Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition)

Titel: Die myrrhischen drei Könige: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seth Grahame-Smith
Vom Netzwerk:
entsenden. Er würde seine Macht in all ihrer Pracht zur Schau stellen. Den Marionettenkönig von Judäa in Todesangst versetzen.
    Er würde den Magier schicken.

Melchyor und Josef tränkten die Kamele und füllten die Feldflaschen in dem Wüstenbach, während Maria mit dem Kind unter ihrem Gewand im Sand saß. Balthasar kniete ein Stück weiter flussabwärts und schöpfte Wasser mit der hohlen Hand – erst an seinen Mund, dann über sein Gesicht und die Brust, um das Blut abzuwaschen, das weiterhin durch die Nähte seiner Wunde sickerte.
    »Das ist Wahnsinn«, sagte Caspar, der herübergekommen war und sich neben ihn kniete. »Das gesamte judäische Heer ist hinter uns her, aber wir spielen Amme für ein Baby. Wir könnten schon auf halbem Weg nach Ägypten sein, wenn wir sie nicht mit uns herumschleppen würden. Es ist zu gefährlich, Balthasar. Wir müssen an uns denken.«
    »Ich denke an mich. Ich hatte Durst. Wir haben Wasser gefunden. Ich habe angehalten.«
    »Du weißt, was ich meine.«
    »Ich weiß.« Er schöpfte eine weitere Handvoll Wasser über seine Wunde. »Ich weiß aber auch, was ich in Bethlehem gesehen habe. Was wir alle gesehen haben. Willst du sie den Leuten des Herodes überlassen?«
    »Ja, ich habe es gesehen. Und das Gleiche wird uns widerfahren, wenn man uns schnappt. Ich bin nicht dem sicheren Tod entronnen, um mein Leben für völlig Fremde wegzuwerfen.«
    »Mir gefällt es auch nicht, okay? Aber ich bin nicht für dieses Baby umgekehrt, bloß um es in der Wüste verrotten zu lassen. Sobald wir über die ägyptische Grenze sind, gehen wir getrennter Wege. Bis dahin spielen wir die Amme.«
    Balthasar stand auf, schüttelte sich das Wasser von den Händen und trocknete sie an seiner Kleidung ab.
    »Wieso kümmert es den Geist von Antiochia, ob ein Säugling lebt oder stirbt?«, fragte Caspar.
    Das war natürlich eine dumme Frage. Die offensichtliche Antwort lautete: »Weil ich noch einen Rest Anstand besitze« oder »Die eigentliche Frage lautet, warum kümmert es dich nicht?« Doch Balthasar sagte weder das eine noch das andere, denn so offensichtlich diese Antworten auch waren, waren es doch nicht die richtigen Antworten.
    Mach schon, sag es ihm, Balthasar. Sag ihm, warum es dir so nahegeht. Warum du so sehr hasst, so viele tötest, so eifrig auf der Suche bist, als würde irgendetwas davon ihn zurück…
    »Stell dir die Frage«, riss Caspar Balthasar aus seiner Trance, »würdest du dein Leben dafür geben, um sie zu beschützen?«
    Balthasar sah zu Josef und Melchyor zurück, die ihre Mühe mit den Kamelen hatten. Zu Maria, die auf dem Boden hockte und das Baby unter ihrem Gewand stillte.
    »Nicht wenn es sich vermeiden lässt«, sagte er und ging fort.
    Pontius Pilatus starrte auf das offene Wasser des Mittelmeeres vor sich. Nur Stunden nachdem er im Thronsaal des Kaisers gekniet hatte, stand er am Bug der Heptares – eines großen Kriegsschiffes mit über tausend Mann an Bord – und führte eine Armada aus kleineren Triremen aus Rom an. Noch nie hatte er Wasser so schnell an einem Bug vorbeischießen sehen oder ein Segel erblickt, das voller gebläht war als das über ihm. Normalerweise würden die Hunderte Männer unter Deck einen Trommelschlag nach dem anderen übers Meer rudern. Doch heute konnten sie bloß mit ihren Rudern auf dem Schoß dasitzen, weil ein gleichbleibender Rückenwind sie schneller vorwärtstrieb, als Sterbliche je zu rudern hoffen konnten.
    Sicher war Pilatus sich nicht, aber er ahnte, woher dieser seltsame, gleichbleibende Wind kam. Der Magier war mit ihnen an Bord der Heptares , komfortabel in seinem Privatgemach unter Deck untergebracht. Und obwohl seine Kajütentür geschlossen war, konnte man sein Gemurmel hören. Er betete in einem merkwürdigen Mischmasch aus Latein und anderen Sprachen, und wiederholte dieselben Phrasen wieder und wieder in einer Art Singsang. Pilatus hatte nicht alles ausmachen können, doch als er das Ohr neugierig an die Tür des Magiers legte, hörte er unter anderem ein sich wiederholendes Wort: ventus .
    Wind .
    Der Kaiser hatte Pilatus in Rom ins Vertrauen gezogen und ihm die geheime Geschichte der Caesaren und der Magier erzählt, von deren Kräften und der Rolle, die sie bei der Erschaffung des Kaiserreiches gespielt hatten, und davon, was über die Ursprünge und den Niedergang ihres Kultes bekannt war. Und als Augustus fertig war, rief er den Magier in seinen Palast und stellte ihn dem jungen Offizier vor.
    Pilatus hatte sein

Weitere Kostenlose Bücher