Die Mutter der Königin (German Edition)
Geschichte macht mich ganz rührselig, und ich bin kurz davor, um meine Jungen in Grafton zu weinen: um Lewis, den ich nie wiedersehen werde, und Anthony, meinen Ältesten, der dieses Jahr dreizehn wird, der bald seine eigene Rüstung bekommt und seinem Vater oder einem anderen großen Mann als Schildknappe dienen muss. Er ist so schnell groß geworden, und ich wünschte, er wäre noch einmal klein, und ich könnte ihn auf der Hüfte herumtragen. Ich möchte auch endlich wieder mit Richard vereint sein – noch nie waren wir so lange getrennt. Wenn der Duke of York vom König besiegt wird, dann wird Edmund Beaufort seinen Posten als Oberbefehlshaber von Calais antreten und Richard nach Hause schicken. Dann kann unser Leben wieder in normalen Bahnen laufen.
Marguerite ruft mich in ihr Schlafgemach, und ich gehe und setze mich zu ihr, um ihren engen Kopfschmuck, der ihr wie eine Kappe tief über den Ohren sitzt, hochzuheben, die Zöpfe zu lösen und ihr die Haare auszubürsten. «Was meint Ihr, wann sie nach Hause kommen?», fragt sie.
«In einer Woche?», rate ich. «Wenn alles gut geht.»
«Warum sollte nicht alles gut gehen?»
Ich schüttele den Kopf. Ich weiß nicht, warum sie nicht froh und aufgeregt ist wie damals, als der Duke of Somerset ihr diesen Plan das erste Mal auseinandersetzte. Ich weiß nicht, warum der hübsche Palast mir heute Abend so kalt und einsam vorkommt. Ich weiß nicht, warum die Hofdame eine Geschichte über einen Sohn und Erben ausgesucht hat, der in der Sonne schmilzt, bevor er sein Erbe antreten kann.
«Ich weiß nicht», erwidere ich zitternd. «Ich hoffe, dass alles gut geht.»
«Ich gehe zu Bett», sagt sie mürrisch. «Und am Morgen können wir jagen gehen und fröhlich sein. Ihr seid schlechte Gesellschaft, Jacquetta. Legt auch Ihr Euch schlafen.»
Aber das tue ich nicht, auch wenn ich weiß, dass ich schlechte Gesellschaft bin. Ich trete an mein Fenster, öffne die Holzläden und blicke über die Sumpfwiesen und die langgestreckte silbrige Biegung des Flusses im Mondschein, und ich frage mich, warum ich an einem warmen Maiabend in England, dem schönsten Monat im Jahr, so niedergeschlagen bin, wo doch mein Gemahl nach überwundener großer Gefahr zu mir nach Hause kommt und der König von England in all seiner Macht ausreitet, um seinen Feind zu Fall zu bringen.
Dann, am späten Nachmittag des nächsten Tages, erhalten wir schreckliche, unfassbare Nachrichten. Zunächst verstehen wir gar nichts, als wir die Boten zur Königin beordern und die Männer, die von einem Scharmützel davongelaufen sind, gefangen genommen und in die königlichen Gemächer gebracht werden, damit sie berichten, was sie gesehen haben. Wir schicken Männer Richtung Norden nach St. Albans, wo der Duke of York, anscheinend weit davon entfernt, friedlich seinen Leidensweg anzutreten und geduldig darauf zu warten, als Verräter vor Gericht gestellt zu werden, eine Armee aufgestellt und den König angefleht hat, er solle sich von seinen Feinden abwenden und ein guter Herr für ganz England sein, nicht nur für Lancaster.
Ein Mann berichtet uns, in den engen Gassen sei es zu einem Tumult gekommen, doch er habe nicht sehen können, wer im Vorteil war, denn er sei verletzt worden und liegen geblieben, wo er gestürzt sei. Niemand habe ihm geholfen. Das sei für einen gewöhnlichen Soldaten äußerst entmutigend, fügt er hinzu, mit einem Blick zur Königin. «Da fragt man sich doch, ob den Lords überhaupt was an einem liegt», brummt er. «Es spricht nicht von guter Lordschaft, einen Mann einfach liegen zu lassen.»
Ein anderer, der weitere Nachrichten bringt, sagt, es herrsche Krieg: Der König habe seine Standarte gehisst, der Duke of York habe zum Angriff geblasen, sei aber niedergeschlagen worden. Bei diesem Bericht springt die Königin von ihrem Sessel auf und fasst sich mit der Hand ans Herz. Doch am Abend kehrt unser Bote aus London zurück und berichtet uns, soweit er es in den Straßen aufgeschnappt habe, hätten die ärgsten Kämpfe zwischen dem Duke of Somerset und dem Earl of Warwick stattgefunden. Die Männer des Earl of Warwick hätten sich durch die Gärten und über die kleinen Mauern gekämpft, seien über Hühnerställe geklettert und durch Schweineställe gestapft, um die Barrikaden zu umgehen und ins Herz der Stadt vorzudringen. Sie seien aus einer Richtung gekommen, mit der niemand gerechnet habe, sie hätten die Männer des Duke of Somerset überrascht und in Verwirrung
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