Die Nacht Der Jaegerin
der Familie bleibt oder so.»
«Ja, so was kam vor ...»
«Und sie haben Sebbie bekommen – zehn Jahre bevor Paula überhaupt geheiratet hat, obwohl Paula fünf Jahre älter war als Margery. Hat in der Klinik jemanden kennengelernt. Einen Pfleger. Paula hat sehr gut ausgesehen, und er ... hat sich einfach in sie verliebt, denke ich. Irgendwann hat er alle davon überzeugt, sie rauszulassen. Zuerst immer nur kurz, und er hat sich um sie gekümmert, und es gab keine Probleme. Dann ist sie richtig entlassen worden, und sie haben geheiratet. Da war sie schon weit über dreißig. Aber mit ihr ... stimmte was nicht, verstehen Sie? Sie hätten sie niemals rauslassen sollen, hieß es.»
«Sie bekam ein Kind ...»
«Und dann ist sie ... gestorben. Brigid ist mit ihrem Vater aufgewachsen. Sie haben oft hier Ferien gemacht, aber das wusste keiner. Sie wollten nicht, dass bekannt wurde, was aus Paula geworden war. Einmal haben sie meinem Dad angeboten,
The Nant
zu kaufen, aber er hatte nicht das Geld, nicht mal annähernd. Also haben sie wieder einen Pachtvertrag ausgehandelt, über fünfundzwanzig Jahre. Und beide Seiten fanden es besser, wenn sie verbreiteten, sie hätten uns den Bauernhof verkauft. So hatte mein Dad Richard und Sebbie Dacre aus dem Kreuz.»
«Aber jetzt glauben Sie, dass Sebbie ... Bescheid wissen könnte?»
Jeremy sah Merrily in die Augen. «Kann sein. Der Vertrag wurde von Big Weal aufgesetzt, dem Anwalt in Kington. Und als er ... als Weal so plötzlich gestorben ist und seine ganzen Unterlagen geordnet werden mussten, kam diese andere Anwaltskanzlei, um das zu machen. Und Sebbie ist Friedensrichter, der kennt jeden Anwalt hier in der Gegend. Manchmal wird was verlegt. Dokumente, meine ich. Man kann nicht jedem Anwalt trauen, oder?»
«Und der Pachtvertrag ...»
«Ist bald abgelaufen.»
«Glaubt Dacre, dass er eine Chance hat, Sie rauszubekommen und
The Nant
zu kaufen?»
«Ich weiß nicht, was er denkt. Dacre benimmt sich in letzter Zeit, als wär er nicht ganz gescheit. Was der für Sachen macht ...»
Und das sagte ein Mann, der gerade versucht hatte, sich zu erhängen. Allerdings verstand Merrily ihn nun besser, nachdem sie wusste, dass er befürchtete, alles zu verlieren, was ihm lieb war.
«Ihre Zukunft sieht also ...» Sie wusste nicht, wie sie es sagen sollte.
«Nein.» Jeremy schüttelte so heftig den Kopf, dass Merrily beinahe selbst der Hals wehtat. «
Das
ist es nicht! Es geht nicht um Geld und auch nicht um das Land. Ich liebe
The Nant
, klar, jeden einzelnen Quadratzentimeter davon, nur ...»
Merrily sah zu ihm auf. Ihre Knie begannen zu schmerzen.
«Als Kinder, verstehen Sie ... als wir zwölf oder dreizehn waren, ist sie mit ihrem Dad hierhergekommen. Sie hatten einen Wahnsinnswohnwagen. Ich und sie, wir waren wie ... wir haben uns gut verstanden. Haben uns jahrelang Briefe geschrieben. Und die ganzen Jahre hab ich irgendwie davon geträumt, dass sie ... hierher zurückkommt. Und sogar darum gebetet, schätze ich. Und zwar oft, ehrlich gesagt. Darum, dass sie zurückkommt.»
«Und dann ist sie zurückgekommen ... nach fünfundzwanzig Jahren.»
«Ja.»
«Und all die Zeit ...»
«Es sind Sachen passiert, verstehen Sie. In ihrem Leben.»
Merrily drückte ihm sanft die Hand.
«Ich hab das Wohnmobil da stehen sehen ... da, wo sie früher immer den Wohnwagen hingestellt haben. Ich hatte Angst. Ich hatte ziemlich früh morgens Clancy auf dem unteren Feld gesehen ... es war, als hätte ich Brigid vor mir, als sähe sie noch genauso aus wie damals, als ich sie das letzte Mal gesehen hatte. Ich hab mich gefürchtet ... konnte nicht hingehen. Also hab ich Danny gerufen, und er ist runtergegangen. Dann haben wir diese Frau gesehen ... und sie hatte dunkles Haar ... da dachte ich, sie ist es doch nicht, verstehen Sie? Und dann ...»
Tränen rollten über Jeremys Wangen. Er weinte, ohne dass sich sein Gesichtsausdruck veränderte. Wie eine Puppe.
Merrily dachte:
Aber sie ist geblieben. Sie ist hier mit ihrer Tochter eingezogen. Sie hat ihre Tochter hier eingeschult, sich eine Arbeit im Hotel gesucht, in dem Haus, das früher ihrer Familie gehörte ...
Die Geschichte wies große Lücken auf. Es gab wichtige Dinge, die er ihr nicht erzählte. Sie dachte an den Brief, den ihr Danny gezeigt hatte, Jeremys nüchternen Abschiedsbrief.
Bitte, kümmere dich um den Verkauf der Tiere und sorg dafür, dass sie an den richtigen Ort kommen, oder behalt sie einfach, ich
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