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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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gewettet, daß seine erste Verabredung mit Glinda ein
solcher Erfolg sein würde. Sie hatte ganz recht – Derry
schien sehr erfreut, daß er sich für ihre Mutter
interessiert, und das ›Mittagessen in einem kleinen Café,
wo die Krabben echt sind und die Dekoration künstlich‹, wie
er sich ausgedrückt hatte, war ein großer Erfolg. Nun
haben er und Glinda sich entschieden, draußen in der
›Elternloge‹ einfach nur dazusitzen, etwas zu trinken und
zuzuschauen, wie Derry auf einem Pferd ihre Runden dreht; ihre
Unterhaltung handelt überwiegend von ihrer beider Jugend im
mittleren Westen der USA und davon, wie wenige Menschen mit
beruflichen Ambitionen und dem Drang nach Reichtum es heutzutage noch
gibt.
    Darüber hinaus haben sie intensiv miteinander geflirtet, und
in einer Anwandlung von Verwegenheit – wobei sie grinste, um den
Vorgang zu einem Scherz zu relativieren, was an der Sache selbst aber
nichts änderte – fuhr sie mit ihrem hochhackigen Schuh an
seinem Hosenbein hoch. Er erwiderte das Grinsen, um ihr zu
signalisieren, daß er den Spaß verstanden hätte,
aber in diesem Moment hätte er alles für sie getan.
    Überall schwirren Fliegen umher – so nahe bei den
Pferden ist das eben unvermeidlich –, und die beiden schlagen
ständig nach ihnen. Er weiß zwar nicht, was für ein
Bild er dabei abgibt, aber Glindas blonder Schopf verliert auf eine
interessante Art seine Fasson – worauf er sich jedoch nicht
sonderlich konzentrieren kann, weil er selbst auch intensiv mit der
Abwehr der Fliegen beschäftigt ist. Aus ihrem Lächeln
schließt er jedoch, daß er sich wie ein rechter Tolpatsch
aufführen muß.
    Sie unterhalten sich weiterhin über Gott und die Welt. Die
letzte richtige Freundin, die Klieg vor Jahren hatte, beklagte sich
immer, daß er nur über ›Geschäfte, Essen und von
allem das Beste‹ sprach. Wie er sich später eingestehen
mußte, waren diese Beschwerden nicht ganz unberechtigt, aber
das Tolle ist nun, daß Glinda diese Themen anscheinend auch
liegen. Während dieser Unterhaltung stellt sich heraus,
daß beide im nächsten Jahr sich ein neues Auto kaufen
wollen – aus diesem Anlaß lesen sie regelmäßig
Autozeitschriften. Außerdem erörtern sie die Frage, wo man
gut und billig mexikanisch essen kann, ohne minderwertige Zutaten zu
riskieren, und diskutieren die relativen Vorzüge von Denny’s gegenüber Shoney’s. Sie
parlieren über die neuen Tapeten, die sie sich in den letzten
Jahren gekauft haben und gehen der Frage nach, ob die Zeitschrift Die Küchenfee immer noch so gut sei wie früher.
    Sie reißen blöde Witze über die
Fliegenschwärme und lachen dann lauter darüber, als diese
Witze es eigentlich rechtfertigen würden.
    Er vermag sich nicht zu erinnern, wann er sich zuletzt so
amüsiert oder in der Gesellschaft einer Frau so wohl
gefühlt hätte. Als Derry das Pferd schließlich wieder
in den Stall führt – dort gibt es eine Dusche, wo sie sich
frischmacht, bevor sie sich draußen beim Auto treffen –,
stehen Klieg und Glinda auf und reichen sich wie
selbstverständlich die Hand.
    »Kartoffelbrei«, meint sie. »Der ist heute in guter
Qualität fast gar nicht mehr zu bekommen. Die Restaurants geizen
nämlich mit Butter und Milch.«
    »Da haben Sie recht«, bestätigt Klieg. »Hat
eine Ewigkeit gedauert, bis ich meinen Koch endlich soweit hatte
– er hat sich immer über den hohen Fettgehalt echauffiert
und mir unterstellt, ich würde schlechte Eßgewohnheiten
entwickeln. Hat mich immer bei der Krankenkasse angeschwärzt,
bis ich schließlich den Modemzugang blockierte und dann Ruhe
hatte. Und ich schwöre bei Gott, der Küchenroboter hat dann
nie mehr so gut gekocht wie früher, als ob er schmollen
würde. Ich nehme nicht an, daß Sie eine Haushaltshilfe
haben…«
    »Nur manchmal eine richtige Haushälterin«, sagt
sie, »aber wenn man erst einmal ein paar Putzfrauen gehabt hat,
weiß man, wie schwer es ist, gute Leute zu bekommen. Da kann
man richtig nachempfinden, wie die NASA sich fühlte, als die
Replikatoren die Mondbasis vertilgen wollten.«
    Als Derry sie Hand in Hand mit Klieg sieht, erscheint ein breites
Grinsen auf ihrem sommersprossigen Gesicht; sie läuft ihnen mit
wehendem strohblonden Haar entgegen. Dabei sieht sie aus wie die
Figur auf einem der Gemälde, die Klieg von einem amerikanischen
Maler der klassischen Schule verehrt worden waren - Norman Podhoretz?
Oder so ähnlich.
    Ihre Füße scharren und knirschen auf dem Kies, bis sie
dann vor

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