Die nachhaltige Pflege von Holzböden
und Hefe blubberte mir im Magen.
Ich drehte den Kopf weg. Connie war schön, ihre Lippen schimmerten feucht im suggestiv roten Licht. Sie war so schön, und wenn das alles hier sie abstieÃ, gelang es ihr hervorragend, es zu verbergen. Ich wollte mich frei fühlen. Ich wollte die Möglichkeit haben zu wählen. Stattdessen fühlte ich mich an viele Fäden geknüpft, jeder von ihnen an einer Handlung in der Vergangenheit und einem Resultat in der Zukunft befestigt. Das Bier half mir nicht so, wie ich gehofft hatte â es hatte mich angeschwindelt. Ich dachte an Fermentierung, Hefe, Gase, mikrobiologische Prozesse. Dazu noch der viele Wein, gefährlich nah am Ãberschwappen. Die Fäden zerrten alle zugleich an mir.
»O Gott«, murmelte ich, »Michael, ich glaube, ich â¦Â«
Mir war hundeelend. Meine Eingeweide verflüssigten sich. »O Gott«, ächzte ich noch mal, stand auf und schob mich an Connie vorbei aus der Nische. »Tut mir leid, ich muss gehen. War alles ganz super. Ich bin ziemlich betrunken. Und müde. Sehr, sehr müde â¦Â« Ich wollte nicht sprechen. Sprechen, etwas vorbringen, war ein Risiko. Ich lieà ein paar Scheine auf dem Tisch zurück, mehr als genug. Dann machte ich, dass ich rauskam.
Im Flur roch es nach Putzmitteln. Es roch nach Oskars Bad. Ich wollte auf der Stelle in diesem Bad sein. Panisch schnappte ich mir meine Jacke und wandte mich zur Treppe.
Ein munteres Bächlein floss die Stufen hinab in den Club und gluckerte in einen Gulli. Der Korridor war eine Art Ãberlaufrinne! Und oben tobte ein Regenguss von biblischen AusmaÃen, eine Sintflut, die Pflastersteine wegzuschwemmen und StraÃenlaternen auszulöschen drohte. Sofort war ich durchnässt bis auf die Haut, und es war mir egal. Ich musste so schnell wie möglich in Oskars Wohnung zurück, alles andere war unwichtig. Die Fäden zerrten an mir, und zwar hauptsächlich an meinem Magen.
Ich schwankte und stolperte durch die StraÃen, nur vom Instinkt geleitet, durchweicht, rutschte immer wieder auf den kippeligen Steinplatten der Gehsteige aus. Auf einmal gaben die Beine unter mir nach, und ich taumelte gegen eine raue Hauswand. In mir war eine furchtbare Schlacht verloren worden. Ich stieà entsetzlich auf, beugte mich vor und würgte. Ein roter Schwall schoss heraus und vermengte sich mit den Pfützen. Dann kam schon der nächste, heià und sauer. Und noch mal. Ich stützte mich an der rauen Wand ab, umgeben von Wasser, die FüÃe fast bis zu den Knöcheln überflutet. Wie ein Reibeisen fühlte sich der Verputz unter meiner Hand an, die vor Kurzem noch warm und trocken auf Connies Brust geruht hatte. Wasser in meinen Schuhen, Wasser in meinen Ohren. War das alles wirklich erst vor Kurzem gewesen oder vor Stunden? Noch ein Würgen, zum letzten Mal, wie ich hoffte. Ich war völlig erledigt, aber der Kampf war vorbei, die Fäden zogen mich nur noch zum Bett hin und lieÃen meine Innereien in Ruhe.
Ich blickte auf. Geometrische Formen in Schwarz und Leuchtorange verflochten sich über mir. Der brutale Kulturpalast, eine Erkenntnis, die mir einen Freudenschluchzer abrang. Ich hatte gegen seine Mauer gekotzt, doch der Regen spülte schon alle Spuren meines Schwächeanfalls fort, löste alles in der Riesenpfütze auf, die den Palast wie ein Burggraben umgab. Mir fiel ein, was Michael über das allmähliches Absacken in den darunterliegenden Friedhofsgrund gesagt hatte.
Auf der anderen StraÃenseite stand im Lichtkegel einer Trambahnhaltestelle eine schweigende, reglose Gruppe von Leuten und blickte zu mir herüber.
Ich erinnerte mich an Connies Gesicht, das verwundert und leicht besorgt zu mir hochsah, als ich so plötzlich aufgesprungen war. Die längst verstorbenen Stadtplaner, so erschien es mir in dem Moment, hatten ihre Allee nur für mich angelegt. Schnurgerade wies sie mir den Weg.
FÃNFTER TAG
WeiÃes Rauschen. Diffuse Wahrnehmung, weit unterhalb der Hörschwelle, wie das Blut sich durch enge Adernkanäle zwängt. Ein dumpf pochender Rhythmus, die gedämpften Trommelschläge des Sklaventreibers, während die todesmatten Ruderknechte ihre Galeere durch einen Ozean aus Sirup quälen. Das Herz pumpt heiÃen, dickflüssigen Glibber anstelle von Blut. Zellen mühen sich durchzuhalten und sterben ab. Die Reizleitungen des Gehirns sirren wie Insektenkiller. Eine Kaskade neuronaler
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