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Die Nachhut

Die Nachhut

Titel: Die Nachhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Waal
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Busch nennen, schon die Schiebetür auf und tut auf einmal wie verwandelt. Er lächelt freundlich, erkundigt sich nach Ottos Befinden, dann kommt er zur Sache: Sie hätten beschlossen, uns zu vertrauen (sie uns!). Allerdings, so fährt er fort, funktioniere das nur gegenseitig: Wenn wir ihnen unseren Unterschlupf zeigten, wäre das ein geeigneter Vertrauensbeweis. Dann hätten auch sie von ihren Vorgesetzten freie Hand, uns nach Berlin zu begleiten. Nur dort, in der Reichshauptstadt - er zögert kurz - würden wir die Klarheit finden, die wir suchen. Mit Berlin hat er Recht. Darauf haben wir uns intern auch längst verständigt. Aber sonst?
    Was sollen wir beweisen? Wem vertrauen? Klar scheint jedenfalls, daß dieser Busch ein falsches Spiel mit uns treibt. Sogar Jenny spielt es mit und nickt nach jedem seiner Sätze bekräftigend mit dem Kopf. Mit ihren großen Augen versucht sie, uns Zuversicht einzuflößen. Ganz schwindelig wird einem dabei. Monse dagegen hält sich zurück und schaut die ganze Zeit betreten zu Boden. Ich glaube, er hat tatsächlich ein ehrliches Herz, aber eben auch seine Befehle und deshalb keine Wahl. Genau wie wir. Wie wir alle im Krieg.
    Otto ist wider Erwarten sofort einverstanden. Ich fürchte, er will sich einfach hinlegen, nachdem er nun fast einen ganzen Tag und eine halbe Nacht gesessen hat. Josef immerhin stellt eine Bedingung: Er möchte den Wagen selbst fahren. Aber darüber läßt Busch nicht mit sich reden. Dienstvorschrift, erklärt Monse einmal mehr. Konrad und mich fragen sie gar nicht erst, als trauten sie keinem von uns vernünftige Überlegungen zu. Auf Konrad mag das sogar zutreffen, seit er nur noch an Zuhause denkt. Und ich habe leider auch keine Idee, wie wir den Weg zurück nach DB 10 finden sollen. Die Autobahn war in der Nähe. Aber in welcher Richtung? Dieser Busch verdreht schon die Augen. Es ist wirklich peinlich. Zum Glück fällt Josef noch die Luftabwehrmühle gegen Tiefflieger ein.
    Die Leute von der Wochenschau begreifen nicht gleich, was er meint. Jenny reicht ihm ihr Notizbuch, ausgerechnet ihm mit seiner ungelenken Krakelei. Josef malt Mast und Flügel und rudert mit den Armen, bis sich Monse an die Stirn schlägt und es eine Windkraftanlage nennt. Jenny kichert albern.
    Luftabwehr oder Windrad - einen Zweck erfüllen die Dinger jedenfalls: Sie weisen uns den Weg durch den Wald, der viel größer ist, als wir das heute Nacht zu Fuße ermessen konnten. Immer wieder klettert Monse tollkühn ein Stück an ihnen hinauf und bestimmt grob die Richtung bis zum nächsten. Es dämmert bereits, als wir an der vierten Anlage sind. Diesmal kann Monse unten bleiben: Wir sind wieder zu Hause.
    Allerdings wird es im Zweifel nur einen Ausweg geben, den Ort auch in Zukunft geheimzuhalten. Um die Kleine würde es mir wirklich leid tun, um Monse eigentlich auch. Aber solcherlei Sentiment können wir uns nicht leisten. Grausame Zeiten!
    Kennst Du das auch, Benny? Dass es immer einen Moment gibt, an dem es noch ein Zurück gegeben hätte? Dass man das sogar merkt in dem Moment? Und damit meine ich nicht die Sache mit uns!
    Ich verpasste diesen Moment wahrscheinlich am Telefon.
    Während Schiller die Verfolgung organisierte und alles andere auch, wiederholte ich im Minutentakt meinen Bericht über den Sturm auf das leere Pfarrhaus. Der Berliner Krisenstab schien sich sofort aufgelöst zu haben, nachdem man mir die Verantwortung aufgeladen hatte. Nun wollte jeder einzelne Abteilungsleiter persönlich über jede Einzelheit informiert werden, egal ob Innen- oder Außenministerium, Kanzleramt oder hohe BKA-Dienstgrade - und alle fühlten sich außerdem berufen, mir Unterstützung und Rückendeckung zu versprechen, als hätten sie dafür einen internen Wettbewerb ausgelobt. Oder genossen sie nur meine erste Niederlage? Vorsorglich wollte nun auch noch der Generalbundesanwalt eigene Ermittler schicken, die prüfen sollten, ob es womöglich ein Fall für seine Behörde war, »bestimmt und geeignet die Verfassungsgrundsätze zu beeinträchtigen«, wie es in einem Telefax aus Karlsruhe hieß.
    Am frühen Nachmittag drängelte sich das Sekretariat von Wolf Jäger dazwischen und stellte eine Verbindung nach Erfurt her, wo er gerade mit japanischen Investoren irgendeinen ersten Spaten zu stechen hatte. Wenigstens ihm musste ich nicht noch mal alles schildern. Wolf kannte bereits jedes Detail und wollte angeblich nur mal fragen, wie es mir so geht.
    Es ging so.
    »Du bekommst alles, was du

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