Die Nacht der Uebergaenge
werden
ließ.
„Hallo!“, war alles, was sie noch zustande brachte, bevor sie
sich die freie Hand auf Magenhöhe legte und versuchte, ihren plötzlich rasenden
Puls und die beschleunigte Atmung zu kontrollieren.
Wurde sie krank? Bekam sie Fieber? Nein, unmöglich. Wahrscheinlich war das
Kleid zu eng geschnürt. Deswegen konnte sie nicht atmen. Um sie herum roch es
plötzlich nach getrockneten Gräsern und Meer.
„ Nicht hier! “
Mit einem Ruck entzog sie Ash ihre Finger. Heftiger als beabsichtigt und ohne
dass sie es aufhalten konnte, entfuhr ein Grollen des Widerstands und der
Abwehr ihre Kehle. Ein Laut, den sie niemals zuvor ausgestoßen hatte und der
sie genauso erschreckte wie das, was sie da eben gesagt hatte. Etwas, das ihn
auf Abstand halten sollte, obwohl sie vor ihm doch nun wirklich keine Angst
haben musste. Warum hatte sie das gesagt? Das war unhöflich und vor allem
vollkommen unverständlich für sie gewesen. Und das Schlimmste war, ihre Augen
hatten kurz geglüht. Dabei hatte sie nicht einen einzigen Grund, zornig auf ihn
zu sein.
„Entschuldigung, ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.“ ,
wisperte sie. Die Aufmerksamkeit der Devenas und der Krieger war ihr nun
vollends sicher. Alle Augenpaare ruhten neugierig auf ihr und sie wäre am
liebsten im Erdboden versunken.
„Ich bin nur hier, um meinen Vater und Catalina zu sehen.
Nicht, um Euch irgendwie zu beleidigen.“, stammelte sie zu ihrer Verteidigung,
die eigentlich gar nicht nötig war, da doch jeder ihre Absichten kennen musste.
Beschämt über sich selbst und darüber, dem Krieger aus dem Haus Fontanus vor
den Kopf gestoßen zu haben, murmelte sie eine weitere Entschuldigung, bevor sie
mit einem beherzten Griff ihren viel zu eng sitzenden Rock bis zu den Knien
nach oben zog und förmlich, wenn auch nicht überstürzt, um nicht noch mehr
Aufmerksamkeit zu bekommen, die ihr ohnehin nicht lieb war, die Flucht nach
draußen ergriff.
Sie musste unbedingt auf ihr Zimmer. Die lange Anreise aus
Alaska, der Traumbesuch von Acantha, die Tränkung der Patrona. All dies musste
sich bei den Strahlen des Vollmonds stärker auf sie ausgewirkt haben, als sie
vermutet hatte. Sie würde dieses grauenhafte Kleid ausziehen, noch einmal
duschen und dann in etwas Bequemeres schlüpfen, mit dem sie sich auf die
steinerne Fensterbank ihres Zimmers setzen und dem Mond beim Untergehen zusehen
konnte. Danach würde sie schlafen. Tief und fest. Mit ihrer Waffe in den
Händen. Nur für den Fall, dass sich noch einmal ungebetener Besuch in ihre
Träume schlich.
6. Reuige
Sünderin
Sonntag, 01. Juli;
vor Sonnenaufgang
Und keine Sorge, beim nächsten Mal tut es
nicht mehr so weh…
Nico hatte die Tränen nicht aufhalten können, nachdem Damon sie nach diesen
kalten Worten allein gelassen hatte. Diesen Raum zu verlassen, war ihr beinahe
unmöglich gefallen. Sie kannte den Weg nicht und lief immer wieder an intimen
Szenen vorbei, die sie nicht sehen oder hören wollte. Sie war nach oben in ihr
Zimmer geflüchtet, das sich in Cats Zimmerflucht befand. Sie gehörte nun zum
engsten Kreis um die Patrona des Hauses Lovania. Sie spürte die Wellen, die von
Catalina ausgingen und litt Höllenqualen, als ihr eigener Körper darauf
antwortete. Es war so schmerzhaft, als würde jemand brennende Peitschenhiebe
auf ihrem Körper verteilen, weil ihr kein Weg freistand, diese Gefühle
auszuleben. Nico wusste nicht, dass Catalina gerade die Affectio ardentis durchmachte. In gewissen Dingen war sie eben noch so unwissend wie ein Kind.
Nico hatte kein Auge zugetan und haderte mit ihrer Schuld, die nun
schwer auf ihren Schultern lastete. Sie begehrte diesen Mann auf eine so
quälende Weise, wie sie es sich niemals hätte träumen lassen.
Sie war eine Santería-Priesterin, die ein Keuschheitsgelübde abgelegt hatte.
Und trotzdem… Im Spiegel des Badezimmers studierte sie ihr blasses Gesicht und
die blutroten Lippen, die immer noch geschwollen von seinen Küssen waren. Sie
konnte ihn immer noch auf ihrer Zunge schmecken und musste nur die Augen schließen,
um diesen wunderbaren Duft in der Nase zu haben, der sie eingehüllt hatte, als
sie sich in den Armen lagen. Die Stunde unter der rauschenden Dusche hatte ihre
heftigen Schuldgefühle nicht abwaschen können. Sie fühlte sich unrein und
unwürdig ihres Amtes, des alten sowie des neuen.
Nico atmete schwer und wandte sich mit einem kleinen, gepeinigten
Aufschrei von ihren Spiegelbild ab, das sie mit glühender
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