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Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Titel: Die nachhaltige Pflege von Holzböden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Wiles
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meinen Kopf hoch, um ihr Gesicht zu inspizieren. Ein dunkler Blutstropfen war unter ihrer Nase getrocknet, und das kurze weiße Fell um die Schnauze zeigte Spuren von Weinrot. Ihre erste Sause, und schon war sie nicht mehr von dieser Welt.
    Vorsichtig öffnete ich die Wohnungstür und horchte hinaus. Im Treppenhaus war es kalt und still. Falls meine Nachbarn zu Hause waren, verhielten sie sich wirklich sehr still. Man hörte weder Musik noch Fernseher, weder Geschirrklappern noch quengelnde Kinder. Seltsam, seit ich hier war, hatte ich noch nie jemanden im Haus gehört. Genauso gut hätte es leer stehen können. Bis auf die Hausmeisterin, die wöchentlich zum Putzen kam.
    Sie war nirgends zu sehen. Gegenüber wartete der Müllschlucker mit seiner abgeblätterten Metallklappe, wie eine Gefängnistür oder das Bullauge einer Waschmaschine. Ich erinnerte mich an die Waschmaschinen bei uns damals am College, klobige Dinger, denen ein chemischer Geruch anhaftete und deren Rumpeln tief im Bauch des Gebäudes dröhnte. Sie gaben eine feuchte Hitze ab, die den engen Waschkeller in eine Sauna verwandelte. Ständig tropfte dort das Wasser von der Decke, die jedes Jahr einen neuen gelblich weißen Anstrich bekam und an jedem Jahresende einen Ausschlag aus schwarzem Schimmel hatte. Trockner gab es keine – die Wäsche wurde auf Ständern in den Zimmern aufgehängt, die dadurch ebenfalls feucht wurden. Meine Sachen blieben oft auch einfach in der Wäschetasche zusammengeknüllt, wo sie ihren eigenen Schimmel ansetzten. Oskar pflegte immer etwas misstrauisch nach dieser rosa-weiß gestreiften Tasche zu äugen und die Nase zu rümpfen.
    Wieso dachte ich jetzt gerade daran? Proust’sche Verzögerungstaktik. Ich kam einfach nicht in Gang. Niemand im Treppenhaus, jetzt war der richtige Moment, mich von dem Kadaver zu befreien, dessen Fell in meiner Hand warm geworden war, während die Beinknochen darunter sich anfühlten wie etwas vom Metzger.
    Also los. Wenn ich noch länger wartete, würde der richtige Moment vorbei sein. Oder etwa nicht?
    Nein. Unschlüssig fixierte ich den Müllschlucker. Ich wusste genau, wie wenig Aufwand es kostete, dorthin zu gelangen. Ich konnte mir den ganzen Ablauf genau vorstellen – ein paar schnelle Schritte, Klappe auf, Katze rein, Katze loslassen, Klappe zu. Aber ich konnte natürlich auch ewig weiter so dastehen, mit dem toten Ding in der Hand.
    Los los los.
    Ein kleines Pendel in meiner Brust schlug den Takt, während ich auf den Treppenabsatz hinaustrat, und der Katzenkadaver pendelte im gleichen Takt an meiner Seite. Ich wollte das arme Ding nicht mehr ansehen müssen, in diesen letzten paar Sekunden unseres Zusammenseins, vor allem nicht mehr sein trauriges kleines Gesicht, während ich es dort hinunter zu dem anderen Abfall warf. Die Klappe des Müllschluckers öffnete sich mit einem einladenden Quietschen. Als ich die Katze hochhob, um sie auf die letzte Reise zu schicken, konnte ich es mir doch nicht verkneifen, noch mal hinzuschauen, und sei es nur der Pietät halber. Ich schloss den Müllschlucker noch mal ein Stück, um den Druck auf meinen anderen Arm zu verringern, der die starke Feder im Klappmechanismus am Zurückschnappen hindern musste, und warf einen Blick auf den mickrigen Leichnam. Das Fell wirkte stellenweise abgewetzt und ließ die graurosa Haut darunter durchschimmern. Die Augen waren fast geschlossen. Süß war die Katze nicht mehr.
    Vorsichtig fädelte ich ihre Vorderpfoten unter der Klappe ein, schob den schlaff baumelnden Kopf nach, versetzte dem Ganzen noch einen kleinen Schubs und ließ los.
    Ein paar Katzenhaare klebten noch an meinen Handflächen. Ich klatschte in die Hände, um sie abzustreifen, während ich mich zu Oskars Wohnungstür umwandte – da sah ich die Hausmeisterin unten an der Treppe stehen und zu mir hinaufstarren, Mund und Augen kreisrund aufgerissen.
    Keiner von uns rührte sich. Wie viel hatte sie gesehen? Ihrer Miene nach musste sie es ziemlich schlimm gefunden haben. Aber hatte sie es überhaupt richtig erkennen können? Alles war sehr schnell gegangen, und sie hatte sicher noch nicht dort gestanden, als ich aus der Wohnung trat. Da sie kaum mehr als meinen Rücken erspäht haben konnte, würde es mir nicht schwerfallen, mich (wem gegenüber?) zu rechtfertigen: Sie habe nur eine Plastiktüte gesehen und nicht das, was sie

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