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Die Nacht der Uebergaenge

Die Nacht der Uebergaenge

Titel: Die Nacht der Uebergaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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Opfer, nicht wahr,
Nico?“, wurde sie von der Stimme des Orakels aus ihren Gedanken gerissen.
    Nico hob beide Hände und ließ sie Kapuze auf ihren Rücken zurückfallen,
wo der Stoff ein leises Rascheln von sich gab, als hätten zwei
Schmetterlingsflügel sie gestreift. Sie sah stur in Richtung des Orakels und
verschränkte die Hände dann vor sich auf dem Tisch, so dass sie beinahe in
ihren Ärmeln verschwanden. In ihren Augen brannten ungeweinte Tränen, die
jedoch nicht mehr dem Verlust ihres Haares galten. Sie brauchte es sowieso
nicht, so war es viel praktischer für die Arbeit.
Sie hörte, wie Catalina leise aufschrie und Romy entsetzt die Luft einsog. Nico
zwang ihre Mundwinkel nach oben, damit sie keinen unglücklichen Eindruck
erweckte. Es waren schließlich nur ein paar Haare gewesen.
    „Eigentlich hätte es ein Tieropfer sein müssen, aber das tue ich nur im
äußersten Notfall… Ich hatte sonst nichts anderes zu geben…“, erklärte Nico mit
gefasster Stimme, die in ihren eigenen Ohren bemüht und falsch klang.
    „Was genau hast Du gesehen, Nico?“, wurde sie gefragt und sie nahm einen
tiefen Atemzug, bevor sie über das Orakel hinweg an die stuckverzierte Decke
starrte, als würde sie dort erneut die Bilder sehen, die nach ihrem Opferritual
auf sie eingestürmt waren.
     
    „Es war zuerst ein Gefühl größter Gefahr, das mir Angst machte…
Gleißendes Licht, unter meinen Füßen brennender Sand, so dass mir klar wurde,
ich wandere durch eine Wüste… Ich konnte in der blendenden Helligkeit nicht
viel erkennen… Die Erde tat sich vor mir auf und Feuer schoss in den Himmel,
der zu verbrennen schien, es regnete Blut… Ich konnte mich nicht mehr rühren
und spürte etwas unsagbar Böses… Es zerfraß meine Eingeweide, es tat
schrecklich weh. Als ich dachte, ich halte es nicht länger aus… Da sah ich sie ! Allein durch ihre Anwesenheit
vertrieben sie die schlimmsten Qualen und eine unglaublich strahlende Aura
umgab sie, die nicht in den Augen wehtat, es war eine solche Wohltat. Ich
wusste, ich war gerettet...“, sprach Nico mit beinahe verklärter Stimme, als
spräche sie mit sich selbst.
    Ihre Augenlider fielen flatternd zu, weil sie das Bild erneut
heraufbeschwor, das am frühen Morgen dieses verzückte Lächeln auf ihre Lippen
gezaubert hatte, nachdem sie zuerst unerträgliche Qualen erlebt hatte, für die
selbst das Orakel noch keine Erklärung hatte.
    „Sie waren drei und doch eins! Es war einfach unglaublich, ich kann es
nicht in Worte fassen! Es waren Catalina, Romana und Awendela. Die beiden
hatten Catalina in ihre Mitte genommen und sie trugen alle Schwerter in ihren
Händen, die sie vor sich überkreuzt hielten… Untrennbar miteinander
verbunden", flüsterte Nico andächtig und dann öffnete sie die Augen, die
in Antwort auf das Gefühl, das die Vision in ihr ausgelöst hatte, einen kurzen
Moment so glücklich aufleuchteten, als wäre alles in Ordnung.
    Dann machte sie jedoch den Fehler, ihren Kopf zu weit nach links zu
drehen, wo Damon saß, dessen Nähe sie eine Sekunde lang vergessen hatte. Sie
zwang sich, ihm nicht auszuweichen, weil niemand erfahren sollte, dass sie es
nicht ertragen konnte, ihm unter die Augen zu treten. Das Leuchten in ihren
Augen verlosch und machte wieder dem bekümmerten Ausdruck Platz, der sie
verloren erscheinen ließ.
    „Sahen die Schwerter aus wie dieses hier?“, fragte Salama und holte die
Waffe hervor, die hinter ihr verborgen am Stuhl gelehnt hatte. Es war ein
antikes Langschwert wie das, das die Warrior zu rituellen Anlässen benutzten.
Das hier gehörte Salama, die bei manchen Ritualen einen Blutzoll von ihren
Kriegern verlangte. Zuletzt beim Bloodrite von Damon Arcus.
    Nico blinzelte ungläubig und erhob sich dann, ohne nachzudenken, von
ihrem Stuhl, um den Tisch zu umrunden, ohne dabei auf die anderen zu achten.
Sie machte dabei kein Geräusch außer einem leisen Rascheln ihres Gewandes, weil
sie barfuß war.
    „Sie sahen gleich aus und doch wieder nicht. Ich konnte nicht viele
Einzelheiten erkennen… Aber der Griff sah anders aus… Genau… Es waren andere
Zeichen, den Löwenkopf habe ich erkannt“, wisperte Nico, wobei sie andächtig
über den kostbaren Knauf der Waffe strich, wo man das Wappen der Harpia in das
Metall eingearbeitet hatte. Sie wusste nicht, dass dieses Schwert von Flavia
geschmiedet worden war. Genau wie das von Theron, das zuvor Malakai gehört hatte
und ihm vererbt worden war.
    Dann zog Nico die Hand zurück, weil

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