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Die Mutter

Die Mutter

Titel: Die Mutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brett Mcbean
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Aufmerksamkeit nicht so häufig oder so ausgedehnt, wie ich es mir gewünscht hätte.
    Ich sagte, meine Eltern seien Zigeuner gewesen. Das waren sie auch, aber nicht im coolen Sinne des Wortes: Sie trugen keine Perlen und Klamotten aus dem Secondhand-Laden oder hausten im Wohnwagen. Nein, ich meine damit, dass es ihnen gefiel, umzuziehen. Mir kam es vor, als ob wir jeden zweiten Tag an einem anderen Ort wohnten. Ich hatte keine Ahnung, weshalb sie so oft umzogen - ich weiß es heute noch nicht; ich schätze, es lag daran, dass sie keine sehr glücklichen Menschen waren und hofften, ihren Frieden zu finden, wenn sie woanders lebten. Sie mochten einander, aber sie liebten sich nicht Vielleicht war mir das nicht richtig bewusst, aber ich spürte es schon, als ich erst fünf war. Wenn ich an ihre Beziehung zurückdenke, dann kommt es mir vor, als seien sie eher Partner, Freunde oder Kumpel gewesen, kein
    Liebespaar - zumindest habe ich es so gesehen. Ich stand ihnen nie nahe genug, um sie zu fragen, und als ich sechzehn war, haben wir uns überwarfen.
    Aber ich greife vor- ich habe ja noch nicht einmal erzählt, wo ich geboren wurde.
    Ich wurde 1968 in Canterbury, New South Wales, geboren, aber wir sind dort nicht lange geblieben. Als ich zwei war, zogen meine Eltern nach Queensland - an die Gold Coast, um genau zu sein. Meine Mutter war Hausfrau, mein Vater verkaufte Versicherungen. Aber nach drei fahren Spaß unter der Sonne Queenslands zogen wir wieder weiter, dieses Mal nach Neuseeland.
    Ich war alt genug, um zur Schule zu gehen, und so kam ich in einem neuen Land in die Vorschule. Ich blieb nicht lange genug dort, um Freunde zu finden - nach nur sechs Monaten verdufteten wir wieder nach New South Wales, dieses Mal nach Sydney. Hier blieben wir von allen Stationen am längsten - sechs Jahre - und auch wenn ich tatsächlich ein paar Freunde fand, waren es keine engen Freundschaften. Niemand kam mich je nach der Schule oder am Wochenende besuchen
    Ich war kein besonders schüchternes Kind und wurde von den anderen Kindern auch nicht gehänselt. Die anderen Mädchen (und ein paar von den Jungs) sagten mir sogar, dass ich hübsch sei, aber ich selbst habe mich nie als etwas Besonderes empfunden. Ich war schlank, aber nicht zu dünn, mit olivefarbener Haut (dank meines italienischen Vaters), blondem Haar (dank meiner englischen Mutter) und grünen Augen. Der Grund dafür, dass ich kein Sozialleben hatte, war, dass ich einfach nirgends reinpasste. Ich betrachtete die Welt ein wenig anders als die anderen Kinder. Statt eine Puppe oder eine Star-Wars-Figur im Schulprojekt vorzustellen, referierte ich über ein Stück Tierknochen, das ich auf dem Schulweg gefunden hatte, oder über eine Speisekarte aus dem italienischen Restaurant, das meine Eltern zu der Zeit führten. Ich besaß nie Spielsachen - ich war nie lange genug an einem Ort, um welche anzusammeln. Davon abgesehen, so sagte jedenfalls mein Vater immer, nahmen Spielsachen nur unnötig Platz im Koffer weg, und außerdem - ich sollte mich nicht an materiellen Besitz klammern.
    Mit etwa zehn Jahren begann ich mich langsam für die » dunkle Seite« zu interessieren. Ich sah mir alte Gruselfilme an - Frankenstein war mein Liebling, und Hitchcock. Als ich elf war, entdeckte ich Stephen-King-Romane. The Shining war mein Erster.
    Ich neigte außerdem dazu, zu sagen, was ich dachte - ich schätze, man könnte sagen, ich war unverschämt, aber ich war niemals arrogant. Ich sagte nie etwas, um absichtlich jemanden zu verletzen oder niederzumachen. Wenn ich in der Schule Ärger bekam oder Streit mit einem der anderen Kinder hatte, regten meine Eltern sich nicht darüber auf - sie waren nicht sehr streng. Sie sagten mir nur, ich solle anderen Menschen gegenüber immer höflich sein, und dann kümmerten sie sich wieder um ihr Restaurant.
    Meine Eltern mögen nicht streng gewesen sein, aber sie waren große Kirchgänger. Egal, wo wir wohnten, wir besuchten immer den Gottesdienst. Sie waren beide katholisch erzogen worden, so dass aus mir, selbstverständlich, auch eine Katholikin wurde. Ich wurde getauft, feierte meine Erstkommunion und meine Firmung - ich trug sogar eine Halskette mit Kreuzanhänger.
    Aber ich war ein Katholik im Konflikt. Ich hatte in der Frage, wie ich erzogen wurde oder woran ich glauben sollte, nie ein Mitspracherecht. Das hatte mich schon immer gestört, auch, als ich noch sehr jung war. Ich ging jeden Sonntag mit meinen Eltern zur Messe, sang alle Lieder

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