Die Mutter der Königin (German Edition)
uns unterrichten müssen.»
«Er ist noch immer der König», erwidert der Herzog scharf.
«Niemand leugnet das», braust Richard of York auf. «Aber er hat weder seinen Sohn anerkannt, noch kann er Staatsgeschäfte abwickeln. Er ist selbst wie ein Säugling. Man hätte uns unterrichten müssen.»
Edmund Beaufort sieht sich nach Unterstützung um, doch selbst die Lords, die auf sein Haus eingeschworen sind und den Duke of York hassen, können nicht leugnen, dass der König seinen Sohn nicht anerkannt hat. Dass er nichts tut, nichts sieht, nichts hört, dass er sehr weit fort ist – wer weiß, wo?
«Wir kehren nach Westminster zurück», verkündet Edmund Beaufort. «Und warten darauf, dass Seine Gnaden sich von seiner Krankheit erholt.» Er wirft einen wütenden Blick auf die Ärzte. «Die guten Herren hier werden ihn aufwecken, dessen bin ich mir sicher.»
In derselben Nacht, kurz vor dem Einschlafen in meinem Schlafgemach im Palast von Westminster, frage ich mich, was das für ein Schlaf sein mag, der so tief ist, dass er fast dem Tod gleicht – außer dass man in einem solchen Schlaf träumt und sich regt, um dann wieder darin zu versinken. Wie wäre es, wenn er zu sich kommen und einen Blick auf die Ärzte und auf den schrecklichen Raum mit dem Stuhl, den Messern und den Blutegeln werfen würde, um dann wieder in den Schlaf zu gleiten, unfähig, sich zu wehren? Wie wäre es, still im Traum zu schreien, um dann wieder stumm einzudämmern?
Ich träume vom Fischerkönig, dem König, der nichts tun kann, während sein Königreich in Chaos und Dunkelheit versinkt, und der seine junge Frau allein, ohne Gemahl, zurücklässt. Der Fischerkönig hat eine Verletzung in der Leiste, er kann kein Kind zeugen, er kann sein Land nicht halten. Die Wiege bleibt leer, die Felder liegen brach. In der Nacht erwache ich und danke Gott dafür, dass der Bann, der wie eine dunkle Decke auf dem König liegt, mich nicht erstickt. Ich werfe den Kopf auf dem Kissen hin und her und frage mich erneut, ob es meine Schuld ist, ob ich dem König befohlen habe, blind zu sein, ob es meine unvorsichtigen Worte waren, die ihn blind gemacht haben.
Als ich im Licht der Morgendämmerung erneut die Augen aufschlage, ist mein Kopf klar, und ich bin sofort ganz wach, als riefe jemand meinen Namen. Ich stehe auf und gehe zum Schmuckkasten, den mir meine Großtante Jehanne geschenkt hat. Unberührt liegt das Armband mit den Glücksbringern darin, und ich wähle eine Krone als Symbol für die Wiederkunft des Königs. Vier verschiedene Bändchen binde ich an den Glücksbringer, ein weißes für den Winter, falls er in der kalten Jahreszeit zu uns zurückkehrt, ein grünes, falls er nicht vor dem Frühling kommt, ein gelbes, falls er zur Heuernte zurückkommt, und ein rotes Band, falls er in einem Jahr aufwacht, wenn die Beeren an den Hecken reif sind. Dann binde ich die Bändchen an vier schwarze Schnüre und nehme sie mit zum Pfad am Fluss, wo der Wasserstand der Themse hoch ist und sie schnell fließt, wenn die Flut hereinkommt.
Der kleine Holzsteg, an dem die Schiffer die Mitfahrenden aufnehmen, liegt verlassen da. Ich binde die vier dunklen Schnüre an einen Pfosten des Stegs und werfe die kleine Krone mit den bunten Bändchen so weit wie möglich in den Fluss. Dann gehe ich zurück in die Gemächer der Königin, die noch darauf wartet, ausgesegnet und hinaus in die Welt entlassen zu werden.
Eine Woche bleibt die Krone im Wasser. Die Königin verlässt ihre Gemächer und erhält in einem prunkvollen Gottesdienst den kirchlichen Segen. Alle Herzoginnen des Königreichs schreiten ihr zur Ehre hinterher, als seien ihre Gatten nicht zerstritten, als ginge es nicht um die Entscheidung, wie der junge Prinz anerkannt und wie das Königreich regiert werden soll, solange der König blind ist und nicht herrschen kann. Nun, da die Königin wieder in die Welt zurückgekehrt ist, darf der Herzog wieder in ihre Gemächer kommen, und er erzählt ihr, dass der Earl of Salisbury, der Schwager des Duke of York, öffentlich verkünde, das Kind stamme nicht vom König, und es gebe viele, gefährlich viele, die ihm glaubten. Die Königin lässt bekannt geben, wer diesen Verleumdungen Gehör schenke, sei an ihrem Hof nicht mehr willkommen, und niemand dürfe auch nur mehr ein Wort mit dem Earl of Salisbury oder dessen tückischem Sohn, dem Earl of Warwick, wechseln. Sie erklärt mir, dass ihr Verwandter Richard, Duke of York, und selbst seine Herzogin Cecily ihre
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