Die Nacht - Del Toro, G: Nacht - Night Eternal (Bd. 3 The Strain Tril.)
vielleicht wird Zack ja auch gegen ihn kämpfen, wenn ich rechtzeitig zu ihm gelange. Vielleicht ist es noch nicht zu spät.«
Solange er noch nicht verwandelt ist, gibt es Hoffnung.
»Ich muss ihn nur vom Meister weglocken. Oder besser gesagt: den Meister von ihm weglocken. Aber können wir ihn wirklich vernichten? Wenn es stimmt, was du sagst, dann ist das ja noch nicht einmal Gott gelungen.«
Gott hat Ozryel vernichtet. Aber sein Blut ist wiederauferstanden.
»Das heißt also, wir müssen Gottes Fehler wiedergutmachen.«
Er macht keine Fehler. Am Ende fließen alle Flüsse ins Meer.
»Dann denkst du wirklich, dass das Licht am Himmel aus einem bestimmten Grund erschienen ist? Dass es ein Zeichen für mich war?«
Ebenso für mich. Das Licht hat mir aufgetragen, dich zu beschützen. Zu verhindern, dass du korrumpiert wirst. Bald werden die einzelnen Teile ein großes Ganzes ergeben. Vasiliy ist im Besitz der Waffe. Feuer fällt vom Himmel. Zeichen und Wunder – die Sprache Gottes. Alles hängt nun von der Stärke unseres Bündnisses ab.
Wieder eine Pause, in der sich Eph fragte, ob der Blutgeborene inzwischen nicht längst in seinem Kopf war. War dieses ganze Gerede womöglich nur ein Ablenkungsmanöver?
Vasiliy und Mrs. Martinez haben das sechste Geschoss von Vampiren gereinigt. Die anderen beiden sind noch mit dem fünften Geschoss beschäftigt.
»Dann los!«, sagte Eph und öffnete die Tür. »Gehen wir hinunter.«
Sie liefen die Treppe hinunter. Vorbei an Pfützen aus weißem Blut. Vorbei an der Tür zum fünften Geschoss, hinter der sie Gus und Joaquin fröhlich fluchen hörten.
Am Anfang des sechsten Untergeschosses befand sich ein Kartenraum, dessen Luftfeuchtigkeit offenbar früher penibel kontrolliert worden war; überall waren Thermostate und Barometer angebracht. Eph ging schnell den Gang entlang, während Quinlan etwas zurückfiel. Sie mussten sich jetzt irgendwo unterhalb des Bryant Park befinden. Die Gänge waren ziemlich weitläufig und verwirrend angeordnet, aber Eph lief einfach in die Richtung, aus der Vasiliys und Noras Stimmen kamen.
Die beiden standen an einem Glastisch und hatten die Taschenlampe auf etwas gerichtet. Sie hatten Eph nicht bemerkt – also ging er hinter einem Bücherregal in Deckung, nahm das Nachtsichtgerät ab und beobachtete sie.
Über dem Glastisch war eine Vitrine angebracht, in der sich offenbar die wertvollsten Stücke der Bibliothek befanden. Vasiliy brach das Schloss auf und nahm die Bücher heraus. Eines davon hatte es ihm besonders angetan: eine Gutenberg-Bibel. Sie würde sich ziemlich gut als Attrappe für das Occido Lumen eignen. Sie mussten nur den Schnitt versilbern und einige mit Illustrationen versehene Seiten aus den anderen Büchern einkleben.
»Davon gibt es auf der Welt nicht mehr als fünfzig Exem plare«, flüsterte er Nora zu. »Wer weiß, vielleicht ist es sogar das letzte überhaupt.« Er schlug das Buch auf. »Aber es ist eine unvollständige Kopie. Es ist aus Papier und nicht aus Pergament. Und die Bindung entspricht auch nicht dem Original.«
Nora blickte ihn beeindruckt an. »Wie viel du über diese Dinge weißt!«
Obwohl er es zu vermeiden versuchte, lief Vasiliy leicht rot an. Er deutete auf die neben der Vitrine angebrachte Informationstafel – und Nora verpasste ihm einen zarten Schlag auf den Oberarm.
»Wir nehmen es mit nach oben. Und einige der anderen Bücher.« Vasiliy verstaute die Bände in seinem Rucksack.
»Warte mal!«, sagte Nora plötzlich. »Du blutest.«
Tatsächlich: Auf dem Hemd des Kammerjägers hatte sich ein dunkelroter Fleck gebildet. Nora knöpfte es auf, dann zog sie eine Flasche Peroxid aus ihrer Tasche und gab es auf die Wunde. Das Blut zischte leise. »So, jetzt können dich die Vampire nicht mehr wittern. Aber du musst dich ausruhen. Das ist eine ärztliche Anordnung.«
Er lächelte. »Du bist also meine Ärztin?«
Nora lächelte ebenfalls. »Bin ich. Du brauchst Antibiotika. Eph und ich können uns darum kümmern, während du mit Quinlan …«
Blitzartig streckte Vasiliy die Hand aus und nahm ihr die Mütze ab.
»Hey, gib sie mir zurück!« Sie drückte sich an ihn, versuchte an die Mütze gelangen, und nach einer Weile gab er sie ihr und legte beide Arme um sie. Streichelte mit der Hand ihre nackte Kopfhaut.
»Ich bin so froh, dich wiederzuhaben«, flüsterte er.
»Du blutest immer noch.«
»Ich wüsste nicht, was ich ohne dich machen würde, Nora.«
Unter anderen Umständen wäre
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