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Die Nacht der Uebergaenge

Die Nacht der Uebergaenge

Titel: Die Nacht der Uebergaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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genau
zu wissen warum.
     
    Nico hatte besorgt vor der Tür des Saales gewartet, in den man sie
bestellt hatte. Dovie war ihr wieder zur Hilfe gekommen, da sie nicht gewusst
hatte, dass sie sich dafür etwas überziehen musste. Sie trug ein feierliches weißes
Gewand aus schwerem Seidensatin, das sich wie ein schützendes Schild anfühlte.
Sie versteckte sich nur zu erleichtert unter der weiten Kapuze. Für rituelle
Anlässe gab es ein ähnliches Gewand, das dann allerdings mit goldenem Zubehör
und ohne Kopfbedeckung getragen wurde. Sie hatte es gestern bei den anderen
Sophoras gesehen.
    Nervös hielt sie das Medaillon in einer Hand und fuhr immer wieder mit
den Fingerspitzen über die Gravur, in die das Wappen des Hauses eingeprägt war
und ein Segensspruch in fremdartigen Schriftzeichen, die Nico seltsam bekannt
vorkamen, obwohl sie allerhöchsten Latein beherrschte und sich sonst niemals
mit alten Sprachen beschäftigt hatte.
Vielleicht waren es auch nur die überreizten Nerven,
die ihr einen Streich spielten…
    Das gefürchtete Gespräch mit dem Orakel war weit weniger schlimm
verlaufen, als sie erwartet hatte und doch fühlte sie sich nicht besser. Eher
so, als wäre sie mit einer Freveltat davongekommen, weil man Mitleid mit ihr
hatte. Sie hatte sich zwar danach in ihrem Zimmer aufs Bett gelegt, doch sie
konnte einfach nicht einschlafen, weil sie sich ja noch einer weiteren Anhörung
hatte stellen müssen.
    Als die Türen aufglitten, wappnete sich Nico innerlich, um nach außen
hin eine ruhige Fassade aufrechterhalten zu können. Sie spürte die Nähe der
Krieger und der Patronas, sie musste nicht aufsehen, um zu wissen, wer sich in
diesem Raum aufhielt. Die Präsenz der Menschen am Tisch traf sie wie die
Ausläufer von Wellen, die sich an einem Sandstrand brachen. Hätte sie sich nur
ein bisschen mehr konzentriert, hätte sie wohl die einzelnen Ströme
unterscheiden können, aber sie war viel zu sehr damit beschäftigt, ihre
Gedanken für sich zu behalten, damit niemand, insbesondere nicht Catalina und
Nathan, sie lesen konnte.
Sie nahm auf dem Rand des Stuhles Platz und hielt den Rücken gerade, doch die
Lider blieben über ihren Augen gesenkt, weil sie nicht wagte, den Blick zu
heben. Zumindest hatte sie keine dunklen Ränder unter den Augen und sie waren
nicht rot geweint, sie hatte vorhin selbst im Spiegel nachgesehen. Wenigstens
konnte sie so ihren Stolz wahren, der ihr eigentlich niemals wichtig gewesen
war. Er war kein sehr tröstlicher Begleiter, aber wohl alles, was ihr geblieben
war.
    Und er ließ sie kläglich im Stich, als das Orakel bedeutete, sie besäße
ein reines Herz. Nico schloss kurz die Augen und wäre am liebsten davon
gelaufen. Sie hatte es nicht über sich gebracht, ihre wahre Schwäche
einzugestehen und hatte einen anderen Kummer, der genauso an ihrem Herzen
nagte, als Ausrede für ihr Handeln vorgeschoben.
     
    “Ich dachte, ich kann eine verlorene Seele
retten, wenn ich ein kleines Opfer bringe…“, hatte sie dem Orakel eingestanden.
Dabei ging es um ihre Seele und
nicht wie sie behauptete die eines Verstorbenen, dessen Verlust sie hatte
verhindern wollen. Es war keine ganze Lüge, weil sie es in jedem Fall versucht
hätte, wenn sie nur davon gewusst hätte, aber in der Zeit, in der sie den Anruf
erhalten hatte, lag sie gerade in seinen Armen und…
Trotzdem hatte sie die Wahrheit nach nur einem
durchdringenden Blick des Orakels eingestanden, weil sie kein Recht hatte, sich
hinter einer großherzigen Tat zu verstecken, die es so nicht gegeben hatte. Das
ehrenwerte Orakel hatte ihr so viele Fragen gestellt. Es war für Nico die
reinste Folter gewesen, als würde sie die Sache mit Damon erneut durchleben.
Sie hatte wenigstens die Tränen zurückhalten können.
    „Weder Du noch der Krieger habt damit etwas
Verbotenes getan, wenn es dein Wunsch gewesen ist, dich ihm hinzugeben! Sollte
er allerdings deine Unerfahrenheit und seinen Stand ausgenutzt haben, dann…“,
hatte das Orakel mit blitzenden Augen verkündet, deren Wut sie vollkommen auf
sich bezog.
    „Nein… Es war allein mein Wunsch…“
Mehr konnte sie nicht sagen, aber es war genug, um
Damon vor einer unnötigen Bestrafung zu schützen. Es würde niemandem nutzen,
wenn sie falsche Beschuldigungen aussprach, wie es andere in ihrer Situation
vielleicht getan hätten, um sich zu rächen…
     
    „Blut ist eine starke spirituelle Verbindung, und es floss aus Nicos
Handflächen in den Altar, doch das war nicht das einzige

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