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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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vergangen ist, läßt
sich nur an der Uhrzeit erkennen; eine merkwürdige Vorstellung,
daß diese Dunkelheit von einem Hurrikan verursacht wird, und
dabei ist es bisher nur ein starker Sturmwind, mehr nicht.
Funkmeldungen zufolge wird ›238‹ den Kurs ändern, an
Irland vorbeiziehen und sich im Norden totlaufen.
    Das Wasser steigt auch noch die nächsten zwölf Stunden;
als Michael und Pater Joseph den letzten Kontrollgang machen, kommen
sie nicht mehr zu Michaels Lkw durch, und sie befürchten schon,
daß die Leute vielleicht das Rauschen des Wassers hören.
Die Menschen leben jetzt schon seit zwei Tagen von ihrem
Proviant.
    Am nächsten Tag setzt wirklich die Morgendämmerung ein.
Als Pater Joseph nach draußen geht, gerät er zwar in einen
Wolkenbruch, aber der Wasserstand ist wieder gefallen. Er sieht, wie
sich am Himmel ein blauer Fleck bildet.
    Michael kommt zu ihm. »Pater, ich habe über Funk
gehört, daß das Meer sich den Shannon hinauf bis nach
Lough Derg geschoben hat. Bei den Schäden, die entstanden sind,
glauben die Behörden nicht, daß es noch schlimmer kommt;
wir haben jetzt ein Binnenmeer in Irland.«
    Joseph nickt und zeigt dann mit dem Finger. Ein patschnasser Vogel
stürzt mit hektischem Flügelschlag ab. Sie gehen zu ihm
hin; der Vogel ist so erschöpft und hilflos, daß er nicht
vor ihnen fliehen kann. Der Priester hebt ihn auf. »Stellen wir
uns vor, es wäre eine Taube, nicht wahr?« sagt er.
    Am Nachmittag treffen die Staticopter mit Notrationen ein.
Nach dem ›Wunder‹ der Kirche auf dem Hügel
läßt niemand sich zum Gehen bewegen, so sehr der
Regierungsvertreter sich auch bemüht.
    * * *
    Fasziniert verfolgt Klieg einen anderen Ableger von
›Clem‹ – ›Clem 239‹. Mit knapper Not seinen
Status als Hurrikan behauptend, umrundet ›239‹ Schottland
und steht nun über der Nordsee, wobei das Auge nur 200 Kilometer
vom Skagerrak entfernt ist. Flutwellen branden gegen Dänemark,
und interessiert verfolgt Klieg, wie Bauernhäuser und Scheunen
und zuweilen auch Viehherden von den turmhohen Wellen mitgerissen
werden. Die Windgeschwindigkeit beträgt 220 km/h,
Stärke 12 auf der Beaufort-Skala, was gerade noch
Orkanstärke entspricht. Aber der Sturm soll noch heftiger
werden.
    Die letzten acht Stunden ist ›Clem 239‹ nicht
weitergewandert, und das erregt Kliegs Interesse. Man könnte
sagen, er hat eine Wette auf den weiteren Kurs von ›239‹
abgeschlossen. Und ihm kommt der kleine Schlenker, den der
große Sturm in der Nordsee vollzogen hat, Hunderte von
Kilometern von den eigentlichen Hurrikanzonen entfernt, gerade
recht.
    Mit dem Stratosphären-Flugzeug ist man von Novokuznetsk bis
Stockholm etwa anderthalb Stunden unterwegs – aber es gibt keine
Linienflüge zwischen beiden Städten. Vielleicht landen sie
in Warschau oder Frankfurt und nehmen dann den Zipline – falls die Ostsee das noch erlaubt.
    Er hat sämtliche Zipline- Fahrpläne und Strato-Flugpläne der Region studiert und glaubt,
daß es klappen wird. Die entscheidende Frage ist jetzt nur, ob
die vertrottelten örtlichen Behörden auch so clever waren,
das zu tun. Klieg hofft es inständig. Das Problem mit dummen
Menschen, so hat er Glinda immer wieder erläutert, bestehe
darin, daß man sich generell zwar auf die Dummheit ihrer
Handlungen verlassen dürfe; aber wenn sie einmal etwas richtig
machen, dann trifft es einen unerwartet.
    Aber bisher tut sich nichts; ›Clem 239‹ sitzt 200
Kilometer westlich des Skagerrak und erzeugt große Flutwellen.
Dieser Vorgang macht Klieg wieder zu einem reichen Mann, denn Kliegs
Meteorologen haben richtig prognostiziert, daß ein
Superhurrikan Schottland umrunden würde, und sie haben auch die
Bedingungen dargelegt, unter denen dies eintreten würde. Ja, das
haben sie… und Klieg hat sämtliche Aktien von Royal Dutch
Shell abgestoßen, zwei Tage, bevor alle anderen nachzogen.
    Den optimistischsten Schätzungen zufolge halten die Deiche
noch neun Stunden; der Verkehr kommt völlig zum Erliegen, als
die ›kleinen Leute‹ versuchen, mit Bestechungen einen Platz
auf den Transporten zu bekommen oder zu illegalen Maßnahmen
greifen.
     
    Es ist ja nicht so, daß die Leute die Holländer als
solche nicht mögen. Viele wären sogar bereit, einen
Holländer oder zwei für ein paar Wochen in ihrer
Straße zu dulden, wenn es ihnen helfen würde, sinniert
Horst. Aber es müssen eben auch praktische Aspekte
berücksichtigt werden, so einfach ist das. Er hofft, der
Hauptmann wird den Befehl

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