Die Nacht der Uebergaenge
dankbar, wenn du das für dich behältst, Rys.
Sie ist der Meinung, dass nun alles mit mir in Ordnung ist und ich will, dass
das so bleibt! Aber die Umwandlung ist kein Wundermittel. Man bleibt derselbe
Mensch, der man vorher war, auch wenn man ein paar neue Fähigkeiten dazu
bekommt. Es liegt bestimmt nicht nur an dir, dass wir… Was ich sagen will… Es
gibt nichts zu verzeihen! Ich hätte offener sein müssen und dir nicht etwas
vorspielen sollen, was ich nicht bin. Trotzdem Danke, dass Du extra deswegen
hergekommen bist.“
Romy hob
schließlich den Kopf und setze ein tapferes Lächeln auf, um zu unterstreichen,
dass er seine Pflicht erfüllt hatte. Sie würden sich schließlich weiterhin
sehen, das ließ sich nicht vermeiden. Wenigstens wusste er nun, dass er es mit
jemandem zu tun hatte, von dem nicht viel zu erwarten war. Sie glaubte nicht
daran, dass diese Prophezeiung wahr sein könnte. Rys würde einen Weg für sich
finden, es nichtig zu machen, so wie er einen Weg gefunden hatte, sie durch die
Umwandlung zu bringen. Es war seine Welt, er bestimmte die Regeln.
Romy versuchte einfach, das Brennen in ihrer Brust zu ignorieren und das
Prickeln ihrer Haut, das seine Nähe in ihr auslöste.
Tatsache
war, dass er Romy nach ihrer Offenbarung nur zu gut verstand und nicht wusste,
was er jetzt tun sollte. Chryses saß ihr auf dem immer wackeliger werdenden
Stuhl gegenüber und sah sie einfach nur an. Nicht entsetzt aber überrascht,
nicht mitleidig aber mitfühlend.
Niemals hätte er sich das vorstellen können, was Romy in ihrer Jugend widerfahren
war. Nirgendwo, in keinen Akten der Immaculates hatte gestanden, was sie
durchgemacht hatte. Erst jetzt würden die Informationen, die ihnen nach dem
spurlosen Verschwinden der Geschwister fehlten, Stückchen für Stücken
zusammengetragen werden und die Wahrheit über ihren Verbleib und wie es ihnen
ergangen war, ans Tageslicht kommen. Darauf hätte er nicht warten müssen. Wenn
ihm auch nur ein bisschen an Romys Wohl gelegen hätte, wäre er schon früher
darauf eingegangen, warum sie sich beispielsweise weigerte, Alkohol zu trinken,
immer wieder an sich selbst zweifelte und in ihrer gemeinsamen Beziehung
schlichtweg keine Zukunft sah. Es gab für alles eine logische Erklärung.
Eine,
mit der er in diesem Moment nur nicht so recht umzugehen wusste.
Kein
Vortrag der Welt konnte sie über das Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit
hinwegtrösten. Er konnte sie vor allem beschützen nur nicht vor ihr selbst.
Chryses versuchte, die Traurigkeit in ihr zu ignorieren und dem Drang, sie
tröstend in die Arme nehmen zu wollen, zu widerstehen. Das fiel ihm schwer.
Sehr schwer. Sie strahlte diese unglaubliche Verletzlichkeit aus, die er sonst
nur von Catalinas Sophora aus der Distanz kannte. Er spürte, wie sehr sich Romy
danach sehnte, sich sicher und geborgen zu fühlen, es aber niemals annehmen
würde, wenn er ihr jetzt in diesem Augenblick diesen sicheren Hafen anbot. Sie
war eine stolze, aufrechte Persönlichkeit. Sie hatte sich immer allein gegen
alles und jeden durchgesetzt. Er hatte sie in dem Glauben gelassen, dies auch
weiterhin tun zu müssen. Ihr jetzt förmlich aus seinem schlechten Gewissen
heraus das Gegenteil weismachen zu wollen, hätte er selbst nicht geglaubt. In
ihr steckte gerade mehr Krieger als in ihm.
Selbstverständlich
hatte er immer gewusst, wo sein Platz im Leben war. Kein Tag in den letzten
dreihundert Jahren war vergangen, an dem man ihn dies nicht hatte wissen
lassen. Er war ein Krieger, Bruder des Anführers und Spross aus dem mächtigen
Hause der Harpia. Doch auch ihn plagten Zweifel und manchmal fragte er sich, wie
es war, nur ein einziges aber dafür ein unter menschlichen Umständen
glückliches, selbstbestimmtes Leben führen zu dürfen. Allein der Gedanke klang
überheblich und undankbar. Chryses fühlte sich mehr und mehr wie der Idiot, der
er war. Er konnte sich glücklich schätzen mit dem, was er hatte und einsehen,
Romana zu sehr gefordert und bedrängt zu haben. Schließlich war er für sie der
erste Mann, den sie... ja, was eigentlich?
Sie hatte
ihre Gefühle für ihn nicht ausgesprochen. Das machte ihr Angst. Sie fürchtete
darum, nicht mehr verstanden oder ernstgenommen zu werden. So wie er sich davor
fürchtete, nicht mehr Krieger genug zu sein, wenn er der Soulmategeschichte die
Bedeutung zukommen ließ, die in ihr steckte. Schließlich war er meistens ein
ziemlich rational denkender, unromantischer Mann, der mit
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