Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mutter der Königin (German Edition)

Die Mutter der Königin (German Edition)

Titel: Die Mutter der Königin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
Vom Netzwerk:
aufzuschlitzen und die Gedärme herauszuziehen, damit man sein pulsierendes Herz und den zuckenden Magen mit seinem Blut herausgleiten sieht. Und dann hacken sie ihn in Stücke, trennen Arme und Beine ab, und seinen Kopf mit den entsetzt starrenden Augen schicken sie zur London Bridge, wo er auf einen Pfahl gesteckt wird, damit die Raben ihm die weinenden Augen auspicken.
    Thomas Southwell, mein früherer Beichtvater und Stiftsherr der St. Stephen’s Church, stirbt vor Kummer im Tower von London. Richard sagt, seine Freunde hätten Gift eingeschmuggelt, um ihm die Todesqualen zu ersparen, die Bolingbroke erleiden musste. Der Geistliche der Herzogin, John Home, wartet im Gefängnis auf seine Begnadigung. Und die stolze Herzogin wird zur öffentlichen Buße gezwungen.
    Die Frau, die mit einer goldenen Robe in London eingezogen ist, die Edlen des Königreichs im Gefolge, wird bis aufs leinene Unterkleid ausgezogen und ohne Schuhe hinausgeschickt, um mit einer brennenden Kerze um Westminster herumzugehen. Die Leute johlen über die Erste Lady des Königreichs, die nun im Dreck der Straße gedemütigt wird. Ich stehe auf den Stufen vor dem großen Tor des Westminster Palace und sehe sie vorbeigehen, den Blick auf die kalten Steine zu ihren bloßen Füßen geheftet. Sie schaut nicht auf, sieht weder mich an noch die Frauen, die sich einst darum gerissen haben, ihr zu dienen, und die jetzt lachend mit dem Finger auf sie zeigen. Sie hält den Kopf gesenkt, und ihr schönes dunkles Haar fällt ihr wie ein Schleier über das Gesicht und verbirgt ihre Schande. Die mächtigsten Männer des Königreichs haben eine Herzogin in den Staub gezerrt und sie hinausgeschickt, damit die gewöhnlichen Londoner sie bestaunen können. Sie haben so viel Angst vor ihr, dass sie das Wagnis eingegangen sind, eine der Ihren zu entehren. Sie sind so gierig, sich selbst zu retten, dass sie es für besser hielten, sie fallen zu lassen.
    Ihr Gemahl, der jetzt allgemein der «gute» Herzog Humphrey genannt wird, erklärt, er sei durch Zauberei zur Ehe verführt worden, und die Ehe wird schnellstmöglich für ungültig erklärt. Sie, die königliche Herzogin, die Gemahlin des Thronerben, ist nun eine überführte Hexe im Unterkleid; kein Mann wird ihr je wieder seinen Namen geben, und sie sperren sie für den Rest ihres Lebens hinter Gitter.
    Ich denke daran, wie ihr, als wir in Greenwich aus der Barke stiegen, ein schwarzer Hund folgte, ein Kampfhund, eine schwarze Dogge, und an den Geruch, der das Parfüm und das frisch gewaschene Linnen überdeckte, und ich denke, der schwarze Hund wird ihr im Peel Castle auf der Isle of Man treppauf und treppab folgen, während sie viele lange Jahre auf die Erlösung durch den Tod wartet.

[zur Inhaltsübersicht]
    Grafton, Northamptonshire
WINTER 1441–1444
    S obald wir uns bei Hofe entschuldigen können, gehen Richard und ich heim nach Grafton. Der Schrecken am Hofe wird durch den Tod der Hexe, die Entehrung der Herzogin und die allgemeine Stimmung der Hexenjagd nur weiter geschürt. Furcht vor dem Unbekannten greift in London um sich. Jeder, der sich seit Jahren dem Studium der Sterne widmet, der Bücher liest oder Metalle prüft, findet einen Grund, sich aufs Land zurückzuziehen, und Richard hält es für sicherer, wenn ich – mit meinen gefährlichen Ahnen – weit vom Hof entfernt bin.
    In Grafton gibt es viel zu tun. Nach dem Tod von Richards Vater hat Richard das Land und die Verantwortung geerbt, die es mit sich bringt, der Herr des kleinen Dorfes zu sein und der Wahrer des Friedens. Auch ich habe viel Arbeit. Wieder wird die Wiege auf Hochglanz poliert, und die Windeln werden gewaschen. «Ich glaube, es wird wieder ein Junge», sage ich zu meinem Gemahl.
    «Das ist mir egal», gibt er zurück. «Solange das Kind gesund und kräftig ist und du dich so fröhlich vom Kindbett erhebst, wie du dich hineingelegt hast.»
    «Ich werde einen Jungen entbinden», sage ich mit Gewissheit. «Und er wird eine Zierde des Landes und der Augapfel seiner Familie sein.»
    Er lächelt und versetzt mir einen zärtlichen Nasenstüber. «Du bist ein komisches kleines Ding. Was meinst du damit bloß?»
    «Und wir nennen ihn Anthony», fahre ich fort.
    «Nach dem Heiligen?», fragt mein Gemahl. «Warum nach ihm?»
    «Oh, weil er zum Predigen an den Fluss gegangen ist», erkläre ich. «Es gefällt mir, einen Heiligen zu ehren, der zu den Fischen gepredigt hat, die ihre Köpfe aus dem Wasser streckten, um ihm zuzuhören, und

Weitere Kostenlose Bücher