konnten, weil
sie durch die Unruhen daran gehindert wurden. Zwanzig Regierungen
existieren nicht mehr. Ganz Bangladesh ist verloren – die
Flutwelle von ›Clem 114‹ hat das, was von den Unruhen noch
übrig war, endgültig vernichtet. Es heißt, daß
man noch zehn Millionen Menschen hätte evakuieren können,
wenn die Armee und die Transportmittel nicht zur Aufrechterhaltung
der öffentlichen Ordnung benötigt worden
wären.«
    »Jetzt redest du schon wie eine Persönlichkeit des
öffentlichen Lebens.«
    »Nun, ich bin eine Persönlichkeit des öffentlichen
Lebens, ob es mir gefällt oder nicht.« Sie drückt sich
wieder an ihn, und trotz der Hitze legt er den Arm um sie, wobei ihr
kleiner, warmer Körper sich in seine Armbeuge schmiegt.
»Das grundlegende Problem globaler Unruhen besteht darin,
daß der ansteckende ›subversive Geist‹ per
XV-Übertragung weltweit verbreitet werden kann. Und weil es ein
höchst dramatischer und emotional aufgeladener Vorgang ist, ist
er natürlich sehr populär und erzielt hohe
Einschaltquoten.«
    »Und was hat das nun mit dem Anruf des Präsidenten von Passionet zu tun?«
    »Eine Menge. Heute morgen ist er von einer Abteilung Marines
sehr unsanft aus dem Schlaf gerissen worden. Sie haben sein Haus auf
den Kopf gestellt, seine Familie einer gründlichen
Leibesvisitation unterzogen und ›aus Versehen‹ seine halbe
Kunstsammlung zerstört. Er ist noch mit einem blauen Auge
davongekommen – man hat nämlich auf freier Strecke einen Zipline angehalten, in dem drei seiner Mitarbeiter
saßen, und sie in aller Öffentlichkeit nackt und in
Handschellen abgeführt.
    Als ihre Anwälte erschienen, um sie gegen Kaution aus dem
Gefängnis zu holen, erklärte man ihnen, daß das
Kriegsrecht über diesen Gerichtssaal verhängt worden sei
und verhaftete sie ebenfalls. Und die Armee beschlagnahmte die
XV-Bibliothek von Passionet, wobei sie verkündete,
daß sie für die Bestände keine Verantwortung
übernähme, und wenn einiges gelöscht würde,
täte es ihnen wirklich leid.

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