Die Nacht Der Jaegerin
uns nicht ...»
«Amber sagt, Ben wollte zuerst, dass Mom in dem Dokumentarfilm auftaucht ... um so etwas wie einen förmlichen Protest aus Kirchensicht einzulegen. Aber stell dir doch mal vor, dass er sie eigentlich als
Exorzistin
dabeihaben wollte ...»
«Jane ...»
Janes Stimme war heiser geworden.
«Stell dir vor, sie wollen, dass sie es mit Vaughan aufnimmt!»
«Quatsch.»
«Das ist so dermaßen
kein
Quatsch, Lol. Auf genau so eine Idee würde Foley kommen, sobald er herausgefunden hat, was Mom macht.»
«Jane.»
«Was?»
«Mach
nichts
, klar? Denk an all die Gelegenheiten, bei denen du dich geirrt hast und hinterher das Gejammer groß war.»
«Bloß irre ich mich dieses Mal vielleicht nicht», sagte Jane.
Sie steckte das Handy ein, hielt die Videokassette unter ihrer Fleece-Jacke fest und ging die Treppe hinunter. Als sie an der Feuertür vorbeikam, hinter der es zu Hattie Chancerys Zimmer ging, stellte sie sich vor, wie Alistair Hardy in Hatties Bett lag. Wie ihn ihre Silberzwiebelaugen von den Zimmerwänden aus beobachteten. Und dann, wenn er gerade kurz vorm Einschlafen war, ein Zischen und etwas Kaltes, das sich auf ihm herumwand.
Hüa! Hüaa!
Jane grinste. Wahrscheinlich würde er es sogar genießen.
Wenigstens hatte sie jetzt eine Ahnung, warum Ben wollte, dass Hardy dieses Zimmer bekam. Wenn sich Hattie Chancery mit Ellen Gethin identifizierte und mit dem
schwarzen Hund in der Meute
, bestand dort vermutlich eine sehr gute Verbindungsmöglichkeit ...
Und wenn Lol recht hatte und Ben tatsächlich noch mehr aus Leonard herausgeholt hatte? Tja, Ben konnte sie wohl kaum fragen, ohne einen Streit zwischen ihm und Amber zu provozieren, weil sie ihr das Video gegeben hatte,
aber
...
... aber sie konnte Frank Sampson fragen. Der war schließlich dabei gewesen und hatte bei Leonard Händchen gehalten. Es war schon ein bisschen spät, aber wenn sie vorhatten, Mom in die Sache zu verwickeln, war es garantiert in Ordnung, ihn noch anzurufen.
Also los.
In der Empfangshalle angekommen, sah sie sich um. Niemand. Nicht einmal Amber.
Allerdings konnte sie auch Amber nicht mehr trauen. Amber hatte vielleicht vor, Ben zu verlassen, aber sie war von dieser hirnrissigen Investition hier genauso abhängig wie er. Auch sie konnte alles verlieren.
Und wo war Natalie? Warum war sie nicht zurückgekommen? Wusste sie, was Jeremy getan hatte?
Das alles war der reinste Albtraum.
Das Telefon an der Rezeption klingelte. Jane reagierte nicht darauf, sondern rannte die Treppe zur Küche hinunter, um das Video an seinen Platz zurückzulegen. Sie machte kein Licht an. Durch den reflektierenden weißen Schnee draußen konnte sie alles ungefähr erkennen. Auf der Kücheninsel lag etwas: die Videokamera.
Du kannst mich mal, Antony. Jane bückte sich zu dem Unterschrank, aus dem Amber das Video genommen hatte, und legte es zurück. Als sie sich wieder aufrichtete, stellte sie fest, dass sich das Licht im Raum verändert hatte.
Sie zog sich zur nächsten Wand zurück. Das Licht ging nicht aus, flackerte gelblich und orange, ein Reflex von irgendwo fing sich in der Linse der Kamera. Jane sah auf und erkannte, dass sich das Licht in dem hohen Fenster sammelte, das am nächsten zu ihr lag. Ein helles Licht um einen noch leuchtenderen Kern, wie bei einer Gasflamme.
Das verstand sie nicht. Das Fenster ging auf die Stanner Rocks hinaus. Brannten die Felsen?
33 Die Zeit ist bald abgelaufen
Merrily hatte ihren Mantel ausgezogen. Sie trug keinen Priesterkragen, aber die Kette mit dem Kreuz über dem Pullover.
«Jeremy, wäre es in Ordnung, wenn ich ein bisschen mit Ihnen bete?»
Er saß in einem löchrigen weißen T-Shirt vorgebeugt im Schaukelstuhl, und in seinen Augenwinkeln hingen Tränen.
«Sie brauchen sich nicht um mich zu kümmern.» Seine Stimme war hoch und rau, als hätte er Sand in der Kehle. Er wandte sich ab. «Ich bin sowieso total überflüssig.»
Merrily legte ihre Hände über seine. «Bewegen Sie Ihren Kopf lieber nicht, wenn es wehtut.» Sie kniete neben Flag auf dem Kaminvorleger. Danny und Gomer waren in der Küche. Das Kaminfeuer war heiß, der Hund hechelte, und Jeremys gequetschte Kehle sah im flackernden Feuer aus wie Schinkenbraten.
Merrily schloss die Augen.
«O Gott, Du allein weißt, warum Jeremy dazu getrieben wurde, sich das Leben zu nehmen. Hol ihn zurück von diesem Ort des Leidens. Beruhige seine Gefühle und lindere seine Ängste, stärke ihn, gib ihm die Hilfe, die er
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