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Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Titel: Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seth Grahame-Smith
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er:
    Er hat etwas Dunkles an sich, das mich nervös macht. Wenn er die Gedanken anderer lesen kann, was hält ihn dann davon ab, meine zu lesen? Wenn er Blitze vom Himmel herbeirufen kann, was hält ihn dann davon ab, mich mit einem zu erschlagen? Was nützt einem eine Waffe, wenn man sich ihrer nicht ohne Angst bedienen kann?
    44 v . Chr. befahl Caesar in seiner Paranoia, dass seine »Waffe« fortgeschickt wurde. Doch vor dem Exil gab ihm der Magier einen letzten Rat: »Die Iden des März«, sagte er. »Hüte dich vor den Iden des März.«
    Caesar ignorierte die Warnung. Und just in dem Jahr, am fünfzehnten Tag des dritten Monats, wurde er im Senat niedergestochen. Letztlich war er zu ängstlich gewesen, die Waffe einzusetzen, die ihn erwählt hatte. Zu schwach.
    Doch Augustus teilte diese Schwäche nicht. Als Augustus von der Ermordung seines Onkels erfuhr, hatte er sofort den Magier zu sich gerufen und ihn zur Treue verpflichtet. Langsam, überlegt hatte er seine Macht im Reich konsolidiert – indem er sich der Einsicht und des Einflusses des Magiers bediente, um gegen seinen Rivalen Marcus Antonius und die ägyptische Hure Kleopatra vorzugehen. Er kämpfte mithilfe der Macht des Magiers gegen sie, bis ihnen nichts anderes übrigblieb, als sich feige und ehrlos das Leben zu nehmen. Und um sicherzustellen, dass seine Vorherrschaft nicht wieder angefochten würde, erteilte er den Befehl, ihre Kinder zu töten.
    Mit visionärer Kraft und List hatte er erreicht, worin sein Onkel versagt hatte. Er hatte Roms ganze Herrlichkeit für sich beansprucht. Und solange der Magier weltabgeschieden in Rom lebte, wusste Augustus Caesar, dass das Kaiserreich nie untergehen würde.
    Doch das lag mittlerweile alles in der Vergangenheit, und nur Kleingeister lebten in der Vergangenheit.
    Die Zukunft hatte soeben den Thronsaal des Augustus betreten. Hier war Pontius Pilatus, kniete vor ihm, und sein geneigter Kopf spiegelte sich im polierten Marmor des Bodens.
    Der schöne Pilatus. Der treue, geliebte Pilatus, der die Bitte eines kranken, verräterischen alten Königs überbrachte.
    Herodes »der Große«. Der Name hatte Augustus schon immer ein höhnisches Grinsen entlockt, selbst noch vor seinem eigenen Aufstieg zum Herrscher der Welt. Was war dieser »große« Mann schon anderes als ein Lakai Roms? Ein Folterknecht seines eigenen Volkes und Mörder seiner eigenen Kinder? Ja, auch Augustus hatte Kinder umbringen lassen. Doch es waren die Kinder seiner Feinde. Die eigenen Kinder zu ermorden? Das war barbarisch.
    Er lauschte der Botschaft, die Pilatus überbrachte. Etwas von einem Baby. Einer Prophezeiung. Jemandem namens »der Geist von Antiochia«. Als Pilatus geendet hatte, sagte Augustus nach kurzem Überlegen: »Er will, dass ich ein Heer über das Meer schicke … um ein Kind zu töten?«
    »Der Geist von Antiochia ist der eigentliche Preis, Caesar. Er hat zahllose Reichtümer aus unseren Provinzen geraubt. Hat zahllose unserer Leute umgebracht. Wenn wir …«
    Augustus hob eine Hand. Aufhören.
    »Du sagtest, die Bewohner Judäas halten diesen ›Geist‹ bereits für tot, nicht wahr?«
    »Ja, Caesar.«
    »Pilatus … was nützt es, einen Mann zu töten, der längst tot ist? Wo liegt da der Ruhm für Rom?«
    Pilatus konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Er kannte seinen Kaiser gut. Nach einer theatralischen Pause brachte er den Satz hervor, den er sich auf dem Weg in den Palast sorgfältig zurechtgelegt hatte. Er wusste, dass er ihn vorbringen musste, sobald seine Argumentation in dieser Hinsicht in Frage gestellt wurde:
    »Bei allem Respekt, Caesar, hierbei geht es weniger um den Ruhm Roms, als vielmehr darum, dem König von Judäa etwas begreiflich zu machen.«
    Nachdenklich verlagerte Augustus das Gewicht auf dem Thron. Ihm gefiel die Vorstellung nicht, so viel Aufhebens um einen Dieb und ein Baby zu machen.
    Doch Pilatus hat recht … hier bietet sich eine Gelegenheit.
    »Na schön«, sagte Augustus. »Ich werde den Säugling und den Dieb für Herodes fangen. Allerdings nicht, weil Herodes mich darum bittet, und nicht, weil sie Rom Schaden zugefügt haben. Ich werde sie fangen, weil Herodes es nicht kann. Und auf diese Weise werde ich unserem kränklichen Freund ins Gedächtnis rufen, wie klein er in Wirklichkeit ist.«
    Ein gewöhnlicher Kaiser hätte Truppen losgeschickt und es dabei bewenden lassen. Doch Augustus hatte kein Interesse daran, ein gewöhnlicher Kaiser zu sein. Er würde mehr tun, als Truppen zu

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