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Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Die nachhaltige Pflege von Holzböden

Titel: Die nachhaltige Pflege von Holzböden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Wiles
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aus dem Gesicht gewichen. Mit rudernden Armen stemmte sie sich langsam wieder auf die Füße, unter sichtlichen Mühen und Schmerzen. Ich wollte den Mopp fallen lassen und hinstürzen, um ihr aufzuhelfen, konnte mich aber nicht rühren. Ich wusste selbst nicht, was mich lähmte – dann wurde mir klar, dass ich starr vor Angst war.
    Die Putzfrau war wieder auf den Beinen, aber unsicher. Undefinierbare Gefühle zeigten sich in ihrer Miene. Die ganze Wut im Raum war einer klammen, grauen Furcht gewichen. Die Haltung, in der die Putzfrau da vor sich hin schwankte, wirkte irgendwie seltsam. Sie schien es selbst zu bemerken, denn sie hob die Arme an und blickte auf ihr rechtes Bein hinab. Es sah aus wie ein Baumstamm in einem Plastikschlauch, aber ansonsten konnte ich nichts Ungewöhnliches daran entdecken. Sie offenbar auch nicht. Immer noch mit suchender Miene drehte sie sich langsam um.
    Ich glaube, ich sah es noch vor ihr, was da aus der Rückseite ihres rechten Schenkels ragte: der silberne Griff von Oskars kleinem Küchenmesser. Es hatte mit der Spitze nach oben im Besteckfach gesteckt – und nun war es tief in die Fett- und Muskelschichten des voluminösen Putzfrauenschenkels gebettet.
    Einen Moment lang regten wir uns beide nicht, und kein Laut war zu hören, obwohl unsere Münder offen standen. Diese Klinge, dieser metallische Auswuchs, war so absurd, so roboterhaft, dass man schon eine Weile brauchte, um sich daran zu gewöhnen. Ich zwinkerte irritiert: daran gewöhnen ? Sie hatte ein Messer im Bein, das war wohl nichts, was man in seinen normalen Tagesablauf integrieren konnte, oder?
    Schuldgefühle beschlichen mich. Hatte ich sie quasi per Fernsteuerung attackiert? Ich ließ die gerade vergangenen Ereignisse noch einmal Revue passieren wie ein von hinten nach vorn geblättertes Daumenkino und prüfte jedes Bild auf sein mögliches Schuldpotenzial.
    Â»Herrgott«, sagte ich. »Sind Sie okay?«
    Blöde Frage. Wenn irgendjemand nicht okay war, dann sie. Was ich meinte, war: Wie schlimm ist es denn? Soll ich den Notarzt rufen? Und wenn ja, unter welcher Nummer?
    Die Putzfrau kam wieder in Bewegung. Nur Sekunden waren vergangen, seit wir beide das Messer gesehen hatten, doch es hätten auch Wochen sein können. Farbe und Mimik waren in ihr Gesicht zurückgekehrt. Sie klappte den Mund zu und fasste nach dem Silbergriff. Ohne jedes Zögern zog sie die Klinge aus ihrem Bein. Wir zuckten beide zusammen. Sie gab keinen Laut von sich. Blut bedeckte die Klinge, signalrot, und tropfte – natürlich – auf den Boden.
    Sie blickte auf das rote Messer. Ich blickte auf die roten Tropfen, die da nebeneinander prangten wie ein Vampirbiss, und dachte daran, wie schnell mein Blut im Holz eingetrocknet war.
    Der Gedanke an neue Flecken weckte mich aus der seltsamen Trance, die uns beide gefangen hielt. Ich musste handeln. Ich tat einen Schritt vorwärts und senkte den Mopp, um das Blut damit wegzuwischen. Aber die Putzfrau kam auch in Bewegung, ging plötzlich wieder in Kampfstellung, und die Wut flackerte erneut in ihren Augen auf. Sie hielt das Messer jetzt anders – nicht mehr als bloßen Gegenstand, den sie zufällig zu fassen bekommen hatte, sondern als Waffe. Sie war wütend, und sie war bewaffnet.
    Benommen versuchte ich, den Verrücktheitspegel im Raum abzuschätzen. Hoch? Niedrig? Steigend? Fallend? Ein blutiges Messer war auf mich gerichtet, in den Fingern von jemandem, der mich hasserfüllt anstierte. Und doch wirkte die Möglichkeit, von diesem Messer, dieser Person erstochen zu werden, vollkommen abstrakt, ein Szenario von äußerster Unwahrscheinlichkeit.
    Â»Das Blut«, sagte ich, an sie als Putzfrau appellierend, »ich will nur das Blut aufwischen …« Ich schob den Mopp am Boden vor, erreichte die roten Tropfen, und die Putzfrau ging auf mich los.
    Eine unbeholfene Attacke, der anzusehen war, dass sie von Messerstecherei genauso wenig verstand wie ich – erst halbherzig ausgeholt, dann fahrig in die Luft gepiekt, war es dennoch gefährlich, und ich machte einen Satz zurück wie ein elektrisierter Frosch. Wild mit dem Messer fuchtelnd kam sie mir nach und schrie aus Leibeskräften, oder vielleicht war ich es, der schrie, oder alle beide. Instinktiv wehrte ich die Klinge mit dem Mopp ab und hatte Erfolg – die Messerspitze schrammte zwischen meinen verkrampft klammernden Händen über den

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