Die Nacht Der Jaegerin
Teufel geschlossen hatte?»
«Und?»
«Die Geschichte passt verdammt gut, und es ist bewiesen, dass Doyle in Devonshire war, um sich die Gegend anzusehen. Es ist sogar bekannt, in welchem Hotel er abgestiegen ist.»
«Und weiter?»
«Ich habe das alles problemlos im Internet gefunden. Doyle ist mit seinem Golferfreund Fletcher Robinson nach Dartmoor gefahren. Robinson stammte aus Devon, und es heißt sogar, er hätte die Idee zu dem Roman gehabt. Hab ich recht?»
«Das bestreite ich gar nicht, Antony.» Ben rüttelte leicht am Lenkrad. «Allerdings – und das steht vermutlich nicht im Internet – sagte der damalige Herausgeber des
Strand Magazine
, bei dem der
Hund von Baskerville
als Fortsetzungsroman veröffentlicht wurde, dass er es so verstanden hätte, als habe Robinson die Ursprungsgeschichte in einem ‹walisischen Reisehandbuch› entdeckt. Das bestätigen auch mindestens zwei Doyle-Biographien. Ich bestreite also nicht, dass er Elemente aus der Cabell-Legende benutzt hat, um die Geschichte auszuschmücken, aber alles andere deutet darauf hin, das sie hier gespielt hat.»
«Und was ist mit der Tatsache, dass der Kutscher, den Doyle und Robinson in Devon beschäftigten, ein gewisser ...
Harry Baskerville
war? Wie passt das zu deiner Theorie, mein Freund?»
«Oh.» Jane war enttäuscht. «Stimmt das?»
«Das stimmt», bestätigte Ben. «Und Baskerville selbst glaubte, dass sein Name entlehnt wurde. Allerdings weist Stashower in seiner Doyle-Biographie darauf hin, dass Doyle den Buchtitel
Der Hund von Baskerville
in einem Brief an seine Mutter erwähnt, den er
vor
der Reise nach Devon geschrieben hat, und damit auch,
bevor
er Harry Baskerville überhaupt kennenlernte.»
Antony sagte nichts darauf. Jane war begeistert. Die Begegnung mit den Jägern schien Bens Selbstvertrauen gestärkt zu haben.
Es war beinahe zum Lachen gewesen – diese beiden Typen mit ihrem südwalisischen Akzent behaupteten, von einem Bauern aus der Gegend angeheuert worden zu sein, um etwas gegen die Fuchsplage zu unternehmen. Aber Jane hatte sofort gemerkt, dass das Quatsch war. Normalerweise bezahlten solche schießwütigen Kerle die Bauern nämlich dafür, dass sie auf ihrem Land jagen durften.
Auf jeden Fall hatten diese Kerle falsch gelegen, als sie Ben für einen Jäger aus der Gegend hielten, der sie von seinem Land vertreiben wollte. Und typisch Ben war, dass er diesen Irrtum nicht richtiggestellt, sondern ihn sogar noch aufgegriffen und sein schauspielerisches Talent eingesetzt hatte. Am Ende hatten sich die Typen zurückgezogen, während Ben ihnen nachbrüllte: «Ihr verdammten Westentaschencowboys! Lasst euch in dieser Gegend bloß nie mehr blicken!»
Er war immer noch ein ziemlich guter Schauspieler.
«Und warum hat Conan Doyle die Geschichte überhaupt nach Dartmoor verlegt?», fragte Jane.
Ben zuckte mit den Schultern und hob kurz die Hände vom Lenkrad. «Das weiß keiner. Aber es ist eine interessante Frage.»
Kurz darauf bog Ben in den asphaltierten Weg ein, der zur Kirche von Kington führte. «Interessant ist auch, dass
Der Hund von Baskerville
ursprünglich kein Sherlock-Holmes-Roman werden sollte. Doyle hatte Holmes damals nämlich schon sterben lassen – hat ihn beim Kampf mit seinem Erzfeind Moriarty die Reichenbach-Fälle runterstürzen lassen. Er hat dem Herausgeber des
Strand
den
Hund von Baskerville
in einem Brief mit den Worten angekündigt: ‹Ich habe eine Idee für einen richtigen Gänsehautroman.› Aber das Buch war zu dieser Zeit nicht als Sherlock-Holmes-Roman geplant. Und als Holmes dann doch eingebaut wurde, schrieb Doyle die Geschichte so, als hätten die Ereignisse
vor
Holmes’ Tod im Wasserfall stattgefunden.»
«Hat Conan Doyle eigentlich andere Bücher geschrieben, in denen das Übernatürliche
tatsächlich
eine Rolle gespielt hat?», fragte Antony.
Ben stellte das Auto bei einem Gebüsch ab und machte den Motor aus.
«Ja, Antony, das hat er.»
«Als er sich entschieden hat, einen Holmes-Roman daraus zu machen, hat er also auf diesen Aspekt verzichtet, weil Holmes ein hundertprozentiger Rationalist war. Wenn Holmes den Fall lösen sollte, musste es eine rationale Erklärung geben.»
«Ja. Und ich frage mich ... wurde Doyle vielleicht von der Familie Baskerville gebeten, ein paar Verfremdungen vorzunehmen? Man sagt hier in der Gegend, dass er mit den Baskervilles entfernt verwandt war, die ihrerseits irgendwann durch eine Heirat mit den Vaughans verwandtschaftliche
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