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Die Mutter der Königin (German Edition)

Die Mutter der Königin (German Edition)

Titel: Die Mutter der Königin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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sein, der König schläft, und Edmund Beaufort wird vom Constable of England zum König aufsteigen.
    «Dagegen wird Richard of York sicher etwas haben», bemerke ich, den Blick zu Boden gerichtet.
    «Mit dem komme ich zurecht», sagt er wegwerfend.
    «Und wenn der König aufwacht?»
    «Wenn der König aufwacht, wird alles wieder sein wie zuvor», sagt die Königin. Ihre Stimme klingt angespannt, sie hat eine Hand auf ihren Bauch gelegt. «Und wir werden ihm erklären, dass wir entscheiden mussten, was zu tun ist, ohne uns mit ihm beraten zu können.»
    «Wenn er aufwacht, wird er gewiss durcheinander sein», sagt der Herzog. «Ich habe die Ärzte gefragt. Sie meinen, es könnte sein, dass er quälende Träume hat, Phantasien. Er wird überrascht sein, wenn er aufwacht. Er wird nicht unterscheiden können, was Wirklichkeit ist und was Albtraum. Es ist das Beste, wenn er in seinem eigenen Schlafgemach in Westminster ist und das Land gut regiert wird.»
    «Mag sein, dass er sich an nichts erinnert», sagt die Königin. «Mag sein, dass wir ihm noch einmal vom Verlust der Gascogne berichten müssen.»
    «Wir müssen dafür sorgen, dass wir ihm die Nachricht behutsam überbringen», fügt der Herzog hinzu.
    Wie sie so die Köpfe zusammenstecken und miteinander flüstern, sehen sie aus wie Verschwörer. Ich blicke mich in den Gemächern der Königin um. Die anderen scheinen nichts Ungewöhnliches zu bemerken. Ich bin wohl die Einzige, die plötzlich einer abstoßenden Vertraulichkeit gewahr wird.
    Die Königin erhebt sich und stöhnt kurz vor Schmerzen auf. Die Hand des Herzogs fährt hoch, doch dann überspielt er die Geste. Er berührt sie nicht. Sie hält inne und lächelt ihn an. «Mir geht es gut.»
    Er sieht mich an wie ein junger Gemahl, der einer Hebamme das Stichwort liefert.
    «Vielleicht solltet Ihr Euch ausruhen, Euer Gnaden», sage ich beflissentlich. «Wenn wir bald nach London reisen.»
    «Wir brechen übermorgen auf», bestimmt der Herzog. «Ich gebe augenblicklich Befehl, alles vorzubereiten.»

[zur Inhaltsübersicht]
    Westminster Palace, London
HERBST 1453
    D ie Gemächer für den Rückzug der Königin werden nach der Tradition des königlichen Haushaltes vorbereitet. Die Wandteppiche werden abgenommen, die Fenster mit Läden verschlossen und mit dicken Stoffen verhängt, um störendes Licht und Zug draußen zu halten. Die Feuer werden höher geschichtet – die Räume müssen warm gehalten werden –, und jeden Tag schleppen die Kaminburschen Scheite herbei und legen sie vor die fest verriegelten Türen. Kein Mann darf die Räume der Königin betreten, auch die jungen Knechte nicht.
    Frische Binsen werden auf dem Boden verteilt, dazu Kräuter, die für eine leichte Geburt sorgen sollen: Hirtentäschel und Beifuß. Ein niedriges Geburtsbett wird hereingetragen und mit besonderen Laken bezogen. Auch die königliche Wiege wird hereingebracht, ein Erbstück aus Anjou, aus wunderschön geschnitztem Holz mit Goldintarsien und mit feinstem, spitzenbesetztem Leinen ausgekleidet. Das Pucktuch wird vorbereitet, die Bänder und die Säuglingsmützchen werden gewaschen und gebügelt bereitgelegt. In dem Raum, der sonst als Abtritt dient, wird ein Altar aufgestellt. Hier wird ein Priester hinter einem Schirm die Messe abhalten, und die Königin kann daran teilnehmen, ohne gesehen zu werden. Auch die Beichte legt sie hinter dem Schirm ab. Sechs Wochen vor und sechs Wochen nach der Geburt darf nicht einmal ein geweihter Priester diese Gemächer betreten.
    Ein liebender Ehemann setzt sich gemeinhin über diese Regel hinweg und kommt seine Gattin in der Zeit ihres Rückzugs besuchen, sobald das Kind geboren, gewaschen und gepuckt worden ist und in der Wiege liegt. Viele Ehemänner rühren ihre Frauen nicht an, bevor sie ausgesegnet sind, denn nach den Wehen des Kindbettes gelten sie als unrein und könnten die Männer mit weiblicher Ursünde verunreinigen. Doch ein Gemahl wie Richard schenkt solchem Aberglauben keine Beachtung, sondern steht mir in diesen Zeiten immer zärtlich zur Seite und bringt mir Obst und Konfekt, von dem die alten Frauen sagen, es sei verboten. Er muss von den Hebammen aus dem Zimmer gejagt werden, die protestieren, dass er mich stört, das Kind weckt oder ihnen Arbeit macht.
    Der armen kleinen Königin kommt natürlich niemand nahe. In den königlichen Rückzugsgemächern ist kein Mann zugelassen, und ihr Gemahl, der Einzige, der sich darüber hinwegsetzen könnte, ist in seinem eigenen

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