Die Nacht der Schakale
den Jahren schon etwas demontierte Tarnfrau vorgestellt, deren Figur schon leicht verschlampt war.
»Sie sind mir fast ein wenig zu hübsch«, stellte ich fest.
»Ein ziemlich seltsames Kompliment«, erwiderte sei lachend. »Trotzdem: besten Dank.«
»Nehmen Sie Platz«, lud ich sie ein und bot ihr eine Zigarette an. »Wir werden schon miteinander auskommen. Leider muß ich Sie bitten, sich etwas älter zu schminken und sich etwas weniger geschmackvoll anzuziehen.«
»Nochmals danke schön«, entgegnete Renate. »Ich tue, was ich kann, und wenn es Sie nicht stört, verwandle ich mich noch in die Hexe aus Hansel und Gretel.«
»Nur nicht übertreiben«, ging ich auf ihren Ton ein. »Ich stelle mir das so vor: Wir sind eines dieser spießigen, neureichen Ehepaare – Geschmack von der Stange, Bildung aus der Leihbücherei. Wir haben einen Durchschnittsnamen, wir sind – sagen wir mal – zwölf Jahre miteinander verheiratet, elf davon zu viel. Jedenfalls haben wir uns überwiegend schon ziemlich satt. Wir ziehen uns teuer an, aber mit wenig Stilgefühl, bitte. Sie sind nicht mehr ganz auf dem Damm – und ihre Krankheit heißt Eifersucht.«
Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück und folgte konzentriert meinen Vorstellungen. Sie schlug die Beine übereinander, sie waren hübsch und wohlgeformt und ließen sich wohl nicht ändern – aber das war eine Feststellung zur unrechten Zeit am unrechten Ort.
»Und die Eifersuchtsszenen, die ich Ihnen mache, sind berechtigt?« fragte Renate.
»Ja und nein«, antwortete ich. »Natürlich gehe ich ab und zu mal fremd – rasche, billige Eroberungen –, aber Sie schießen mit Ihren Verdächtigungen weit über das Ziel hinaus. Überall sehen Sie eine unsichtbare Dritte, und das seit Jahren. Ich speise Sie mit Geld ab und bin immer weniger zu Hause. Ihre Szenen nahmen mir mit der Zeit das Schuldgefühl, dabei kam ich dann allmählich auf den Geschmack, und meine Fehltritte wurden häufiger und gezielter. Mit andern Worten: Die Amouren hielten länger und wurden kostspieliger.«
»Wie gut für Sie«, erwiderte sie.
»Sie sind noch nicht ganz mit mir fertig«, fuhr ich fort. »Ab und zu kommen verschüttete Gefühle wieder zum Vorschein, und dann gibt es gelegentliche Versöhnungen.«
»Mit oder ohne Bett?« unterbrach sie mich sachlich.
»Mit natürlich.«
Wir lachten beide.
»Sind Sie Psychologe, oder haben Sie das alles schon einmal durchgemacht?« fragte Renate, in diesem Moment mehr als Frau als Agentin.
»Weder noch«, erwiderte ich. »Ich bin Junggeselle.«
»Und ich geschieden«, entgegnete sie. Ihr Lächeln zeigte hübsche Grübchen. »Aber erst einmal.«
»Also«, fuhr ich fort – aber irgendwie mußten wir uns im Schnellgang aneinander gewöhnen: »Wir haben gerade wieder einmal den großen Krach hinter uns. Sie haben Geburtstag; die Versöhnung führt uns auf Ihren Wunsch nach Berlin. Sie waren noch nie in der alten Reichshauptstadt und reisen mit dem Baedeker in der Hand. Sie interessieren sich für die Sehenswürdigkeiten, ich mehr für die Wirtshäuser und Evastöchter. Wenn Sie Ihren Reiseführer mal zuschlagen, denn sehen Sie Ihrem Göttergatten auf die Finger. Nicht übertreiben bitte, aber Sie wollen einfach nicht wieder zu einer stillgelegten Ehefrau werden.«
Das Telefon unterbrach meinen banale Zweisamkeitslegende. Es war Steve Cassidy: »How do you do?« fragte er. »Alles in Ordnung?«
»Danke, gut«, erwiderte ich. »Just married.«
»Congratulations«, entgegnete er lachend. »Gut, daß du dich so rasch entschlossen hast. Ich fürchte, ihr habt nicht sehr viel Zeit zum Polterabend.« Er sagte, daß er in der Nähe zu tun hätte und mich Punkt acht Uhr abholen würde.
»Also, Renate«, wandte ich mich wieder an meine Besucherin. »Alles in Ordnung: Verlobung, Hochzeit, Flitterwochen, Seitensprung und Scheidungsdrohung – alles im Zeitraffer. Sie treffen bitte – wie besprochen – die Vorbereitungen und halten sich dann bereit.«
»Sie wissen noch nicht, wann wir losfahren?« fragte sie.
»Nein, aber unter Umständen von einer Stunde auf die andere«, antwortete ich. »Haben Sie Verwandte oder Freunde in Berlin?«
»Nein.«
»Auch nicht in der DDR?«
»Selbst in München lebe ich ziemlich zurückgezogen«, entgegnete Renate. »Und mein geschiedener Mann verkauft in Südafrika schnelle, kleine Autos – made in Germany.«
Ich genehmigte uns zum Einstand einen Gin-Tonic. »Also dann, auf du und du, Renate!«
»Du
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