Die Mutter
fragte er sich, ob das der Grund war, weshalb er so viel rauchte: Was als dringendes Bedürfnis begonnen hatte, diesen widerlichen, erdrückenden Parfümgeschmack in seinem Mund loszuwerden, hatte sich in eine maßlose Zwei-Schachteln-pro-Tag-Sucht verwandelt. Und dennoch gab es Zeiten, in denen er schwören könnte, ihr Parfüm noch immer zu schmecken.
Er vermutete, dass Gloria wusste, wie sehr er diesen Duft hasste, und sich absichtlich stärker einsprühte, nur, um ihn in Rage zu bringen. Wahrscheinlich kaufte sie absichtlich eine große Flasche und badete in dem Zeug, bevor er kam.
»Schlampe«, murmelte Bill.
Das Klingeln seines Telefons durchschnitt die durchdringenden Klänge von Credence Clearwater Revivals >Down on the Corner<. Er stellte das Radio leiser, griff nach seinem Handy und klemmte es zwischen seine Schulter und sein Kinn, sodass er gleichzeitig sprechen und rauchen konnte.
»Bill Singleton?«
»Dad, wie lange noch?«
Bill lächelte. Dies war der erste von vielen Anrufen seines zehnjährigen Sohnes am heutigen Tag.
»Ich bin noch nicht mal an der Grenze, Kumpel.«
Mark wusste, wie lange die Fahrt von Melbourne nach Sydney dauerte, inklusive Pinkel- und Essenspausen, aber der Kleine war jedes Mal so aufgeregt, wenn sein Dad ihn in den Ferien für zwei Wochen wieder zu sich nach Melbourne holte, dass er alle paar Stunden anrief, um nach Bills voraussichtlicher Ankunftszeit zu fragen.
»Ich hoffe, du rauchst nicht.«
»Natürlich nicht.« Bill nahm einen Zug und blies einen Rauchkringel aus. »Ich hab aufgehört zu rauchen, das hab ich doch versprochen.«
»Hast du nicht.« »Hab ich doch.« »Schwörst du's?« »Wie immer.« »Daaaaaad!«
Bill kicherte. Ein alter Scherz, den sich Bill schon x-mal mit Mark erlaubt hatte. »Okay, du hast mich erwischt. Ich rauche eine Zigarette. Aber nur die eine.«
Marks Antwort war ein langer Seufzer. »Du hast versprochen, dass du aufhörst. Ich hasse diesen ekligen Geruch.« »Das weiß ich doch, Kumpel. Ich hör morgen auf.« »Sicher.«
»Warst du heute Morgen schwimmen?« »Ja, aber unser Pool ist scheiße. Er ist zu klein.« Bill lachte. »Solche Wörter lässt du deine Mum besser nicht hören. Ist sie da?« »Sie ist oben. Sie badet. Soll ich sie holen?« Bill dachte: Wir wollen doch die Prinzessin nicht beim Baden stören.
»Nein, schon okay. Ich sehe sie noch früh genug.« »Ich kann's kaum erwarten, in deinem Pool zu schwimmen. Der ist viel besser.«
Da konnte Bill nicht widersprechen. »Er ist sauber und einsatzbereit. Ich hoffe, du bist schon stubenrein.« »Dad, das ist eklig.«
»Alles an mir ist eklig, wenn man dich so hört.« »Nur das Rauchen.«
»Na ja, wenn du willst, kann ich auch wieder umdrehen. Ich will ja nicht, dass du dich ekelst.«
»Nein«, sagte Mark sofort, und dabei lag ein Anflug von Angst in seiner Stimme.
»Hey, ich mach doch nur Spaß«, versicherte Bill, überrascht, dass Mark seine gespielte Drohung so ernst genommen hatte. Manchmal vergaß er einfach, wie jung Mark noch war. Er war zwar ein cleverer Junge, aber trotzdem.
»Ich bin in ungefähr acht Stunden da, okay? Mit ekligem Auto und allem Drum und Dran.«
»Okay. Beeil dich. Mir ist langweilig.«
»Ich versuch's. Bis später, Kumpel.«
»Tschüss, Dad.«
Mark legte auf. Bill steckte sein Nokia wieder ins Ladegerät.
Mark würde in drei bis vier Stunden wieder anrufen; vielleicht auch früher, wenn er so über das Verhalten des Jungen in letzter Zeit nachdachte.
Ich hoffe, es geht ihm gut, dachte Bill, und ihn beschlich wieder dieses leise Gefühl der Sorge, das er neuerdings jedes Mal verspürte, wenn er mit seinem Sohn sprach oder ihn sah.
Er rauchte die Zigarette zu Ende, drückte sie im Aschenbecher aus, sodass der kleine Berg gekrümmter Zigarettenstummel noch ein wenig weiter wuchs, und drehte das Radio wieder auf. Es lief die lange Version von >Light my Fire<.
Irgendwie passte der Song - bei all den Bäumen am Rand des Freeways und der sengenden Sonne lag ein Feuer immer im Bereich des Möglichen.
Er trommelte beim Instrumentalteil des Songs mit den Fingerspitzen auf dem Lenkrad und war so in den hypnotisierenden Klängen von Manzareks Keyboard gefangen, dass er die Frau beinahe übersah, die am Straßenrand entlangtrottete. Er nahm sie nur noch aus dem Augenwinkel wahr.
Sein erster Instinkt war, weiterzufahren. Es gehörte nicht zu seinen Gewohnheiten, Anhalter mitzunehmen, und er wollte zügig weiter nach Sydney. Aber dann dachte er
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