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Die Nacht der Schakale

Die Nacht der Schakale

Titel: Die Nacht der Schakale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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unterschätzt, glorifiziert und geschmäht, sich als Galionsfigur auf das selbst errichtete Denkmal gestellt hatte und aus dem Grab heraus mit einer nachgelassenen ›Verschlußsache‹ noch auf seine innenpolitischen Gegner schoß.
    Papas Spion war tot; seine Nachfolger waren moderner, kühler, abwägender und in jedem Fall zurückhaltender, auch wenn sie bei ihren Bonn-Besuchen ihren Kontrolleuren nicht mit tarnendem Mummenschanz wie Schlapphut, Sonnenbrille und falschem Namen imponieren wollten. »Wir füttern zur Zeit dem Computer mit allen uns bekannten Tatsachen über die Stasi-Spitze«, sagte Ritter. »Die elektronische Datenverarbeitung läuft heiß. Ich warte noch ein, zwei Tage, aber dann kann ich Ihnen eine ziemliche verbindliche Sperber-Auswahl vorlegen, Steve.« Er lachte trocken. »Ich sehe keine besondere Gefahr, solange wir den Fall cool abwickeln. Manchmal fürchte ich zwar, auf einem Schleudersitz zu hocken, aber in der Haut unserer Gegner möchte ich noch weniger stecken.«
    »Sie sind in Zugzwang«, erwiderte Cassidy.
    »Und jeder Zug, den die andere Seite macht, muß eigentlich falsch sein. Sowie der Sperber aus der Deckung tritt, gibt er sich zu erkennen. Bevor er das Geld kassiert, muß er aus der Kulisse auftauchen.«
    »Richtig, Peter …«
    »Wir haben schon einige Vorleistungen, und wir werden dafür sorgen, daß sie sich vermehren, bevor wir einen Cent investieren. Mich macht nur nervös, daß für General Lupus der Faktor Zeit keine große Rolle spielt; er scheint seinen sowjetischen Lehrmeistern die Geduld zur Langzeitpolitik abgesehen zu haben.«
    »Wir könnten die Affäre ohne großes Risiko vorantreiben, wenn wir uns zu einer ungewöhnlichen Maßnahme entschlössen«, stellt der CIA-Spezialist fest. »Da müßte allerdings Bonn mitspielen.«
    »Was meinen Steve?«, fragt der Chef-Auswerter.
    Cassidy entwickelte seinen Plan und sah, daß der Mann, er ihm zuhörte, ebenso fasziniert wie erschrocken war.
    »Ihre Idee ist blendend«, sagte Ritter, »und siedend heiß. Ich werde sie unverzüglich unserem Präsidenten vortragen«, versprach er.
    Es hieß im Klartext, daß nur eine Chance bestand, Bonns Zustimmung zu einer höchst ungewöhnlichen Manipulation zu erhalten: wenn sich Pullachs Hausherr voll hinter den Vorschlag stellte.

7
    Mein Abflug nach Europa hatte sich verzögert, weil der große Gregory darauf bestand, daß ich mich vor meinem Einsatz noch intensiv mit Barry Wallners letztem Fall befaßte. Ich brütete über seinem Nachlaß, ohne mich lange zu fragen, wie er in die Hände der Agency gelangt war, lernte Namen und Daten auswendig und prägte mir tatsächliche oder vorgebliche Geschehnisse ein.
    Vieles war mir bekannt, einiges neu; alles in allem eine Story wie Dynamit. Wie fast alle Themen, die der Enthüllungsjournalist angefaßt hatte. Wie ich unter der Hand erfuhr, hatte die Luftaufsichtsbehörde inzwischen festgestellt, daß der Absturz, dessen Opfer er geworden war, auf einen Motorschaden zurückging. Dieser Sachverhalt stellte bei einem Mann wie Barry das schier unlösbare Rätsel, ob das Debakel auf Fahrlässigkeit, Sabotage oder höhere Gewalt zurückging.
    Barry Wallner hatte, wie es für seine Arbeitsweise typisch war, das Thema selbst aufgerissen und den Rahmen seiner Reportage persönlich erstellt, die Kontakte zu den Informanten hergestellt und die notwendigen finanziellen Vereinbarungen getroffen. Er brauchte dabei nicht knauserig zu sein; der New Yorker Verlag Fairway House, an dem er beteiligt war, konnte dank der hohen Auflage seines Top-Schreibers kräftig nachhelfen.
    Der Pfadfinder gängiger Politskandale hatte bei einem längeren Europa-Aufenthalt vor einiger Zeit diverse Leute angesprochen, die aus der Fluchthilfe im Osten ein lukratives Gewerbe gemacht hatten. Ins Geschäft gekommen war er in erster Linie mit der Züricher TRASCO AG, deren Inhaber Mauro Dressler unbegreiflicherweise dazu neigte, mit seinen Erfolgen zu prahlen. Der Eidgenosse war der Typ, der gern mit offenem Hemd herumlief, um seine behaarte Männerbrust vorzuzeigen, dabei aber womöglich auf der Haut ein Toupet trug.
    Der Wegwerfheld einer gelangweilten Gesellschaft charakterisierte den Prototyp eines Mannes, der fast immer reich, selten jedoch alt wird, ein Geschäftemacher, der aus Müll noch Goldkörner siebt und nicht selten auch auf der Schutthalde endet. Ein Konkurrent ähnlichen Kalibers, ARAMCO-Chef Hans Lenzlinger, ebenfalls mit Hauptsitz in Zürich, Ackersteinstraße

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