Die nachhaltige Pflege von Holzböden
jedenfalls einkalkuliert. Würde er da nicht auch auf seine typische Weise vorgesorgt haben, mit einer Versicherung, einem spezifischen Reinigungsmittel, vielleicht gar einem so effizienten, dass es einen Schaden des jüngst entstandenen Kalibers wiedergutmachen könnte?
Ich inspizierte die unteren Regalbretter auf beiden Seiten der Kammer und entdeckte mit aufkeimender Hoffnung ein gelbes Staubtuch, das aus einem beigen Plastikkorb hervorschaute, zwischen Glühbirnen, in Plastikfolie verpackten Spülschwämmchen und einer Flasche Spiritus. Der Korb glitt in einer Wolke aus sauberem, süÃlich-chemischem Duft aus dem Regal hervor. Dominierend in dem Bouquet war ein kraftvoller, natürlicher Geruch, der die aufdringlich künstlichen Aromen der modernen Produkte souverän überlagerte. Ein unbeschreiblicher, urtümlicher Geruch, seltsamerweise jenem ähnlich, der einem Niesen folgt â der Geruch von Honig, und seine Quelle war offensichtlich: ein dunkelgelber Quader, so groà wie ein Goldbarren in einem Gangsterfilm. Ein Wort war in erhabenen Lettern daraufgeprägt: BIENENWACHS . Genau das Richtige, um Kratzer auf Möbeln und Böden zu reparieren. Und mittendrauf pappte ein Zettel.
Reinigungsmittel für Böden und Wohnung. Sollte der Boden beschädigt sein, ist Eile geboten. Im Regal mit den Architekturbänden steht ein Buch über die Pflege von Holzböden mit detaillierten Anweisungen zur Behebung kleinerer Schäden. Falls der Boden Schaden nimmt, musst Du mich auÃerdem anrufen. Zu jeder Zeit! Lass es mich wissen! â Oskar
Selbstverständlich würde er es wissen wollen, in allen Einzelheiten â wie es kam, dass der Boden ruiniert, das Sofa zerkratzt, die Katze tot war. Und am Wohlergehen der überlebenden Katze wäre er ebenfalls interessiert. Ich nahm eine Dose Katzenfutter aus dem Regal und kehrte in die Küche zurück.
Die Katze war offensichtlich ausgehungert. Sie wand sich durch meine Beine, stellte sich an mir auf und beschwerte sich unablässig miauend. Als ich den Dosenöffner aus der Schublade holte, sprang sie vor Ungeduld auf den Tresen. Ich setzte sie vorsichtig wieder hinunter. Als es noch zwei Katzen gab, hatten sie so unverwüstlich gewirkt wie Gummibälle; jetzt schien mir die übrig gebliebene furchtbar zerbrechlich. Der Ãffner vollendete seine Umrundung der Dose, und der Deckel hob sich über einem bräunlichen Glibber. Eine Dose hatte für zwei Katzen gereicht â sollte ich jetzt nur noch die Hälfte austeilen und den Rest wegschmeiÃen? Oder den Rest im Kühlschrank aufheben, unter einem armseligen, junggesellenhaften Fetzen knittriger Klarsichtfolie? Wenn ich ihr die ganze Dose gab, würde sie sich dann überfressen? Eigentlich hätte ich ihr keine haltlose Völlerei zugetraut, doch angesichts dessen, was ihrem Kumpel passiert war ⦠Begriff sie eigentlich etwas von den veränderten Umständen? Trauerte sie? Konnte es sein, dass ich Schock und Entsetzen als Hunger missverstand? Würde sie sich nun einsam fühlen?
Während ich den ganzen Inhalt der Dose in eins der Schälchen kippte, verschwamm mir alles vor den Augen, und ich merkte, dass ich weinte.
Als ich mit zwei frischen Biergläsern an unseren Tisch zurückkam, befürchtete ich immer noch, Oskar könnte in Tränen ausbrechen. Statt nachdenklich und zornig wirkte er jetzt vollkommen deprimiert. Ihm noch mehr Bier zu geben, war ein Risiko â es konnte ihn nur noch gefühlsduseliger machen. Doch er tat mir leid, so einsam und verlassen. Wie viele Freunde hatte er denn schon?
»Wo wirst du in L.A. wohnen? Kennst du da wen?«, fragte ich ihn.
»Im Hotel«, sagte Oskar. »Laura hat ein groÃes Haus, aber das wäre unpassend. Und die Leute, die ich dort kenne, sind alles ihre Freunde. Das macht nichts, ich geh gern ins Hotel. In L.A. gibt es sehr gute.«
»Hör mal«, versuchte ich ihn zu ermutigen, »wenn du mal mit jemandem reden willst, während du da drüben bist, kannst du mich jederzeit anrufen, ich möchte dir gerne helfen.«
Oskar presste sich ein Lächeln ab. »Du hilfst mir schon genug, wenn du die Wohnung hütest. Geredet worden ist schon zu viel, es bringt nichts, also müssen wir Schluss machen. Alles nur noch eine juristische Prozedur. Du mochtest sie nicht, stimmtâs?«
Ich zögerte. Der Weg vor mir war mit Landminen gespickt. Hier
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