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Die Nachhut

Die Nachhut

Titel: Die Nachhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Waal
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Jawohl - und ohne vorher dreimal über eine Antwort nachdenken zu müssen. Allein deshalb, damit du dir nicht zu viel einbildest, freute ich mich auf die Verabredung mit euch zum Mittagessen.
    Die »Pizzeria Alfonso« unterschied sich kaum von jedem anderen Kleinstadt-Italiener, mit einem Steinofen für die Salamipizza und Plastikgondeln an der Wand. Im Hintergrund sang natürlich Pavarotti oder einer von den anderen zehn Tenören. Alfonso war eigentlich Türke, das hatte er mir gestern verraten und war auch schon wieder so eine Geschichte. Dreimal hatten sie ihm vorher seinen Dönerladen abgefackelt. Erst seit er den Italiener spielte, kamen sie sogar Eis essen bei ihm.
    Ihr wart pünktlich und kaum zur Tür herein, da wünschte ich mir doch, du wärst allein. Neben Gerd kamst du mir anfangs immer wie ein Schatten vor, wie sein schweigsamer Rucksack, beinahe willenlos - oder ist es das, was ihr cool nennt? Auf jeden Fall bekam dafür erstmal der alte Busch sein Fett weg.
    »Du siehst scheiße aus, Gerd, schläfst du zu wenig?«
    »Danke, es geht, du hast dich auch kaum verändert.«
    Dann schwiegen wir eine Weile, und ich fragte mich, ob man mir die 45 jetzt doch schon ansah. Sah man? Du bist meinen Blicken jedenfalls ausgewichen. Busch lächelte gespannt.
    »Hast du deinen Pitbull irgendwo an die Laterne gebunden? Was ist das überhaupt für ein Vogel?«
    »Schiller? Der ist schon in Ordnung, auf seine Art. Wir müssen uns nur erst aneinander gewöhnen.«
    Busch nickte ironisch und blätterte in der Speisekarte.
    »Also Männer, Hosen runter!« Dabei zwinkerte ich dir zu. »Eine Provokation, irgendwelche Altnazis und ihr seid genauso darauf reingefallen wie wir, hab ich Recht?«
    »Gibt es hier keinen Fernseher?« Das war dein erster Satz.
    »Warum?« fragte ich. »Ich dachte, wir essen was.«
    »Ja, sicher, nur weil unsere Reportage gleich kommt ...«
    Es war kurz vor eins, und ihr wusstet es also noch nicht. Wie eine echte Polizistin kam ich mir auf einmal vor, die einer frischen Witwe die traurige Nachricht überbringen muss. Dass Lupe nicht mal Busch informiert hatte - Männer können so feige sein! Ich konnte es allerdings auch nicht.
    »Ich nehme den Fisch.« Busch klappte die Karte zu und sah mich ahnungslos ehrlich an: »Wieso reingefallen?«
    »Das würde ich nicht machen - ich meine: den Fisch nehmen.«
    Alfonso hatte mir gestern eine ölige Schuhsohle serviert, die er in der Speisekarte als Schollenfilet ausgab.
    »Nimm irgendeine Pasta«, empfahl ich Busch, »da kann man nicht viel falsch machen. Und dann sag mir endlich, was ihr an diesen Vogelscheuchen so sexy findet? Ausgerechnet du, Gerd!«
    Der türkische Italiener kam an den Tisch und begrüßte mich wie einen Stammgast. Signorina nannte er mich, zückte pathetisch seinen Block und war enttäuscht, dass es für Gerd und mich nur ein paar Nudeln al Olio sein sollten und für dich eine Thunfischpizza. Leider war es nicht der Moment, dir den Zusammenhang zwischen industriellem Fischfang und dem Massenmord an Delfinen zu erklären. Du hattest sowieso nur die Sendung im Kopf. Mürrisch schleppte Alfonso auf dein Drängen einen kleinen Fernseher aus seiner Küche und stellte ihn auf die Bar.
    Gerd beugte sich über den Tisch.
    »Mir geht diese Nazischeiße selbst so was von gegen den Strich, das kann ich dir vielleicht sagen!«
    »Und warum fahrt ihr den Quatsch dann so groß?«
    »Wir? Ihr doch auch! Weil es eben kein Quatsch ist, Ev! Sie sind echt!«
    »Was meinst du mit echt? Echt gefährlich?«
    »Ja.« Er kratzte sich unter seinem Schnurrbart. Dann schüttelte Gerd unwirsch den Kopf. »Und zwar richtig gefährlich.«
    »Schon klar.« Wem sagte er das? »Du meinst den alten Ungeist, die Ansteckungsgefahr, dass es unter der Oberfläche...«
    »Eben nicht! Sondern ihre Knarren. Die sind gemeingefährlich. Wo wir einmal dabei sind: Was war eigentlich auf der Autobahn los? Du musst uns schon auch ein wenig entgegenkommen.«
    Ich war geschockt: Woher wusstet ihr das schon wieder? Bisher war nichts davon durchgesickert. Die Amerikaner hielten immer noch still. Vielleicht hatte Wolf sogar nur vorauseilend Panik geschoben. Und bewiesen war gar nichts, hoffte ich.
    »Was soll da gewesen sein? Wir waren dort, weil es den Verdacht gab, Nazis hätten Steine von einer Brücke geworfen. Aber Fehlalarm. Genau das ist ja das Problem, Gerd: Allein der Verdacht! Allein, dass es hätte sein können, dass es die SoRex gibt! Dass es schon wieder so weit ist - ach was:

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