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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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AN
BERLINASTANDARD…«
    »MIT INFLATIONSAUSGLEICH?« fragt der Dictron.
    »MIT INFLATIONSAUSGLEICH«, bestätigt sie.
Demnächst muß sie wirklich einmal ihre Wechselkurstabelle
aktualisieren. »ACHTUNG – SCHNÜFFELEIEN WERDEN MIT
EINER LÄNGE VON ZWANZIG MINUTEN GESENDET. VERBREITUNG
AUTORISIERT IN NICHT MITEINANDER KONKURRIERENDEN MÄRKTEN UND ALS
ÜBERSETZUNG; RECHNUNG FÜR BENUTZERGEBÜHREN AN
BERLINASTANDARD. MIT INFLATIONSAUSGLEICH…«
    »BESTÄTIGEN?« Nachdem das Gerät ihre
Anweisungen noch einmal wiederholt hat, bestätigt sie, und die
Sendung geht ins Netz.
    Zeit zu feiern. Schnüffeleien ist eine verdammt gute
Arbeit, selbst wenn niemand sich dafür interessieren sollte
– aber sie spürt es fast körperlich, daß sich
wenigstens ein paar Leute irgendwo dafür interessieren werden.
    Sie steuert einen Rastplatz an und schließt das Fahrzeug an
ein Reinigungsgerät an, das den Staub und den Körpergeruch
absaugt, die chemische Toilette entsorgt und das Auto mit UV-Strahlen
und Mikrowellen dekontaminiert, so daß es bei ihrer
Rückkehr wieder wie in einem Auto riecht und nicht wie in einem
Affenstall. Sie schultert ihr Bündel und betritt die
öffentliche Dusche; die nächsten Punkte auf der
Tagesordnung sind Körperpflege, Kleiderwechsel und ein gutes
Essen, woran sich ein ausgiebiger, erholsamer Schlaf im Auto
anschließen wird.
    Verdammt, sie fühlt sich jetzt besser, als Ernie Pyle sich in
der Regel gefühlt hatte.
    * * *
    Nachdem Carla Tynan sich von Louie verabschiedet hat, fällt
es ihr etwas schwer, das Sonnenbad wieder aufzunehmen. Zunächst
hat sie dieser verdammte Raketenflug aufgegeilt, und obwohl es im
Pazifik mit seinem leeren Horizont weit und breit niemanden gibt, der
ihr zusehen könnte, hat sie Hemmungen, auf dem Boot zu
masturbieren. Sich selbst eine prüde Zicke scheltend, geht sie
unter Deck, um sich etwas Erleichterung zu verschaffen.
    Danach vergleicht sie auf dem sachte auf den Wellen schaukelnden MyBoat die Zahlen von Louie mit den detaillierteren Daten, die
sie von der NOAA erhalten hat. Daß diese Bande von Politikern
die Zahlen zu niedrig angesetzt hat, überrascht sie nicht, das
Ausmaß der Manipulation indessen schon.
    Nun, einer der Vorteile des Alleinseins besteht darin, daß
sie selbständig arbeiten kann. Sie hat einige globale
›Baby‹-Klimamodelle in ihrem Rechner und ein System
entwickelt, mit dem sie sie verknüpfen kann. Sie holt die noch
verpackten Spezialfaserkabel hervor und installiert das System.
    Zuerst muß sie anhand von Louies Daten die tatsächliche
Höhe der Methankonzentration ermitteln. Das dauert nur wenige
Minuten, und dann erscheinen die Ergebnisse vor ihrem Auge.
    Sie stößt einen langen, leisen Pfiff aus. Nachhallend
durchdringt er das kleine Unterseeboot, und sie ruft sich selbst zur
Ordnung, aber so sehr die Ohren auch schmerzen, die Situation hat es
gerechtfertigt. Die Methankonzentration entspricht nämlich nicht
nur dem sechsfachen, sondern gleich dem neunzehnfachen
Normalniveau.
    Da sie an dem ›Wirbelsturm-Problem‹ mitarbeitet,
führt sie eine schnelle und erschreckende Kalkulation durch. Je
höher die Methankonzentration, desto höher auch das
Energieniveau; vierzig Prozent werden vom Oberflächenwasser der
Ozeane absorbiert; also wird sich das Oberflächenwasser in den
Zonen der Orkanentstehung um ein bis sechs Grad Celsius
erwärmen, wobei in der Regel die Erwärmung in
nördlicher Richtung drastisch zunimmt, so daß um so mehr
Energie für einen Wirbelsturm bereitsteht.
    Sie betrachtet die Zahlen; die in einem solchen Wirbelsturm
gespeicherte Energie ist zwölfmal so hoch wie beim bisher
heftigsten Orkan.
    Und dabei hat sie noch nicht einmal ermittelt, um wievieles
größer die Zonen der Wirbelsturmentstehung selbst
sein werden.
    Dennoch gibt es etwas, das sie jetzt schon tun kann, und sie tut
es auch. Sie desaktiviert den Autopiloten und geht mit MyBoat auf Tauchfahrt, wobei sie mit voller Maschinenleistung einen
südlichen Kurs einschlägt. Der Nordpazifik wird bald ein
sehr ungemütlicher Ort werden.
     
    ›Präsidentin Großmutter‹ fühlt sich mehr
als Großmutter – und weniger als Präsidentin –
denn je. Brittany Hardshaw hat schon oft binnen zwei Minuten
schwerwiegende Entscheidungen getroffen, die sich dann als
grundfalsch erwiesen und von ihr im Bedarfsfall auch jahrelang
verteidigt wurden; sie weiß, daß sie mindestens einen
Unschuldigen hat hinrichten lassen, und während ihrer Amtszeit
haben die Vereinigten

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