Die Mutter der Königin (German Edition)
düsteren Gemach, wo er täglich gewaschen und gefüttert wird, als sei er ein Greis, schlaff wie ein soeben Verstorbener.
Die schreckliche Nachricht von der Erkrankung des Königs halten wir hinter den Mauern des Palastes zurück. Seine Kammerdiener wissen es natürlich, aber sie sind so erschüttert von der Arbeit, die sie verrichten müssen, und vom Zusammenbruch des Mannes, den sie kannten, dass es Edmund Beaufort nicht schwergefallen ist, sie einzeln beiseitezunehmen und unter Androhung schwerer Strafen auf Stillschweigen einzuschwören. Nicht einmal ein geflüstertes Wort verlässt die Mauern. Der Haushalt des Königs – seine Gefährten und Diener, seine Pagen, sein Stallmeister und die Pferdeknechte – weiß nur, dass der König von einer Krankheit befallen ist, die ihn sehr ermüdet und schwächt, aber das beunruhigt sie nicht weiter. Es ist ja nicht so, als wäre er ein kräftiger Mann gewesen, der morgens nach vier Jägern gerufen hätte und ihnen einem nach dem anderen davongaloppiert wäre. Das ruhige Leben in den königlichen Stallungen bleibt ruhig. Nur den Männern, die ihn in seinem friedlichen Schlafgemach reglos im Bett liegen sehen, ist klar, wie krank der König ist.
Die Einhaltung des Schweigegebots wird uns dadurch erleichtert, dass die meisten Edelleute London für den Sommer verlassen haben und erst allmählich wieder in die Stadt zurückkehren. Der Herzog beruft das Parlament nicht ein, und so haben die Landadligen auch keinen Grund, in die Stadt zu reisen. Alles, was im Königreich entschieden werden muss, wird unter einer Handvoll Männer des Kronrats ausgemacht – im Namen des Königs, aber unterzeichnet vom Herzog. Er erklärt ihnen, der König fühle sich unwohl und sei zu erschöpft, um dem Rat beizuwohnen, und er, Edmund Beaufort, als vertrautester Verwandter des Königs, werde das Siegel des Königs bewahren und sämtliche Entscheidungen unterzeichnen. Kaum jemand ahnt, dass der König gar nicht an den Sitzungen teilnehmen könnte. Die meisten denken, er sei in seiner Kapelle, bete für das Wohl der Königin und studiere in aller Abgeschiedenheit, und er habe das Siegel und die Autorität persönlich an Edmund Beaufort übergeben, der ohnehin schon immer viel zu sagen hatte.
Doch es gibt Gerüchte, das ist unvermeidlich. Den Köchen fällt auf, dass sie statt der besten Fleischstücke nur noch Suppen in die Räume des Königs schicken sollen. Ein närrischer Diener plaudert aus, dass der König sein Essen gar nicht kauen kann. Zu spät bricht er ab und schweigt, dann ruft er: «Gott schütze ihn!», und stiehlt sich davon. Die Ärzte gehen in den Gemächern des Königs ein und aus, und wer sie sieht, dem muss auffallen, dass fremde Mediziner, Kräuterkundige und alle möglichen Heiler unter ihnen sind. Sie kommen auf Geheiß des Herzogs. Die Ärzte würden sich nie erlauben, etwas auszuplaudern, aber sie werden von Dienern begleitet und lassen sich von Boten Kräuter und Arzneien bringen. Nachdem auf diese Weise eine Woche vergangen ist, ruft mich der Herzog in seine Gemächer und bittet mich, der Königin seinen Rat zu überbringen, den König nach Windsor zu verlegen, wo er besser gepflegt werden kann, ohne dass es sich herumspricht.
«Das wird ihr nicht gefallen», erwidere ich offen. «Es wird ihr nicht gefallen, wenn er dort ist und sie hier abgeschieden in der Zeit ihres Rückzugs in der Falle sitzt.»
«Wenn er hierbleibt, beginnen die Leute zu reden», gibt er zu bedenken. «Wir können es auf Dauer nicht geheim halten. Und ihr wird sehr daran gelegen sein, Gerüchte zu unterbinden.»
Ich knickse und gehe zur Tür.
«Was meint Ihr?», fragt er mich, als meine Hand bereits auf dem Türknauf liegt. «Was denkt Ihr, Euer Gnaden? Ihr seid eine begabte Frau. Wie geht es weiter mit dem König? Und mit der Königin, wenn er sich nicht mehr erholt?»
Ich antworte nicht. Ich gehöre zu den alten Hasen am Hof und würde mich nie von einem Mann in seiner Position zu Spekulationen über die Zukunft des Königs verleiten lassen.
«Ihr müsst doch eine Meinung haben», sagt er ungeduldig.
«Vielleicht, aber ich äußere sie nicht», bemerke ich im Hinausgehen.
Doch in derselben Nacht träume ich vom Fischerkönig aus der Legende: ein Land, beherrscht von einem König, so gebrechlich und schwach, dass er nur noch fischen konnte, sodass seine junge Frau allein herrschen musste und sich nach einem starken Mann an ihrer Seite sehnte.
Die Königin quält sich in der
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