Die Nacht Der Jaegerin
ein paar Tage her, dass sie Alice Meek vorgeschlagen hatte, einen Heilungsgottesdienst hauptsächlich für die Seele des neun Jahre alten Roland Hook abzuhalten. Sie hatte Alice erklärt, alle Schuldgefühle und aller Kummer gingen auf Rolands Tod zurück ... auf den Schmerz eines Kindes, das völlig verängstigt während einer Straftat gestorben war. Vielleicht würde das Wissen, dass Rolands Seele Frieden finden konnte, wieder Harmonie in die Familie einkehren lassen.
«Also gut», hatte Alice gesagt, «überlassen Sie das erst mal mir, Frau Pfarrer. Die Hälfte von ihnen versteht sowieso nicht, worum es geht, dumm wie sie sind, aber ich rede mit meiner Nichte in Solihull – die den Alpha-Kurs gemacht hat. Wir sorgen dafür, dass die Sache stattfindet.»
Und seitdem kein Wort. Sophie hatte in der Zwischenzeit eine Liste mit Geistlichen aus der Diözese zusammengestellt, die sich für die Durchführung von Heilungsgottesdiensten interessierten. Der nächste Schritt war ein Vorbereitungstreffen, aber das musste jemand anders organisieren; Merrily war in Verwaltungsdingen nicht besonders gut.
Sie setzte sich auf Janes Bett. Sich in dem Apartment umzusehen, erschien Merrily langsam als reine Zeitverschwendung. Was hatte sie zu finden erwartet?
Durchs Fenster war der bewaldete Cole Hill zu sehen, auf dem etwas Schnee lag. Nach Weihnachten würde Lol auf Tournee gehen. Zum ersten Mal seit ... tja, seit er kaum älter gewesen war als Jane. Lol fasste endlich wieder Fuß im Leben. Welche Folgen würde das für ihre Beziehung haben?
Denk nicht dran.
Das einzige Buch auf dem Nachttisch war ein ramponiertes altes Lieblingsbuch von Jane:
Die volkstümlichen Überlieferungen in Herefordshire
von Ella Mary Leather, die schon vor einem Dreivierteljahrhundert gestorben und an bodenständiger Authentizität immer noch unübertroffen war. Ein Post-it sah zwischen den Seiten hervor, und Merrily schlug das Buch an der markierten Stelle auf.
Cwn Annwn oder die Höllenhunde
Parry (
Geschichte Kingtons
, S.205) gibt ein Beispiel von einem Aberglauben, dem damals (1845) viele der älteren Gemeindemitglieder anhingen:
Nach der Überzeugung vieler Menschen, die damals in der Gemeinde lebten, gingen Geister in Gestalt von jaulenden schwarzen Hunden um, wenn das Hinscheiden eines bösen Menschen bevorstand. Die Hunde wurden als jettschwarz beschrieben, wenn auch niemand berichtete, selbst einen gesehen zu haben. Dennoch glaubten viele, der König der Finsternis würde die Hunde schicken, um die Menschheit in Schrecken zu versetzen, wenn eine menschliche Seele sich aufmachte, ihre irdische Hülle abzustreifen.
Kington war Grenzgebiet, die unbekannteste und abgelegenste der sechs größeren Städte Herefordshires. Es lag sogar auf der walisischen Seite von Offa’s Dyke. Es war vollkommen nachvollziehbar, dass sich die Leute, auch noch im neunzehnten Jahrhundert, von walisischer Mythologie beeindrucken ließen. Und es war zwangsläufig so, dass Jane, die am Wochenende in dieser Gegend arbeitete, an solchen Geschichten interessiert war.
Mrs. Leather hatte hinzugefügt:
Hergest Court wurde, und wird vielleicht immer noch, von einem Dämonenhund heimgesucht, der angeblich Black Vaughan gehört und ihn durchs Leben begleitet haben soll. Er erscheint, wenn in der Vaughan-Sippe ein Tod bevorsteht. Ein Mann aus Kington schreibt: ‹In meiner Jugend kannte ich die Leute gut, die in Hergest Court wohnten, und sie haben mir viele seltsame Dinge von diesem Tier erzählt. Dass es in einem Zimmer oben im Haus wohnte, und niemand es jemals wagte, dieses Zimmer zu betreten. Dass man den Hund nachts an seiner Kette zerren hörte und ihn in anderen Nächten durchs Haus streifen sah. Und dass er sich am liebsten bei einem Teich herumtrieb, der Viehtränke an der Landstraße nach Kington. Diesen Ort fürchteten die Leute und mieden ihn bei Dunkelheit.›
Genau. Das war die Legende, auf der angeblich
Der Hund von Baskerville
beruhte. Ben Foley veranstaltete als Sherlock Holmes verkleidet Krimiwochenenden auf Stanner Hall und stützte sich dabei auf die unbewiesene Vermutung, Arthur Conan Doyle sei dort öfter zu Gast gewesen.
Klar, dass Jane ihm mit ein bisschen Hintergrundwissen aushalf. Und Conan Doyle war tatsächlich, obwohl als Arzt ein Mann der Wissenschaft, an spiritistischen und übersinnlichen Themen überaus interessiert gewesen.
Hmmm.
Merrily klappte das Buch zu und legte es genau so auf den Nachttisch zurück, wie
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