Die Mutter der Königin (German Edition)
erwartet, und das saubere Linnen, das ich anziehen werde. Aber bevor ich mit allzu viel Zuversicht an zukünftige Behaglichkeit denke, erinnere ich mich daran, dass ich nicht sicher sein kann, ob der Hof in Eccleshall Castle ist und ob mein Sohn und mein Gemahl wieder zu mir zurückkehren.
«Ich muss gehen», sage ich unversehens.
Vor der Hütte sattelt der Schmied schon mein Pferd. Seine Frau reicht mir einen Becher Dünnbier und einen Kanten trockenes Brot. Ich nippe vom Bier und stippe das Brot hinein, damit es weich genug ist zum Abbeißen, dann gebe ich ihnen meinen Geldbeutel mit Silber- und Kupfermünzen. Für sie ein Vermögen, auch wenn es für mich so gut wie nichts ist.
«Vielen Dank», sage ich und wünschte mir, ich könnte mehr sagen: wie leid es mir tut, dass sie unter diesem König und dieser Königin in solcher Armut leben und sich trotz harter Arbeit nicht daraus befreien können. Und wie ich bedaure, mein Leben lang in feinem Leinen geruht zu haben, ohne an diejenigen zu denken, die auf Stroh schlafen müssen.
Sie lächeln. Weil dem Mädchen ein Schneidezahn verfault ist, sieht sie mit der Zahnlücke wie eine Sechsjährige aus. «Wisst Ihr den Weg?», sorgt sich die Frau. Es sind nur neun Meilen, aber sie ist noch nie so weit von zu Hause fort gewesen.
«Geht nach Loggerheads, da zeigt man Euch dann die richtige Straße», meldet sich der Schmied zu Wort. «Aber passt auf die Soldaten auf, die auch nach Hause gehen. Sollen wir den Jungen mitschicken?»
«Nein, Ihr habt doch sicherlich heute in der Schmiede zu tun.»
Er wiegt meinen Geldbeutel in der Hand und grinst mich von unten an. «Es ist schon jetzt ein sehr guter Tag», meint er. «Der beste, den wir in unserem ganzen Leben hatten. Gott segne Euch, Mylady.»
«Gott segne Euch», verabschiede ich mich, wende mein Pferd und reite nach Süden.
Ich bin eine halbe Stunde geritten, da höre ich einen Fanfarenstoß und sehe den Staub einer gewaltigen Armee, die auf mich zukommt.
Ich blicke mich nach einem Unterschlupf um, wo ich mich verstecken könnte, aber hier ist nur weites, offenes Land, die Felder sind groß und unbestellt, die Hecken niedrig. Ich lenke mein Pferd zu einem Gatter. Wenn es eine yorkistische Armee oder deren Verstärkung ist, werde ich mein Pferd im Zaum halten, aufrecht im Sattel sitzen wie eine Herzogin und sie vorüberziehen lassen. Vielleicht haben sie ja Nachrichten von meinem Gemahl und meinem Sohn.
Als sie noch eine halbe Meile von mir entfernt sind, kann ich die königliche Standarte erkennen. Fürs Erste bin ich in Sicherheit, die Armee nähert sich, die Königin und der König an ihrer Spitze.
«Jacquetta!», ruft sie aufrichtig erfreut, als sie mich sieht. «Gott segne Euch! Gut abgepasst!»
Sie lenkt ihr Pferd an die Seite der Straße, um die Armee an uns vorbeimarschieren zu lassen. Tausende Männer folgen ihr. «Ihr seid nicht mehr in Gefahr!», sagt sie. «Und es geht Euch gut. Der König ist so wütend über den Tod von Lord Audley, dass er selbst marschiert, um mit den yorkistischen Lords abzurechnen.» Sie senkt die Stimme. «Er ist plötzlich wieder bei Sinnen und will die Armee selbst anführen. Ich bin so froh. Er sagt, er wird ihnen nie wieder vergeben und den Tod unseres wahren Freundes rächen.»
«Lord Audley ist tot?», frage ich. Bei dem Gedanken, was sie als Nächstes sagen könnte, fange ich an zu zittern. «Und habt Ihr Nachricht …»
Mitten in der Schar der Ritter gibt ein Mann seinem Pferd die Sporen und klappt das Visier hoch, um mir sein Gesicht zu zeigen. «Ich bin’s!», schreit mein Gatte. «Jacquetta! Geliebte! Ich bin’s!»
Ich ringe nach Luft. Ich kann ihn nicht erkennen, mit ihren Rüstungen und Helmen sehen sie alle gleich aus. Aber er reitet auf mich zu, springt unter lautem Rasseln vom Pferd, wirft seinen Helm beiseite und zieht mich in seine Arme. Sein Brustharnisch fühlt sich hart an, die Schienen auf seinen Armen schneiden mir in den Rücken, aber ich schmiege mich an ihn, küsse ihn und schwöre ihm, dass ich ihn liebe.
«Anthony geht es auch gut», berichtet er. «So wie Elizabeths Gemahl. Wir sind alle ungeschoren davongekommen. Ich habe dir ja gesagt, dass ich Glück habe.»
«Komm mir nicht zu nahe, bestimmt stinke ich», sage ich, weil mir plötzlich einfällt, wie ich aussehe, mit meinen Kleidern und den Haaren und den rot geschwollenen Flohbissen. «Ich schäme mich.»
«Ihr hättet nie und nimmer dorthin gehen dürfen», sagt er mit einem Blick auf
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