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Die Nacht der Schakale

Die Nacht der Schakale

Titel: Die Nacht der Schakale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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enttarnt und nunmehr in der Hand des DDR-Staatssicherheitsdienstes. Ein Angebot, wie es ihr ein Mann wie Lipsky machen würde, kannte sie im voraus; es lief auf eine Alternative hinaus, die keine war: Zuchthaus oder Stasi-Dreckarbeit. Sie überlegte, wie lange man sie einsperren würde und wie sie aussähe, wenn Bonn sie endlich freigekauft hätte. In fünf Jahren? In acht?
    Sie hörte Ludwig Lipsky zu und verstand kein Wort, denn sie war weit von ihm entfernt, Tausende von Meilen weit.
    Und dann erfasste sie doch ein Wort und einen Sinn und begriff, daß ihr der unscheinbare Sachse einen ganz anderen Vorschlag machte, als sie ihn erwartet hatte.
    »Keine Panik, meine Dame«, sagte er. »Zuhören, nachdenken und handeln. Das aber sofort.«
    »Moment«, erwiderte Cynthia und schüttelte Angst und Lethargie ab. »Würden Sie mir das noch einmal Punkt für Punkt erklären, Herr Lipsky?«
    Phimoses wiederholte einen Vorschlag, der Cynthia überrollte – und womöglich sogar retten konnte.

17
    Der Wegwerf-Held mit der toupierten Brust hatte seine letzte Provision kassiert, den Tod. Wenn Stasi-Agenten Mauro Dressler ermordet hatten, würde sich die Tat wohl nie aufklären lassen; sollten aber Mafia-Leute diese barbarische Hinrichtungsart gewählt haben, wären die Chancen kaum größer. Fest stand nur etwas: Eine polizeiliche Untersuchung würde es geben, und wenn die Fahnder nur ein wenig von ihrem Handwerk verstünden, müßten sie in kürzester Zeit auf mich stoßen.
    Sowohl im Intercontinental wie in der Bier-Stampe hatte man mich mit dem TRASCO-Chef gesehen, und im Hotel konnte man gleich auch meinen Namen nennen.
    Bei einer buntschillernden Figur wie Mauro Dressler wäre auch die Presse nicht sehr zurückhaltend, zumal sie die politischen Hintergründe wittern müßte. Viel Zeit blieb nicht, den Fall abzudichten.
    Ich rief unsere Berliner Residentur an, nannte mein Code-Wort; ich brauchte nicht nach Steve zu fragen, er war sofort in der Leitung.
    »Wo steckst du?« fragte er.
    »In einer Telefonzelle am Kudamm, Ecke Meineckerstraße«, antwortete ich.
    »Geh auf die andere Straßenseite und paß auf dich auf«, sagte er. »Fünf Minuten.« Er wußte offensichtlich bereits Bescheid.
    Er schaffte es in viereinhalb. Er kam mit einem schweren amerikanischen Wagen mit Kennzeichen der US-Army. Ich schlüpfte hinein. Steve fuhr sofort los.
    Wir stellten gemeinsam fest, daß uns kein Schatten folgte.
    »Konopka ist der Sperber«, sagte ich. »Und Dressler ist tot.«
    »Ich weiß«, erwiderte er. »Congratulations zu deinem Geburtstag außer der Reihe.«
    Ich gab in Kurzform wieder, was ich von dem TRASCO-Chef erfahren hatte: Freitag. New York. UN-Vollversammlung. Begegnung mit dem großen Gregory. »Konopka wollte gleich an die richtige Stelle kommen, deshalb hatte er Dressler eingeschaltet, der ihn über Barry Wallner direkt an unseren zweiten Mann heranbringen sollte.« Ich sah ihn von der Seite an. »Hast du das gewußt?« fragte ich.
    »Das schon«, erwiderte er gedehnt. »Nur den Namen Konopka nicht.«
    »Und was weißt du sonst noch?«
    Steve sah mich einen Moment lang an. »Wie lange bist du schon bei unserem Club?« fragte er.
    »So lange, daß es mir reicht«, erwiderte ich.
    »Dann frag mich bitte etwas anderes.«
    »Dir macht's wohl immer noch Spaß?« gifteten ihn meine überreizten Nerven an.
    »Ich tue nur, was getan werden muß«, entgegnete Steve.
    »Und du kommst nicht auf die Idee, daß es zu dieser Stunde angenehmer wäre, im Bett zu liegen, statt in einem Hintertreppenroman aufzutreten.«
    »Weißt du, Lefty«, versetzte er und lächelte auf seine unnachahmbare Weise. »Auch das Bett hat seine Tücken – aber uns bleibt wenig Zeit für Daunenphilosophie«, kam er wieder zur Sache. »Wir brauchen jetzt Ritter, um dich schleunigst aus der Schusslinie zu ziehen. Vielleicht gelingt es uns, dich ganz aus der Sache herauszuhalten«, sagte er. »Aber einstweilen bleibst du für die Polizei Heinrich Schmidt, der sich, trotz Versöhnungsreise mit seiner Frau, zur Zeit eine Berliner Nacht um die Ohren schlägt.«
    »Wohin fahren wir eigentlich?«
    »Kasernengelände«, antwortete Steve. »Da bist du jetzt am sichersten. Also, hör zu«, fuhr er fort, »du kennst diesen Dressler und seine TRASCO aus einem Illustriertenbericht. Du hast den Mann in der Hotelhalle wieder erkannt und den ganzen Abend auf ihn gewartet, weil du mit ihm ins Geschäft kommen wolltest. Du hast einen Halbbruder in der DDR – gleiche

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