Die Mutter der Königin (German Edition)
Hölle toben: «Ich glaube, wir sind bereit, Mylord, und was vergessen wurde, kann nachgeschickt werden.»
«Mein Pferd?», fragt der Herzog. Woodville schnippt mit den Fingern, und ein wartender Stallbursche führt das große Schlachtross herbei.
«Mylady wird in ihrer Sänfte reisen?»
«Ihre Gnaden möchte reiten.»
Mein Lord wendet sich mir zu. «Es ist eine lange Reise, Jacquetta, wir reiten nach Norden aus Paris hinaus und schlafen heute Nacht in Senlis. Du wirst den ganzen Tag im Sattel sitzen.»
«Ich kann das», sage ich mit einem kurzen Blick auf Woodville.
«Die Stute ist ein starkes Tier, Ihr habt eine gute Wahl getroffen», sagt er zu meinem Gemahl. «Und die Herzogin ist eine gute Reiterin, sie wird mithalten können. Es ist angenehmer für sie, als in der Sänfte geschaukelt zu werden. Ich lasse die Sänfte mitführen, und wenn sie müde wird, braucht sie es nur zu sagen.»
«Nun gut», sagt der Herzog und schenkt mir ein Lächeln. «Ich werde deine Gesellschaft genießen. Wie hast du dein Pferd genannt?»
«Merry», antworte ich.
«Gebe Gott, dass wir allzeit merry sein werden – fröhlich und vergnügt», sagt er und steigt auf den Aufsitzblock, um sich in den Sattel zu schwingen. Woodville fasst mich um die Taille und hebt mich in den Sattel, dann tritt er zurück, und meine Hofdame eilt herbei, um mein langes Kleid auf beiden Seiten herunterzuziehen, damit es meine lederne Reithose verbirgt.
«Alles in Ordnung?», fragt Woodville mich leise, tritt ans Pferd und überprüft, ob der Gurt stramm sitzt.
«Ja.»
«Ich reite hinter Euch, wenn Ihr etwas braucht. Wenn Ihr müde werdet oder anhalten müsst, hebt nur die Hand. Ich passe auf. Nach einem Ritt von zwei Stunden rasten wir und nehmen etwas zu uns.»
Mein Gemahl stellt sich in die Steigbügel und brüllt: « À Bedford! », und der ganze Stallhof wiederholt brüllend: « À Bedford! » Die großen Tore werden geöffnet, und mein Lord führt den Zug durch die überfüllten Straßen von Paris, wo die Menschen uns anstarren, als wir vorbeiziehen, und schreiend um Almosen bitten. Dann geht es durch das große Nordtor hinaus aufs Land in Richtung Ärmelkanal und von dort nach England, die unbekannte Küste, die ich mein Zuhause nennen soll.
Mein Lord und ich reiten am Kopf der Prozession, sodass wir uns nicht mit dem Staub plagen müssen, und sobald wir Paris hinter uns gelassen haben, meint mein Gemahl, wir seien sicher genug, um uns vor die Eskorte zu setzen. So reiten nur er und ich, Woodville und meine Hofdame im Sonnenschein, wie zum Vergnügen. Die Straße windet sich vor uns, viel befahren von englischen Händlern und Soldaten, die durch die englischen Besitzungen von der englischen Hauptstadt Paris zur englischen Burg in Calais ziehen. Am Rande des Waldes von Chantilly machen wir Rast, um zu Mittag zu essen. Dort haben sie hübsche Zelte aufgestellt und Wildbret zubereitet. Ich bin froh über die Stunde Rast im Schatten eines Baumes, doch ich freue mich auch, als es weitergeht und Woodville die Wachleute anweist, wieder aufzusitzen. Die Frage meines Gemahls, ob ich die Reise in der von Maultieren getragenen Sänfte fortzusetzen wünsche, verneine ich. Der Nachmittag ist sonnig und warm, und als wir in den grünen Schatten des Waldes von Chantilly eintauchen, treiben wir unsere Pferde zu einem Kanter an, und meine Stute ist begierig zu galoppieren. Mein Gemahl warnt mich lachend: «Gib acht, dass sie nicht mit dir durchgeht, Jacquetta.»
Ich lache auch, als sein großes Pferd anzieht, um Kopf an Kopf mit Merry zu galoppieren und wir immer schneller werden. Doch plötzlich kracht es, ein Baum stürzt auf die Straße vor uns, sämtliche Äste bersten wie mit einem Schrei, Merry bäumt sich erschrocken auf, und ich höre meinen Gemahl brüllen: « À Bedford! Vorsicht! Ein Hinterhalt!»
Ich klammere mich an die Mähne und fliege beinahe aus dem Sattel, drücke mich nach hinten, und Merry stürmt von dem Lärm verschreckt drauflos und geht mit mir durch. Ich ziehe mich in den Sattel, klammere mich an ihren Hals und beuge mich weit vor, und sie schießt zwischen den Bäumen hindurch, wirft sich nach rechts und nach links, flieht dahin, wohin ihre Angst sie treibt. Ich kann sie nicht lenken, deswegen gebe ich ihr die Zügel nach, und anhalten kann ich sie erst recht nicht. Irgendwann fällt sie in einen Trab, dann in den Schritt, und schließlich bleibt sie stehen.
Zitternd gleite ich aus dem Sattel und sinke zu Boden. Tiefhängende
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