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Die Mutter der Königin (German Edition)

Die Mutter der Königin (German Edition)

Titel: Die Mutter der Königin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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fühlen sich betrogen: beim Friedensvertrag, bei der Mitgift und bei der kleinen Prinzessin selbst. Kein guter Beginn für eine Ehe.

    Sie wird in der Kapelle St. George im Palast von Tours heiraten, wo der Earl of Suffolk den König vertreten, mit ihr vor dem Altar stehen und ihre kleine Hand von ihrem Vater und dem französischen König entgegennehmen wird. Ihre Schwester Jolanthe wird am selben Tag heiraten. Ich weiß, dass sie aufgeregt ist, aber ich bin doch überrascht, als man mich zwei Stunden vor der Hochzeit in ihre Gemächer ruft und ich mich allein, ohne Dienstboten, mit ihr in ihrem Schlafgemach wiederfinde. Sie trägt das Hochzeitskleid aus weißem Satin, bestickt mit Margeriten in Silber- und Goldfäden, doch ihr Haar ist noch zu einem Zopf geflochten, und sie ist barfuß.
    «Meine Mutter sagt, Ihr besitzt eine Gabe», sagt sie schnell auf Französisch ohne jede Einleitung. «Sie sagt, alle Frauen Eures Hauses besitzen die Gabe der Vorhersehung.»
    Ich knickse, doch ich habe ein ungutes Gefühl. «Das erzählt man sich, Euer Gnaden, doch ich trage alle meine Hoffnungen und Ängste vor meinen Priester und vor Gott. Ich glaube nicht, dass es dem Menschen gegeben ist, in die Zukunft zu sehen, und schon gar nicht einer Frau.»
    Sie schreit auf und setzt sich aufs Bett, ohne auf ihr teures Kleid zu achten. «Ich will, dass Ihr eine Karte für mich zieht; ich will wissen, was die Zukunft bringt.» Sie klopft neben sich aufs Bett, damit ich mich zu ihr setze.
    Ich komme der Aufforderung nicht nach. «Hat Eure Mutter das vorgeschlagen?»
    «Nein, sie weiß nichts davon, es ist ganz allein meine Idee. Kommt, setzt Euch neben mich.»
    «Ich kann nicht», erwidere ich, ohne mich zu rühren. «Der Hof von England missbilligt Voraussagungen und Horoskope. Die Karten sind gewiss auch nicht erwünscht.»
    «Der Hof von England wird es nie erfahren», erwidert sie. «Nur wir beide wissen es.»
    Ich schüttele den Kopf. «Ich wage es nicht.»
    Sie setzt ein störrisches Gesicht auf. «Wenn ich es befehle, müsst Ihr es tun. Ihr seid meine Hofdame, Ihr müsst tun, was ich sage.»
    Ich zögere. Wenn William de la Pole, Earl of Suffolk, hört, dass ich die Prinzessin verärgert habe, stecken wir in ernsten Schwierigkeiten. «Natürlich ist es mein Wunsch, Euch zu gehorchen, Euer Gnaden. Doch was ist, wenn Ihr mich um etwas bittet, das Euer Gemahl, unser König, missbilligt? Ihr müsst verstehen, dass mich das in eine schwierige Lage bringt. Was soll ich dann tun?»
    «Oh, dann müsst Ihr tun, was ich befehle», sagt sie schlicht. «Denn der König wird es nie erfahren, niemand wird es je erfahren. Ich setze meinen Willen durch. Ich bestehe darauf.»
    Ich knie nieder, senke den Kopf und verfluche sie insgeheim dafür, dass sie so ein verwöhntes Gör ist. «Verzeiht, Euer Gnaden, aber das kann ich nicht.»
    Sie zögert. «Gut, dann heirate ich nicht», erklärt sie. «Ihr könnt hinausgehen und ihnen sagen, dass Ihr Euch geweigert habt, mich für die Hochzeit vorzubereiten, und ich deswegen nicht heiraten werde. Es wird keine Hochzeit geben.»
    Ich schaue lächelnd auf, doch es ist ihr bitterernst.
    «Ich scherze nicht», sagt sie. «Entweder legt Ihr mir die Karten, oder ich heirate den König nicht. Ich bestehe darauf, meine Zukunft zu sehen, ich muss wissen, dass dies das Richtige ist. Ich tue keinen Schritt, bevor ich nicht gesehen habe, was die Zukunft für mich bereithält.»
    «Ich habe keine Karten», entgegne ich.
    Mit einem Lächeln hebt sie das Kissen hoch und drückt mir einen Packen wunderschön kolorierter Karten in die Hand. «Tut es», sagt sie einfach. «Ich befehle es Euch.»
    Behutsam mische ich die Bilder und überlege währenddessen, was wohl geschieht, wenn sie eine schlechte Karte zieht. Ist sie so eine halsstarrige Närrin, dass sie die Hochzeit dann absagt? Ich gehe die Karten im Geiste durch und überlege, ob ich diejenigen, die auf schlechte Aussichten deuten, verstecken kann. «Was ist, wenn wir eine schlechte Karte ziehen?», frage ich. «Was geschieht dann?»
    Sie legt eine Hand auf die meine. «Ich werde heiraten, und ich werde niemals jemandem verraten, dass Ihr mir die Karten gelegt habt», verspricht sie. «Aber dann weiß ich im Voraus, dass ich mich in Gefahr begebe und welche Gefahr es sein wird. Dann kann ich auf der Hut sein. Ich möchte wissen, was mich erwartet. Wenn ich im nächsten Jahr im Kindbett sterbe, möchte ich es wissen. Wenn mein Vater und mein Gemahl gegeneinander Krieg

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