Die Mutter der Königin (German Edition)
Geschenke und Tand füreinander und kleine Spielsachen für den Prinzen. Ein paar Tage später wacht der König auf, und dieses Mal bleibt er wach.
Es ist ein Wunder. Er öffnet einfach die Augen, gähnt und sieht sich um, überrascht, in seinem Privatgemach auf einem Stuhl zu sitzen, von Fremden umgeben. Die Ärzte rufen uns eilends herbei. Nur die Königin und ich gehen zu ihm hinein.
«Wir sollten ihn lieber nicht mit zu vielen Menschen erschrecken», sagt die Königin.
Leise gehen wir hinein, fast, als näherten wir uns einem verwundeten Tier, das sich erschrecken könnte. Der König steht gerade auf, an jeder Seite einen Arzt, der ihn dabei unterstützt. Er steht unsicher, aber er hebt den Kopf, als er die Königin sieht, und sagt unsicher: «Ah.» Man kann fast sehen, wie er in seinem verwirrten Geist nach ihrem Namen sucht. «Marguerite», sagt er schließlich. «Marguerite d’Anjou.»
Mir stehen Tränen in den Augen, ich halte ein Schluchzen zurück über dieses Wrack von einem Mann, der zum König von England geboren wurde und dem ich zum ersten Mal begegnet bin, als er ein Junge war, so gutaussehend wie der kleine Edward of March, der Sohn der Yorks. Jetzt macht dieser ausgezehrte Mann einen schwankenden Schritt, und die Königin sinkt in einem tiefen Knicks vor ihm nieder. Weder streckt sie die Arme aus, um ihn zu berühren, noch lässt sie sich von ihm in den Arm nehmen. Wie die junge Frau und der Fischerkönig aus der Legende: Sie leben zusammen, aber sie berühren einander nicht. «Ich bin so froh, dass es dir wieder gut geht», sagt sie leise.
«War ich krank?»
Heimlich tauschen wir rasch einen Blick.
«Du bist eingeschlafen, du bist in einen sehr tiefen Schlaf gefallen, und niemand konnte dich wecken.»
«Tatsächlich?» Er streicht sich mit der Hand über den Kopf und sieht dabei das erste Mal eine Brandnarbe von einem kochend heißen Wickel am Arm. «Ach du meine Güte! Habe ich mich gestoßen? Wie lange habe ich denn geschlafen?»
Sie zögert.
«Lange», antworte ich. «Aber obwohl Ihr sehr lange geschlafen habt, ist das Land in Sicherheit.»
«Das ist gut», sagt er. «Nun ja.» Er nickt den Männern zu, die ihn festhalten. «Helft mir ans Fenster.»
Wie ein alter Mann schlurft er zum Fenster und sieht hinaus auf die Wasserweiden und den Fluss, der zwischen seinen frostig weißen Ufern dahinfließt wie immer. Dann blinzelt er wegen des grellen Lichts. «Es ist sehr hell», beschwert er sich. Dann dreht er sich um und geht zurück zu seinem Stuhl. «Ich bin sehr müde.»
«Nicht!», fährt die Königin unwillkürlich auf.
Sie helfen ihm auf seinen Stuhl, und er betrachtet die Gurte an den Armlehnen. Ich sehe, wie er darüber nachdenkt, eulenhaft blinzelnd, und sich dann in dem entsetzlich kahlen Raum umsieht. Den Tisch der Ärzte mustert. Dann mich. «Wie lange war es denn, Jacquetta?»
Ich kneife die Lippen zusammen. «Lange. Aber wir freuen uns so, dass es Euch jetzt wieder besser geht. Wenn Ihr jetzt schlafen geht, dann wacht Ihr doch wieder auf, Euer Gnaden? Ihr versucht es?»
Ich habe wirklich Angst, dass er sich wieder schlafen legt. Sein Kopf sinkt vornüber, die Augen fallen ihm zu.
«Ich bin so müde», sagt er wie ein kleines Kind, und einen Augenblick später schläft er auch schon.
Die Nacht über bleiben wir bei ihm, nur für den Fall, dass er wieder aufwacht, aber das tut er nicht. Am nächsten Morgen ist die Königin blass und sorgenvoll. Die Ärzte gehen um sieben Uhr zu ihm hinein und berühren ihn sacht an der Schulter, sie flüstern ihm ins Ohr, dass es Morgen ist, und zu ihrer Verwunderung öffnet er die Augen, setzt sich im Bett auf und verlangt, dass die Läden geöffnet werden.
Er hält bis zum Mittagessen durch, dann schläft er wieder, doch zum Abendessen wacht er erneut auf und fragt nach der Königin, und als sie das Privatgemach betritt, lässt er ihr einen Stuhl bringen und fragt sie, wie es ihr gehe.
Ich stehe hinter ihrem Stuhl, als sie ihm antwortet, es gehe ihr gut, und ihn vorsichtig fragt, ob er sich daran erinnere, dass sie guter Hoffnung gewesen sei, als er eingeschlafen ist.
Seine Überraschung ist ungekünstelt. «Nein!», ruft er aus. «Ich erinnere mich an nichts. Guter Hoffnung, sagst du? Du meine Güte, nein.»
Sie nickt. «Doch, tatsächlich. Wir waren sehr glücklich darüber.» Sie zeigt ihm den Ring, den er für sie anfertigen ließ und den sie aufbewahrt hat, um ihn daran zu erinnern. «Den hast du mir zur Feier der Nachricht
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