Die Mutter
mit und sprach alle Psalmen, aber sie bedeuteten mir nichts. Dort sprachen die Menschen darüber, was es bedeutete, Christ zu sein, über Gemeinschaft und Nächstenliebe, aber anschließend gingen wir wieder nach Hause und dort fühlte ich mich weder geliebt noch erwünscht, und auch zwischen meinen Eltern sah ich keine Liebe. Das verwirrte mich. Ich fürchtete Gott eher, als dass ich ihn liebte oder verehrte, und oft lag ich nachts im Bett und fürchtete mich vor der Hölle.
Als ich zwölf war, zogen wir erneut um, nach Hobart Auf eine Zwölfährige wirkte es wie der langweiligste, rückständigste Ort der Welt, aber glücklicherweise blieben wir nicht lange in Tasmanien. Als ich dreizehn war, zogen wir nach Adelaide. Meine Eltern eröffneten ein Café und ich wurde auf eine katholische Mädchenschule geschickt. Das war, bis zu jenem Zeitpunkt die schlimmste Zeit meines Lebens. Ich hasste die versnobten Mädchencliquen in
der Schule. Meine Eltern sah ich kaum. Man sollte meinen, dass sei ein schöner Nebeneffekt für einen Teenager, aber wenn man von der Schule nach Hause kommt und fast jeden Tag Geld und einen Zettel auf dem Tisch findet, auf dem steht: »Hol dir was beim Imbiss, wir kommen heute spät nach Hause, tut mir leid, Mum«, legt sich der Reiz des Neuen schon bald.
Ich hatte nicht oft Ärger, aber Mum und Dad waren nicht sonderlich begeistert von meinem wachsenden Interesse an Horrorgeschichten. Mum hasste vor allem den Film Der Exorzist, und meine Eltern hatten keine Ahnung, dass ich Jack Ketchum und Richard Laymon las. Aber abgesehen von meiner Vorliebe für die dunkle Seite, machte ich keine großen Probleme - nicht, bis ich sechzehn wurde und Burt Rhodes kennenlernte.
Wir wohnten nach wie vor in Adelaide und ich ging noch immer durch die Hölle einer reinen Mädchenschule. Mit sechzehn ließen mich meine Eltern allein ins Kino gehen - ich schätze, sie waren erleichtert, dass ich aus dem Haus ging, während sie im Café arbeiteten. Eines Abends schaute ich mir Freitag, der 13. - Das letzte Kapitel an. Im Kino saß eine Meute großmäuliger Jungs, die bei den gruseligen Stellen lachten und an den lustigen Stellen kreischten - Sie können sich sicher vorstellen, wie sie sich bei den Sexszenen benahmen. Ich wurde richtig wütend auf sie, drehte mich um und sagte ihnen, sie sollten verdammt noch mal die Klappe halten, sonst würde ich mir eine Machete holen und sie ihnen da reinstecken, wo sich nicht einmal Jason hinwagen würde. Danach waren sie still - zwar nicht totenstill, aber immerhin so weit, dass ich mir den Film in Ruhe zu Ende anschauen konnte.
Hinterher kam einer der Jungs zu mir und sprach mich an. Er war klein, ziemlich dünn, trug zerrissene Jeans und hatte kurzes Haar und eine Stoppelfrisur; während wir uns unterhielten, wirkte er nervös und unbeholfen, aber aufrichtig. Wie falsch ich doch mit dieser letzten Einschätzung lag. Ohne das Ganze zu einer Shakespeare-Tragödie oder einer Folge Beverly Hills, 90210 aufbauschen zu wollen, gebe ich Ihnen einen kurzen Überblick über das, was passierte, nachdem ich Burt kennengelernt hatte: Wir wurden ein Paar, meine Eltern waren dagegen, sie erwischten uns beim Sex, sie warfen mich raus, wir
zogen nach Melbourne, Burt wurde gewalttätig, ich wurde schwanger, ich verließ Burt.
Ich habe ja gesagt, ich mache es kurz.
Also gut, Sie sind neugierig und wollen ein paar mehr Details.
Eigentlich gibt es nicht viel mehr zu erzählen, aber bitte:
Burt war ein Jahr älter als ich und machte eine Ausbildung zum Mechaniker. Er lebte bei seinem Dad - die Mutter war an einem Herzleiden gestorben, als Burt acht gewesen war (zweifellos war das Zusammenleben mit diesem Mistkerl von Ehemann die Ursache). Meine Eltern hatten von Anfang an etwas gegen Burt. Sie konnten zu der Zeit nichts Falsches oder Böses an ihm erkennen, sie lehnten in einfach aus Prinzip ab. Abgesehen davon, dass er nicht katholisch war (er war überhaupt nicht religiös), fanden sie, er habe keinerlei Zukunft (will sagen: arm und aus labilem Elternhaus). Kurz gesagt, sie hielten ihn für ein faules Ei, nicht gut genug für ihre kleine Prinzessin - als ob sie sich je wirklich für mich interessiert hätten! Wäre Burt hingegen aus einer reichen, »normalen«, religiösen Familie gekommen und groß, redegewandt und ... langweilig gewesen, bin ich mir sicher, dass meine Eltern ihn gemocht hätten. Er war jedoch nichts von alledem, und genau deshalb blieb ich mit ihm zusammen.
Ich
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