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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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den
Personalfragebögen, deren Beantwortung die USSF quartalsweise
verlangte, vermerkte er immer: »Verfüge weder über
künstlerisches, literarisches noch musisches Talent; kann aber
einigermaßen pfeifen, vorausgesetzt, es hält sich niemand
in meiner unmittelbaren Nähe auf.«
    Jetzt wünscht er sich, er hätte viel mehr gelernt, als
sein Gehirn noch kleiner war; nun muß er einen gigantischen
Auftrag ausführen, und der nimmt seine ganze Aufmerksamkeit in
Anspruch. Und während er also tiefer in das äußere
Sonnensystem vorstößt, in die dunkle und kalte
Einöde, simuliert und übt er ständig, arbeitet mit der
Spieltheorie, versucht es immer wieder. Er stellt sich vor, daß
er eine große artistische Bewegung vollführt, mit vierzig
oder fünfzig Versuchsaufgaben und einem ausführlichen
Kommentar, etwa alle vier Stunden… und das alles simuliert.
    Vor zwei Tagen wäre es wahrscheinlich noch anstrengend
gewesen, diese ganze Arbeit zu erledigen und gleichzeitig weitere
Pakete zu empfangen, den Kurs nach 2026RU zu programmieren und so
weiter. Nun läuft das alles wie von selbst.
    Was er wirklich braucht, ist eine andere künstlerische
Perspektive, und da sein Gehirn sich nun der Vollendung nähert,
fallen ihm einige Änderungsmöglichkeiten ein; er sendet
entsprechende Anfragen an die ›Schlaumeier‹. Wenn er in
einigen Tagen den Orbit des Neptun kreuzt und somit wirklich in die
Randzone des Sonnensystems eintaucht, wird er einige sehr
unterschiedliche Pakete erhalten.
    Das Bode’sche Gesetz beschreibt die Position der
Planeten. Wenn man die Zahlenreihe {0, 3, 6, 12, 24…} nimmt und
zu jeder Zahl 4 addiert, so daß sich {4, 7, 10, 16, 28…}
ergibt, erhält man die Entfernungen der Planeten von der Sonne,
wobei die Entfernung der Sonne von der Erde (eine astronomische
Einheit) als Zehn definiert ist. Mathematisch wird diese Zahlenreihe
als ›Geometrische Reihe‹ bezeichnet.
    Erst zu Beginn des dritten Jahrtausends gelang es mit
leistungsfähigen Supercomputern, die Gültigkeit dieses
Gesetzes definitiv nachzuweisen. In der primitiven Urmaterie, aus der
sich das Sonnensystem herausbildete, entstand nach der Sonne als
erster Planet Jupiter, wobei er eine enorme Gravitationswirkung auf
die andere Materie ausübte, die um die Sonne kreiste. Resonanzen
in den Orbits bewirkten, daß im Laufe einiger Hundert Millionen
Jahre manche Gürtel ›ausgespült‹, andere mit
Trümmern gefüllt wurden, mehrere Trümmerbrocken sich
zu einem größeren vereinigten und dann wieder zu anderen
Formationen zerfielen. Es entstanden die Planeten und der
Asteroidengürtel, in Entfernungen, die ein Vielfaches der
Orbital-Distanz von Jupiter betrugen – nun wurde das Quadrat der
Elemente einer einfachen Zahlenreihe durch 13 geteilt, die kleinste
ganze Zahl, welche die Entstehung von Resonanzkatastrophen über
geologische Zeiträume hinweg verhinderte.
    Mit ihrem steigenden Beschleunigungskoeffizienten produziert
Louies Reise auch eine geometrische Reihe, und beide weisen eine
merkwürdige Kongruenz auf – er braucht jeweils drei Tage,
um die Distanz zwischen den Orbits zweier Planeten zu
überbrücken, obwohl der Abstand zwischen diesen Orbits
immer größer wird. So kommen die neuen Pakete nur sechs
Tage, nachdem er ›anderen Sinnes geworden ist‹ – ein
Scherz, der ihm immer besser gefällt – an. Er gesteht sich
ein, daß er sie mit einer gewissen – nun, in Ermangelung
eines besseren Wortes – Ehrfurcht entgegennimmt. Vielleicht ist
das dadurch begründet, daß er weiß, welch
schwierigen Weg sie zurückgelegt haben.
    Sie sind nichts anderes als Kopien der ›Schlaumeier‹.
Die vereinfachten Louies haben sich nach ihrer Rückkehr zum
Asteroidengürtel selbst zu größeren und
leistungsfähigeren Prozessoren konfiguriert, haben ihm Daten
entnommen, sie in diese verstärkten Versionen integriert und sie
dann abgeschickt, um sich ihm anzuschließen. Wenn sie ankommen
– jeweils im Abstand von einigen Stunden – integriert er
sie, und plötzlich erinnert er sich, daß er bereits
siebzig Mal auf einen verschwommenen, dunklen Körper in der
Kälte des Weltalls gestoßen, auf seine Oberfläche
hinabgestiegen ist und sich in seinen Kern gebohrt hat (oder besser
gesagt, in seine Kerne, denn meistens waren es mehrere Körper,
die sich umeinander drehten), worauf dieses Objekt sich dann in eine
Weltraumfabrik und -schmiede verwandelte.
    Die ›Schlaumeier‹ ergingen sich oft in Tagträumen,
und Louie-auf-dem-Mond ist auch

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