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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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hat noch Zeit. In der Zwischenzeit muß sie ein
Konzept erstellen, ein wirkliches Konzept.
    »Hier spricht Berlina Jameson, unterwegs von Barrow im
Freistaat Alaska nach Washington, Duc, USA. In den letzten
drei Wochen hatte ich sehr freundliche Gespräche mit Vertretern
Alaskas und der Vereinten Nationen, mit Wissenschaftlern aus den USA,
Pazifikanada, Mexiko und Quebec und einer Vielzahl von Leuten aus dem
PR-Sektor. Ab und zu habe ich sogar einige Bruchstücke der
Wahrheit erfahren – Bruchstücke, die dann von anderen
Quellen sofort wieder bestritten oder dementiert wurden.
    Immer wieder habe ich die simple Frage gestellt, auf die jeder
eine Antwort möchte: Nun, da ein
UN-Militäreinsatz…«
    Das müßte die Einschaltquoten in den Himmel treiben.
Offiziell handelt es sich bei der UNSOO um eine friedensbewahrende,
nicht um eine militärische Organisation, ungeachtet ihrer
wirklichen Aktivitäten. Den Vorgang als militärische
Operation zu bezeichnen, wird ihr automatisch die ›Rote
Karte‹ von der UNIC bescheren – sie werden den Beitrag zwar
nicht absetzen, wohl aber vorschlagen, daß friedliebende,
anständige Bürger ihn nicht lesen. Die Nationalisten
indessen werden ihn gerade deshalb lesen. Die Vereinigte Linke
wird ihr Drohbriefe schicken, was als Rückmeldung registriert
und die Aufmerksamkeit ihrer Kritiker wecken wird. Im Grunde will sie
den Nationalisten gar keinen Zündstoff liefern…
beziehungsweise den Kritikern. Aber sie zahlen Nutzungsgebühren
wie alle anderen auch…
    DICTRON-SICHERUNGSKOPIE ANLEGEN UND VERKNÜPFEN.
    »…nun, da durch eine UN-Militäraktion versehentlich
einhundertdreiundsiebzig Milliarden Tonnen Methan freigesetzt worden
sind: welche Konsequenzen haben wir angesichts der geologischen
Belege, daß solche Freisetzungen immer zu kurzen Perioden
intensiver Erwärmung geführt haben, zu gewärtigen?
Sollten wir die Hälfte der Menschheit in die Berge evakuieren?
Werden wir die Niederlande, Florida und Bangladesh an das Meer
verlieren? Werden Gebiete, auf denen heute noch Ackerbau betrieben
wird, sich in Wüsten verwandeln, mit dem Resultat globaler
Hungersnöte? Müssen wir mit Überschwemmungen,
Dürrekatastrophen oder Stürmen rechnen?
    Niemand äußert sich dazu, und mittlerweile bin ich zu
der Erkenntnis gelangt, daß wir nicht nur auf eine Katastrophe
fürchterlichen Ausmaßes zutreiben, sondern daß nicht
einmal die Regierung eine Vorstellung von den Auswirkungen hat;
ungeachtet aller Fortschritte der Wissenschaft stehen wir da wie vom
Donner gerührt…«
    Nein, streichen, das ist zu melodramatisch. Nein, stehenlassen.
Melodramen haben jetzt Konjunktur… Melodramen sind immer schon
gewinnträchtig gewesen, und die Zeit wird langsam knapp. Aber
die Metapher paßt nicht.
    DICTRON-SICHERUNGSKOPIE ANLEGEN, VERKNÜPFEN,
LÖSCHEN.
    »…trotz aller Fortschritte der Wissenschaft können
wir nur abwarten – aber wenn man etwas weiß, dann das,
daß es gravierende Auswirkungen haben wird. Wir haben die Natur
mit einem Hammer mißhandelt, und nun stehen wir da und warten,
bis sie eine Entscheidung trifft.«
    Damit wird sie ankommen. Es muß zwar noch überarbeitet
werden, aber es ist verdammt um einiges attraktiver als die
dröge Materie, die sie bisher verbreitet hat.
    Es wird ein langer Tag, den sie ausschließlich im Auto
verbringt; sie aktiviert den ›automatischen Boxenstop‹, so
daß das Fahrzeug sich im Bedarfsfall an den automatisierten
Tankstellen selbst betankt. Sie überarbeitet die Geschichte
sechsmal, und am Schluß ist ›Schnüffeleien‹ zu
einem kleinen, feinen Zwanzig-Minuten-Programm gediehen, das
Interviews mit allen möglichen Leuten zeigt, die sich vor einer
konkreten Antwort drücken; garniert wird das Ganze mit einigen
wirklich guten grafischen Animationen. Für ihren Vortrag benutzt
sie die spärliche Ausrüstung, die sie vor Urzeiten
gebraucht gekauft hatte und die es ihr ermöglicht, den
Teleprompter und die Kamera an der Decke zu befestigen. Aus dieser
Perspektive erscheint sie dann auf dem Bett liegend, unter sich einen
hellblauen Reflektor. Wenn sie dann noch den Reflektor aus- und statt
dessen das von ihr entworfene ›Schnüffeleien‹-Logo
einblendet, müßte es doch mit dem Teufel zugehen, wenn das
nicht mindestens so gut aussieht wie bei den alten Fernsehanstalten
vor gerade einmal dreißig Jahren.
    Jetzt ist es im Kasten. »DICTRON: SENDE TEXT
SCHNÜFFELEIEN EINS, ÖFFENTLICHES NETZ MIT URHEBERSCHUTZ,
RECHNUNG FÜR BENUTZERGEBÜHREN

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