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Die Nacht der Schakale

Die Nacht der Schakale

Titel: Die Nacht der Schakale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Dressler wußte, daß Forbach im Camp Persona grata war. Die Pullacher hielten ihn für einen tollen Burschen, für einen verläßlichen Draufgänger, und so hatte ihn der TRASCO-Chef als Zwischenträger für die explosive Sperber-Information verwandt.
    »Und das Motiv?« fragte ich Steve.
    »Mit Sicherheit Geld. Zwar hat Dressler noch keine Summe genannt …«
    »Auch keine Namen?« unterbrach ich ihn.
    »Indeed«, entgegnete der Freund. »Aber wenn er Geld sehen will, muß er auch einen Namen nennen – und dann kommen wir weiter.«
    »Und wie paßt das Geschäft mit Barry Wallner ins Bild?«
    »Ganz einfach, Lefty«, erwiderte der mutmaßliche Nachfolger des großen Gregory. »Dressler verkauft eine Information zweimal und kassiert dafür doppelt.«
    »Ein rabiater Zeitgenosse«, erwiderte ich. »Wie lange will der eigentlich noch leben? Weiß man schon, wer die Burschen waren, die sein Züricher Büro zertrümmert haben?«
    »Vermutlich Mafia«, erklärte Steve. »Es dürfte mit der Affäre Sperber nichts zu tun haben. Irgendwelche Gelder sollen beim Devisenschmuggel verschwunden sein. Das Syndikat setzt den TRASCO-Chef wegen Schadenersatzes unter Druck. Ein Nebengeschäft – das kannst du vergessen.«
    Er bog mit dem Mercedes in den Gartenhof eines kleinen, intimen Restaurants ein. Wir stiegen aus, Steve ging voraus, auf das Nebenzimmer zu, in dem zwei Gedecke aufgelegt waren. »Hier bekommst du ein Sirloin-Steak wie zu Hause«, versprach er, »und dazu Idaho-Potatoes. Du brauchst keine Angst vor Wanzen zu haben, das Gebäude ist gesichert.«
    Wir nahmen Platz.
    Der Ober servierte herben, offenen Wein, bevor ihn Steve bestellt hatte; er mußte hier Stammgast sein.
    »Dann sieht es ja so aus, als stünden wir vor einer raschen Klärung«, sagte ich. »Sollte ich nicht Forbach sausen lassen und mir in Westberlin gleich Dressler vornehmen?«
    »Sei unbesorgt, Lefty«, entgegnete Steve. »Der Mann tut keinen Atemzug, ohne daß wir ihn mitzählen.«
    Ich konnte seine Wort nur so auffassen, daß man dem Züricher Spekulanten die richtige Bettgenossen verpaßt hatte. Es war um so leichter, als der Mann mit der toupierten Brust den Ladykiller mit Hilfe von Vorzeige-Frauen nur mimte.
    Das Sirlon-Steak war hervorragend, aber ich wirkte zu zerstreut, um es zu genießen: Mauro Dressler, der Menschen-Makler, offensichtlich eine Schlüsselfigur der Sperber-Affäre, hatte mir den Appetit verdorben. Seine Rolle ließ einfach zu viele Auslegungen zu. Dressler konnte ein ganz gewöhnlicher Schwindler sein – dagegen sprach, daß ihn Pullach und Langley offensichtlich ernst nahmen.
    Als wahrscheinlicher erwies sich, daß er als ein nützlicher Idiot des DDR-Staatssicherheitsdienstes auftrat – dafür sprachen die Methoden von General Lupus.
    »Bist du mit deinem Experiment mit der Bundesvertretung in Ostberlin schon vorangekommen?« fragte ich Steve.
    »Und ob«, er lächelte unterschleifig. »Eine Stunde nach dem Anruf aus Bonn lag die neue Weisung über den Fall Ypsilon bereits auf dem Schreibtisch von General Lupus. Wie ich ihn kenne, bereitet er bereits eine Flucht-Operette in Bautzen vor und treibt einen Ausgebrochenen auf die Hannoversche Straße zu, um den Fall Ypsilon zu proben.«
    Die undichte Stelle in Bonns Auswärtigem Amt war lokalisiert. Wir wußten nunmehr mit Sicherheit, daß einer von fünf der Maulwurf in der Deutschen Mission sein mußte. Martin Keil – gerade unterwegs nach Bonn, um gegen die neue Maßnahme zu protestieren konnte man wohl ausschließen. Blieben noch vier Verdächtige und die Frage, warum Bonn das Leck nicht längst gestopft hatte. Manchmal schlief die Konkurrenz von Pullach tatsächlich, aber irgendwie spürte ich, daß ich sie diesmal unterschätzte.
    »Also hat die Information auf dem Sperber-Tonband gestimmt«, stellte ich fest.
    »Keine Frage«, bestätigte Steve. »Alle Informationen haben bis jetzt gestimmt.«
    »Dann wäre es das dritte Antrittsgeschenk des Sperbers gewesen.«
    »Das dritte und sicher auch das letzte«, entgegnete das CIA-As. »Ich fürchte, die Zeit der spesenfreien Informationen ist jetzt vorbei. Der nächste Hinweis dürfte teuer sein.« Er radierte sein Lächeln gleich wieder aus dem Gesicht. »Ich hoffe nur, daß er uns nicht zu teuer zu stehen kommt.«
    Der Ober stand in der Tür, wartete, bis ihn Steven ansah, und sagte mit einer knappen Verbeugung: »Telefon, mein Herr.«
    Er nannte keinen Namen; er war geschult, sicher nicht nur, was das kultivierte

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